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Lehmputz schafft Behaglichkeit und beugt Schimmel vor.

©  Kai Remmers/dpa

Naturstoffe: Dämmen mit Thermohanf – bauen mit Lehm

Naturstoffe verbessern nicht nur das Raumklima – sie leisten oft so viel wie konventionelle Materialien.

Bauen mit nachwachsenden Materialien ist längst nicht mehr nur etwas für Restauratoren denkmalgeschützter Gebäude oder eingefleischte Naturfreaks. Holz, Lehm, Kork, Harze, Leinöl, ätherische Öle und Cellulose halten zunehmend Einzug in den Wohnungsbau. Denn immer mehr Bauherren erkennen, dass sie mit der Nutzung von natürlichen Rohstoffen auf lange Sicht etwas Gutes tun.

„Es gibt ein angenehmes Raumklima“, findet René Görnhardt von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe in Gülzow. „Man merkt einfach den Unterschied, wenn man ein Haus betritt, in dem natürliche Materialien verbaut wurden. Es strahlt eine gewisse Behaglichkeit aus.“ Der Klassiker ist das Holzhaus. Es gibt industriell vorgefertigte Bauteile, die schnell und unkompliziert auf der Baustelle montiert werden. Holzhäuser lassen sich nach den Bedürfnissen der Bewohner gestalten und später leicht um- und ausbauen. Und sie können, müssen aber nicht, von außen wie ein Holzhaus aussehen. „Trotz dieser Vorzüge entscheiden sich viele Bauherren am Ende doch für konventionelle Baumaterialien“, sagt Görnhardt.

Einen Grund dafür sieht er in den strengen Auflagen der Energieeinsparverordnung (EnEV). „Das wird Holzhäusern und Naturmaterialien oft nicht zugetraut – dabei ist es durchaus machbar.“ Es gibt also Holzhäuser, die die strengen Anforderungen der EnEV erfüllen. Allerdings muss dazu meist mehr Geld in die Hand genommen werden. Entscheidend ist hier etwa die Wärmeleitfähigkeitsgruppe (WLG) eines Dämmstoffs. „Einige Naturdämmstoffe haben einen höheren WLG-Wert als beispielsweise Mineralwolle“, erklärt Görnhardt. „Je höher dieser Wert ist, umso mehr Dämmstoff muss verwendet werden, um die geforderten Kriterien der EnEV zum Beispiel für eine Außenwand zu erreichen.“ Und das bedeutet, die Wand wird dicker.

Wer sein Haus auf natürlicher Basis bauen möchte, sollte sich einen guten Architekten oder Planer suchen, der Erfahrung auf diesem Gebiet hat. „Das ist relativ schwierig, denn es gibt nur wenige Experten, die sich auf ökologisches Bauen spezialisiert haben“, sagt Dieter Leukefeld, Leiter des Regionalbüros Nienburg (Niedersachsen) des Verbands Privater Bauherren (VPB). Sein Verband hilft bei der Suche nach kompetenten Partnern. Auch beim Institut für Baubiologie Neubeuern (IBN) sowie beim Bund Deutscher Architekten (BDA) können Interessenten fündig werden. Sie haben umfangreiche Datenbanken von ökologisch tätigen Architekten. Von der Beauftragung eines Bauträgers bei so einem sensiblen Thema rät Leukefeld aber ab.

Klick-Parkett aus Linoleum und Bausteine aus Lehm

Den größten Nutzen für Natur, Umwelt und die Gesundheit der Bewohner bringt das Haus, wenn es konsequent und zu hundert Prozent mit Naturmaterialien gebaut und ausgestattet wird. „Nachwachsende Rohstoffe können in nahezu allen Bereichen und Gewerken verwendet werden, von tragenden Konstruktionen über Wärmedämmung, Fassadenverkleidung, Dächer, Bodenbeläge, Anstriche und vieles mehr“, sagt René Görnhardt. Beliebt ist zum Beispiel Linoleum, das als Bodenbelag eingesetzt wird. Das Material hat nichts mehr mit dem grünbräunlichen Belag von früher in Schulfluren oder Krankenhäusern zu tun. Es ist inzwischen in verschiedenen Farbtönen erhältlich – einfarbig oder bunt gemustert. Es gibt sogar ein Klick-Parkett aus Linoleum, das auch für Heimwerker einfach zu verlegen ist. „Linoleum, das aus Leinöl, Harz und Füllstoffen aus Holz- und Korkmehl hergestellt wird, ist robust und langlebig“, erklärt Görnhardt.

Vielseitig einsetzbar im Haus ist zum Beispiel Lehm. „Er ist der älteste Baustoff der Welt, hat eine jahrtausendealte Tradition“, sagt Stephan Jörchel, Geschäftsführer des Dachverbands Lehm in Weimar. „Und dennoch ist er hochmodern.“ Bauelemente und Materialien aus Lehm gibt es inzwischen in industriell konfektionierten Formen, so dass sie leicht eingesetzt werden können. Im Innenbereich des Hauses wird Lehm meist als Putz verwendet. Seit August 2013 gibt es die Norm DIN 18947 für Lehmputze, an der sich die Verbraucher orientieren können.

Lehm kann aber auch in allen anderen Bereichen des Hauses benutzt werden – zum Beispiel als Mörtel, als Bausteine oder Platten auch an Außenwänden, auf dem Dach oder für tragende Bauelemente. „Lehm reguliert durch die Aufnahme und Abgabe von Wasserdampf die Luftfeuchtigkeit auf natürliche Weise“, erklärt Stephan Jörchel. Lehm ist deshalb besonders für Räume wie die Küche oder das Bad geeignet, in denen viel Wasserdampf entsteht.

Allerdings dürfen die Lehmbaustoffe nicht mit Farbstoffen oder Abdeckungen abgedichtet werden, die ihre Diffusionsfähigkeit beeinträchtigen. Das ist ein Fehler, der in der Praxis bei unerfahrenen Hand- und Heimwerkern häufiger vorkommt. Der Umgang mit Lehm will also gelernt sein. Mit seiner zertifizierten Zusatzausbildung Fachkraft Lehmbau will der Dachverband erreichen, dass sich mehr Bau-Praktiker Spezialkenntnisse aneignen. „Ein Handwerker oder Architekt, der Bauherren dieses Zertifikat vorweisen kann, gibt ihnen die Sicherheit, dass er sich mit dem Metier auskennt“, sagt Stephan Jörchel. (dpa)

Katja Fischer

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