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Die bürokratischen Hürden und die Grundstückpreise machen Neubauten für Investoren unrentabel.

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Neubau ist unrentabel: Wiederverkäufer steigern ihr Verlangen

Maklerhaus Ziegert legt Wohneigentumsreport vor. Bauträgerumfrage: Bearbeitungszeiten immer länger.

Die Nachfrage nach Immobilien bleibt in Berlin konstant hoch. „Vor dem Hintergrund des jahrelangen Zinstiefs setzen Anleger weiter auf Sachwerte“, sagt Philip Hetzer, Mitglied der Geschäftsleitung des Maklerhauses Engel & Völkers in Berlin mit Blick auf die aktuellen Zahlen des hiesigen Gutachterausschusses für Grundstückswerte. „Da Wohnraum in der Hauptstadt derzeit zu den meist gefragten Gütern zählt, sind Berliner Immobilien eine besonders sichere Anlage.“ Diese Einschätzung wird auch durch den „Wohneigentumsreport Berlin 2017/2018“ der Ziegert Bank- und Immobilienconsulting GmbH gestützt, der dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt. Ziegert gehört zu den führenden Vertriebsunternehmen für Eigentumswohnungen in Berlin.

Nach den Zahlen des Gutachterausschusses für das erste Halbjahr 2017 verzeichnete der Wohn- und Geschäftshausmarkt 506 Verkäufe – zehn Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Das Umsatzvolumen stieg um 24 Prozent auf 1,95 Milliarden Euro. Den mit 65 Prozent größten Umsatzzuwachs auf dem Berliner Immobilienmarkt weist laut Gutachterausschuss der Bereich gewerbefreie Mietwohnhäuser mit 803,8 Millionen Euro Umsatz auf.

Auch im Marktsegment Büro- und Geschäftshäuser (inklusive Einzelhandelsobjekte) stiegt der Umsatz um gleich 52 Prozent auf 1,07 Milliarden Euro. „Die Berliner Wirtschaft entwickelt sich sehr positiv, Büroflächen sind derzeit gefragt wie selten zuvor. Somit stellen auch Büro- und Geschäftshäuser eine gute Anlageform dar“, resümiert Philip Hetzer.

Mit der starken Nachfrage stiegen auch die Preise auf dem Berliner Markt in den vergangenen Jahren. Dazu trägt das knappe Angebot bei. „Wir haben kürzlich eine Massenbesichtigung mit rund zwanzig Interessenten bei einem geplanten Wohnungsverkauf am Tegeler See beobachtet“, sagt Ziegert-Geschäftsführer Sven Henkes. Sein Haus habe die Schallgrenze für den Luxusbereich neu definiert (siehe dazu auch den entsprechenden Beitrag auf der übernächsten Seite). „5000 Euro pro Quadratmeter ist jetzt der normale Marktpreis“, sagt Henkes, „von Luxus sprechen wir ab 7500 Euro pro Quadratmeter.“ Über die gesamte Stadt gesehen, sei ein Wert von 4500 Euro für den Quadratmeter jetzt der Durchschnitt im Neubau. Rund 36 Prozent der Wohnungen wurden in Berlin für weniger als 3000 Euro je Quadratmeter angeboten, heißt es im Report. Insgesamt gingen die Verkaufszahlen im vergangenen Jahr leicht von 21 553 auf 20 942 Wohnungen zurück. Der Durchschnittsquadratmeterpreis stieg von 2876 auf 3036 Euro und damit erstmals über die 3000-Euro- Marke.

Durchschnitt im Neubau: 4500 Euro pro Quadratmeter

Die Rahmenbedingungen für den privaten Wohnungsbau scheinen sich spürbar zu verschlechtern, will Ziegert herausgefunden haben. In einer Bauträgerumfrage, die das Maklerunternehmen erstmals unter den 100 wichtigsten privaten Projektentwicklern durchgeführt hat, bestätigten 88 Prozent der Befragten Unternehmensangaben zufolge, dass sich die Bearbeitungszeiten von Bauanträgen verlängert hätten. 65 Prozent der Befragten gaben an, dass sich die personelle Situation in den Bauämtern verschlechtert habe.

Für 87 Prozent der Unternehmen hat sich das Angebot an Grundstücken verschlechtert beziehungsweise stark verschlechtert. Die „verstärkte Spekulation treibt die Preise für Grundstücke in Berlin weiter in die Höhe. Auch in zentralen Lagen lohnt sich so die Errichtung von Miet- oder Eigentumswohnungen teilweise nicht mehr“, warnt der Bericht.

