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Immobilien: Kostenmanagement diktiert den Wohnungsbau

Der Entzug der Förderungen zeigt Wirkung / Teamarbeit, Vorfertigung, Standardisierung lauten die RezepteVON CHRISTOF HARDEBUSCHKaum noch Aussicht auf Förderung, eine abgeschwächte Nachfrage, ein Markt, der als weitgehend gesättigt gilt: Im Berliner Geschoßwohnungsbau tut sich nicht mehr viel.Die fetten Jahre sind vorbei.

Der Entzug der Förderungen zeigt Wirkung / Teamarbeit, Vorfertigung, Standardisierung lauten die RezepteVON CHRISTOF HARDEBUSCHKaum noch Aussicht auf Förderung, eine abgeschwächte Nachfrage, ein Markt, der als weitgehend gesättigt gilt: Im Berliner Geschoßwohnungsbau tut sich nicht mehr viel.Die fetten Jahre sind vorbei.Vorbei die Zeit, als die Berliner Bauwirtschaft sich Baupreise leisten konnte, die deutlich über westdeutschem Niveau lagen.Wer jetzt Geschoßwohnungen errichtet, der baut effizient, durchdacht und kundenorientiert.Es gilt, trotz der hohen Grundstückspreise in Berlin zu für Käufer oder Mieter tragbaren Konditionen zu kommen.Die Schlüssel dazu heißen Teamwork, Vorfertigung, Standardisierung und ein exakt durchgeplanter Ablauf.Bauteams nach holländischem und westdeutschem Vorbild ersetzen auch in Berlin mehr und mehr die althergebrachte Vielzahl von Einzelkämpfern. "1985 hatten wir noch Baukosten von über 4000 DM pro Quadratmeter Wohnfläche, heute liegen wir unter 2000 DM." Heinz-Jürgen Dräger, Vorstandsmitglied der Gemeinnützigen Wohnungsbau-Aktiengesellschaft Berlin (GEWOBAG) ist sichtlich stolz auf diese Entwicklung.Ursprünglich wollte die GEWOBAG in der Emmentaler Straße Mietwohnungen des Ersten Förderwegs errichten.Nachdem der Senat die Mittel gestrichen hatte, wurde das Objekt für den Zweiten Förderweg umgeplant.Weil der Senat den Zweiten Förderweg praktisch abschaffte, war auch diese Arbeit umsonst.Jetzt errichtet sie hier 223 Eigentumswohnungen, und das nicht nur nach dem neuesten Stand der Technik und Logistik, sondern auch der Baukoordination."Entscheidend ist die Teamlösung", kennzeichnet Architekt Michael Hartmann das Konzept."Generalunternehmer und Hersteller werden frühzeitig in die Planung eingebunden, alle Problemlösungen und Produkte optimiert und aufeinander abgestimmt." Vier Monate habe man gebraucht, bis die Planung rund geworden sei."Unter den alten Förderrichtlinien war eine so ausgiebige Vorplanung nicht möglich, weil zwei Monate nach Baugenehmiung schon mit den Arbeiten begonnen werden mußte." Auch andere rechtliche Regelungen sind dem kostensparenden Bauen nicht gerade förderlich.Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) mißt das Entgelt der Planer nach dem Bauvolumen.Je teurer der Bau, desto höher das Honorar, dieses Rezept ging in den fetten Jahren für die Architekten auf, ohne den Bauherren allzu sehr zu schmerzen."Bauherr und Architekt sitzen doch mittlerweile im selben Boot.Ist das Produkt nicht marktfähig, gehen beide unter", schildert Hartmann die Lage in den mageren Jahren.Angeboten wurde ein Pauschalpreis pro Quadratmeter, der in festgelegten Raten überwiesen wird. Preis und kalkulatorische Sicherheit ermöglicht im Fall GEWOBAG der Dritte im Bunde, ein westfälischer Fertig- und Systembauer, der allerdings in Brandenburg herstellen läßt.Systembau ist die neudeutsche Vokabel für Plattenbau, und auf den