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Der Staat könnte Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern bauen lassen, so der Vorschlag.

© Christian Charisius/dpa

Modell zur Finanzierung: „Sozialer Wohnungskauf“ als Weg zum Eigentum

Wie sollen junge Familien zu Eigentum kommen? Der Staat könne als Bauherr in Vorleistung gehen und dann verkaufen, schlagen Experten vor.

Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld? Jeder Siebte gibt mehr als 40 Prozent seines Nettoeinkommens für das Wohnen aus. Gegenüber 2010 hat sich dieser Anteil kaum verändert. Dies geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion hervor.

„Diese hohen Wohnkosten sind eine unzumutbare Belastung, besonders für gering- und normalverdienende Haushalte“, kritisierte die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Caren Lay. „Allgemein gelten maximal 30 Prozent als vertretbar. Es darf nicht sein, dass Haushalte bei den Ausgaben für Essen, Bildung oder Information sparen müssen, um ihre Miete bezahlen zu können.“ Wie aber soll, wie könnte unter diesen Vorzeichen gar Wohneigentum geschaffen werden?

„Die Förderung muss sich wohl oder übel an den gestiegenen Kosten orientieren. Ich plädiere daher für eine Anhebung der zinslosen öffentlichen Baudarlehen von 1300 auf 2000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche und – mit Blick auf die mittleren Einkommen –, über die Einführung eines neuen 2. Förderweges nachzudenken, der bei etwas höheren Mieten als im Sozialen Wohnungsbau auch den Bau höherwertiger Wohnungen unterstützt“, sagte kürzlich Jürgen Allerkamp von der Investitionsbank IBB. Die Priorität liege auch für ihn eindeutig beim Wohnungsneubau für untere und mittlere Einkommensschichten, sagte Allerkamp.

Arbeitnehmer ohne Berufsabschluss haben kaum eine Chance, den Traum vom Eigenheim in einer Großstadt zu verwirklichen. In den meisten Städten geht rund die Hälfte des Einkommens für die monatliche Rate weg. Auch junge Familien können sich auf dem umkämpften Wohnungsmarkt ein Eigenheim oft nicht leisten.

Das Modell eines „sozialen Wohnungskaufs“ könne aber helfen und auch gleich die Ungleichheit bei den Vermögen bekämpfen, sagen nun die Experten Peter Gründling und Markus Grabka. Sie haben beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eine Studie vorgestellt.

Der Staat baut treuhänderisch Wohnungen für Eigentümer

Bei diesem Modell ginge der Staat als Bauherr in Vorleistung und ließe nach europaweiter Ausschreibung Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern bauen. Diese würden dann an junge Familien veräußert, die über monatliche Zahlungen an den Staat Stück für Stück selbst zum Eigentümer der Immobilie würden.

Gründling und Grabka verweisen auf zahlreiche Vorteile: Haushalte werden durch stabile Rückzahlungsraten vor steigenden Mieten geschützt und bauen gleichzeitig Vermögen auf, das vor Altersarmut schützen kann. Zudem wäre diese Variante ein Baustein zur Lösung der Wohnungsmarktprobleme in den Großstädten. Die monatliche Mietkaufrate wäre – je nach Laufzeit – in der Höhe einer Kaltmiete ähnlich, also wohl bezahlbar.

Vor allem bei den Nebenkosten könnte gespart werden

Die Monatsrate bliebe für die Käufer über die gesamte Laufzeit unverändert – und sei damit unabhängig von der Zins- und Mietpreisentwicklung. Vor allem bei den Nebenkosten könnte auf diese Art gespart werden, für die beim konventionellen Wohnungskauf viel Eigenkapital aufgebracht werden müsste.

Die für den Bau der Wohnungen notwendigen Grundstücke sollten sich bei diesem Modell „idealerweise im Eigentum der öffentlichen Hand befinden“, schreiben die Autoren, damit diese per Erbpacht dem Käufer übergeben werden können. Sie liegen damit zumindest in diesem Punkt auf einer Linie mit der Berliner Landesregierung, die landeseigene Grundstücke nur noch in Erbpacht vergeben will.

Der Vorschlag erhält vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) neuen Auftrieb: Immobiliendarlehen sind bereits jetzt günstig wie nie und werden noch stärker nachgefragt werden, weil es an Anlagemöglichkeiten fehlt – Immobilien werden in Ermangelung von Angeboten noch teurer. Institutionelle Anleger – wie Versicherungen – werden es schwer haben, Renditen zu erwirtschaften.

Beim „sozialen Wohnungskauf“ fällt die Profitmarge weg

„Gerade Versicherungen könnten als Kapitalgeber für 0 Prozent Zins den Wohnungsbau anschieben und versichern dann die neuen Eigentümer“, schlägt Peter Gründling im Gespräch mit dem Tagesspiegel vor. Es sei logisch, dass Wohnungen bereits im Bau preiswerter zur Verfügung gestellt werden müssten, als dies bei einer Mietwohnung möglich sei. Da die Marge des Gewinns beim Modell des „sozialen Wohnungskaufs“ wegfalle, sei das auch realisierbar.

Wie funktioniert das Modell, wenn die Wohnung verkauft werden soll oder verkauft werden muss? „Ganz einfach“, sagt Gründling. „Der Eigentümer verkauft sie eben und der neue Eigentümer zahlt sie weiter ab.“ Dass sich die Lebensumstände der Käufer ändern und diese unverhofft wegziehen könnten, sei kein Problem, sagte Grabka. „Im Falle eines Umzugs könnte die Immobilie von den ursprünglichen Käufern einfach an Dritte weiter vermietet werden.“ Sie blieben dann die Eigentümer, sobald das Haus abbezahlt sei. „An solchen Einzelfällen sollte man nicht das Modell stürzen lassen.“

Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen äußerte sich zu dem Vorschlag skeptisch. „Mietkaufmodelle haben wir in der Vergangenheit immer wieder mal angeboten“, sagte die Präsidentin der Geschäftsführung, Ingeborg Esser, der Deutschen Presse-Agentur. „Stark nachgefragt wurden diese nie.“ Es würden hohe Verwaltungskosten anfallen und es sei fraglich, ob der Staat der bessere Bauherr sein könne. Auch der Deutsche Städtetag hält das Modell nicht für einen „effizienten und in großem Umfang zielführenden Weg“. Es kommt vielleicht auf den Versuch an.

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