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Objekt der Begierde: Ehemalige DDR-Plattenbauten in der Nähe des Brandenburger Tors.

© Wolfgang Kumm/dpa

Mitte: In der Wilhelmstraße gehen die Lichter aus

Die Plattenbauten weichen einem Stadtpalais mit 165 möblierten Eigentumswohnungen. Der österreichische Investor MDF ist "in der näheren Umgebung" weiter auf Einkaufstour.

In diesen Tagen ziehen die letzten Mieter ziehen aus der Wilhelmstraße 56-59 aus. Damit wird der Weg frei für den Rückbau der Plattenbauten, wie man in der Baubranche den Abriss elegant umschreibt. Die Wohnhäuser, die hier erst vor rund 25 Jahren errichtet wurden, sollen Platz machen für ein Stadtpalais mit 165 möblierten Eigentumswohnungen (der Tagesspiegel berichtete).

Hinter der vom Architekturbüro Patzschke und Schwebel geplanten Art-déco-Fassade werden nach Angaben der österreichischen Eigentümer MDF Investments ab Mitte 2018 rund 23.000 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung stehen.

Neben eleganten Geschäften im Erdgeschoss sollen full-serviced Luxusapartments und Penthäuser in den Stockwerken darüber dazu beitragen, dass die Wilhelmstraße wieder „eine bevorzugte und attraktive Wohnmeile mitten in Berlin“ wird. Dafür müssen künftige Bewohner laut der Wilhelmstraße 56-59 Immobilienentwicklungs GmbH aber mindestens 490.000 Euro pro Wohnung aufbringen.

Damit aber nicht genug: Wie die MDF auf ihrer Website ankündigt, sind darüber hinaus als Weiterentwicklung „Wohn- und Geschäftshäuser in der näheren Umgebung geplant“. Wo genau und was das für das Plattenbautensemble an der Wilhelmstraße bedeutet, möchten weder Unternehmen noch Bezirk zur Zeit kommentieren.

Die Lage könnte kaum besser sein

„Uns ist nichts über weitere Abrisse in dem Gebiet bekannt“, erklärt Martin Pallgen, Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. „Im Gegenteil werden beziehungsweise wurden die Bewohner aus der Wilhelmstraße 56-59 gerade in andere Plattenbauten in der Umgebung umgesetzt. Dafür gibt es einen Sozialplan, zu dessen Anwendung der Eigentümer verpflichtet ist. Wir werden etwaigen Anträgen auf Aufhebung der Mietverträge nicht zustimmen.“

Trotzdem deutet eine kürzlich veröffentlichte Anfrage der Fraktion der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus darauf hin, dass auch diese Häuser zur Disposition stehen könnten. Deshalb hat das Bezirksamt beschlossen, im Gebiet zwischen Voßstraße, Behrenstraße und Wilhelmstraße die „Erhaltung der städtebaulichen Eigenart“ prüfen zu lassen.

„Grundsätzlich gilt, dass wir nicht wollen, dass vorhandener Wohnraum ohne Not abgerissen wird, um ihn durch hochpreisigen zu ersetzen“, betont Martin Pallgen. „Allerdings herrscht in Deutschland Baufreiheit, die aus dem Eigentumsrecht (Art. 14 GG) folgt.“

Bleibt also nur zu hoffen, dass sich der Eigentümer seiner Verantwortung bewusst ist und dazu beiträgt, eine nachhaltige und soziale Stadt zu entwickeln. Profit lässt sich indes an dieser Stelle machen: Die Lage könnte kaum besser sein.  

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