2016 seien die Angebotspreise in Berlin um 9,6 Prozent gewachsen, wobei die Wiederverkaufspreise (plus 12,5 Prozent auf 2708 Euro/qm) schneller wachsen als die Preise von Neubau und saniertem Bestand (plus 6,2 Prozent auf 4542 Euro/qm), heißt es zum Report. „Wir sehen hier einen deutlichen Nachholprozess bei den privaten Angeboten“, sagt Firmeninhaber Nikolaus Ziegert zu den Zahlen. Insgesamt koste jedes 100. Objekt inzwischen mehr als 7500 Euro je Quadratmeter.

Dem Maklerhaus Ziegert zufolge, hat sich die Nachfrage seit 2014 deutlich in die höheren Preissegmente verschoben. „2016 überstieg die Nachfrage im Bereich ab 5000 Euro pro Quadratmeter erstmalig das Angebot“, heißt es im Report, den die Verfasser mit „Vom Boom zum Wachstum“ überschrieben haben. Ziegert erwartet ein Abflachen der Preissteigerungskurve in den kommenden zwölf Monaten. Diese Prognose wird indes durch die Zahlen des Gutachterausschusses infrage gestellt: Zwar ist die Zahl der Eigentumswohnungskäufe rückläufig. Sie sank im ersten Halbjahr 2017 um sechs Prozent auf 9429 Käufe (2016: 10 019). Der Umsatz blieb gegenüber 2016 jedoch nahezu unverändert bei 2,47 Milliarden Euro. Dieser Widerspruch erklärt sich möglicherweise mit den Fallzahlen für den Verkauf von neu gebauten und gebrauchten Wohnungen. „Ein wichtiger Indikator für das künftig geringere Wachstum ist die vergleichsweise geringe Steigerung der Erstverkaufspreise (plus 6,2 Prozent)“, sagt Ziegert-Sprecher André Schlüter. Im Vergleich seien die Wiederverkaufspreise um 12,5 Prozent gestiegen. „Wir sehen hier Nachholeffekte bei den privaten Verkäufen“, sagt Schlüter, „wobei die private Preisbildung auch von dem geringen Neubau und der hohen Nachfrage unterstützt wird. Da Wiederverkäufe etwa 75 Prozent des gesamten Marktvolumens ausmachen, sind Privatverkäufe auch maßgeblich für die durchschnittliche Preissteigerung von 9,6 Prozent (2016) verantwortlich.“

Grundstücksspekulation machen Neubau unrentabel

„Aus internationaler Sicht steckt Berlin noch in den Kinderschuhen“, glaubt Ziegert-Geschäftsführer Henkes. Er sieht große Potenziale sowohl mit Blick auf Käufer als auch auf die Möglichkeiten einer innerstädtischen Nachverdichtung, die politisch gewollt ist. In der Diskussion sind nicht nur Dachausbauten und -aufstockungen. Angesichts des Wohnraumbedarfs und steigender Bodenpreise in der wachsenden Metropole hält Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher Berlin für künftige Lebensmittelmärkte vermehrt ihre Integration in mehrgeschossige Gebäude für erforderlich. „Gute Projektbeispiele in Berlin zeigen, dass der Handel die Trendwende zum mehrgeschossigen Gebäudetyp bereits erkannt hat und die Vorteile solcher Mischnutzungskonzepte schätzt“, sagte sie.

Wenn es um bevorzugte Wohngegenden geht, so werden Lagen wie Mitte oder Prenzlauer Berg stark von internationalen Klienten gesucht, aber auch von Interessenten, die es aus den alten Bundesländern nach Berlin verschlägt. Über fünfzig Prozent der Angebote – gleich ob Gebrauchtimmobilien oder Neubauten – gehen aber an Berliner. Mehr als fünfzig Prozent der Zuzügler finden sich außerhalb des S-Bahn-Rings wieder.

„Die größte internationale Käufergruppe kommt aus den USA, gefolgt von jenen aus Großbritannien und der Türkei“, sagt Henkes. Dies seien Länder, „in denen man eine gewisse Unsicherheit spürt“, sagt der Ziegert-Geschäftsführer und meint gespürte oder tatsächliche Einschränkungen der persönlichen Entwicklung und der Freiheitsrechte. „Die Besucher sind meist geflasht, wenn sie in die deutsche Hauptstadt kommen“, sagt Henkes, „die Leute sind freundlich, es ist grün, man kommt mit dem Bus voran und auch mit dem Auto wohin und: Die Berliner können Englisch.“ Berlin sei zudem offen und im internationalen Preisvergleich noch immer günstig, Deutschland stehe darüber hinaus für Sicherheit und Zuverlässigkeit. Es gebe keine „No-go-areas“ wie in anderen Ländern. Alles in allem: ein sicherer Hafen für Geldanlagen. Nicht zuletzt deshalb dürfen sich Makler wie Ziegert über kurze Vermarktungszeiten freuen: „32 Tage von der Erstellung eines Exposés bis zum Abschluss“ dauere ein Verkauf im Durchschnitt.

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