ersten Blick sieht er im Rohbau auch ähnlich aus.Die Platten sind allerdings keine industriellen Massenprodukte, sondern individuell angepaßte Kleinserien.Mehr europäisch denn individuell sind die Bäder der Emmentaler Straße: Sie kommen aus Italien.Fertig gekachelte und mit allen Amaturen bestückte Betonzellen werden vom Lkw per Kran in den Rohbau gewuchtet.Die eingebauten Anschlüsse müssen nur noch verbunden werden."Die Fertigbäder sparen mindestens 20 Prozent der Kosten und sechs Wochen Bauzeit", rechnet Bauherr Dräger vor.Der Fertigbau hat noch andere Vorteile.So ergeben die im Vergleich zum klassischen Mauerwerk dünneren Betonwände bei gleicher Bruttogeschoßfläche eine größere Nettowohnfläche.Auch andere Dinge, selbst die Stahlmatten, werden paßgenau geliefert.Da kaum noch etwas zurechtgestutzt werden muß, entstehen auf der Baustelle auch deutlich weniger Abfälle. Glaubt man der Mehrzahl der Marktanalysten, macht es trotz allem wenig Sinn, jetzt zu bauen.Die Nachfrage nach Wohnraum ist derzeit schwach."Wir gehen nicht davon aus, daß der Markt nach dem Jahr 2000 anzieht", verkündet Claus Wedemeyer, Sprecher des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU).In Teilsegmenten seien allerdings Verknappungen möglich.Dräger ist da anderer Meinung: "Kurz nach dem Jahr 2000 wird das Produkt Wohnung wieder zur Mangelware." Das glaubt auch die kleine Baugenossenschaft Reinickes Hof: Sie baut frei finanziert 52 neue Wohnungen, zumeist Mietwohnungen, in der Brusebergstraße.Gerade der Mietwohnungsbau ist durch den Fördermittelentzug schwer getroffen.Frei finanzierte Wohnungen gelten wegen der zu hohen Mieten als schlecht vermarktbar."Die Nachfrage wird wieder steigen, und dann sind wir mit guter Qualität zu günstigen Konditionen am Markt", begründet das geschäftsführende Vorstandsmitglied, Brigitte Schöne, die antizyklische Investition.Angepeilt ist eine Nettokaltmiete von 15 DM pro Quadratmeter, für Wohnungen mit Fußbodenheizung, französischen Fenstern, Terrassen oder Loggien und teilweise veränderbaren Grundrissen. An reinen Baukosten sind 1900 DM pro Quadratmeter Wohnfläche veranschlagt, und das für in klassischer Zweischalen-Klinkerbauweise gemauerte Gebäude.Kostengünstiges Bauen ist offensichtlich auf den großflächigen Einsatz von Fertigteilen nicht angewiesen."Unser Architekturkonzept baut auf handwerkliche Tugenden auf und nutzt sie konsequent", meinen die von Reinickes Hof beauftragten Architekten Volker Busse und Andreas Geitner.Die beiden Düsseldorfer haben sich die ganzheitliche Planung von Projektbeginn an auf die Fahnen geschrieben und vertreten sozusagen die rheinische Variante des Bauteamgedankens.Als Generalplaner vertreten sie ihren Bauherrn in fast allen Belangen.Sie drücken die Kosten unter anderem damit, daß sie möglichst wenig verschiedene Bauelemente, zum Beispiel Fensterformate, einsetzen.Sie planen nicht das Gebäude und kaufen dann erst die passenden Teile dazu, sondern berücksichtigen schon bei der Konstruktion die jeweils günstigste Lösung.Das wesentliche Einsparpotential gründet also nicht einfach in der Industrialisierung des Bauens, sondern im konsequenten Kostenmanagement.Kopfarbeit und Kommunikation, nicht das Fließband machen das Bauen billig und damit in Zeiten ohne Förderung möglich.

CHRISTOF HARDEBUSCH

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