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Der Karstadt-Entwurf aus dem Hause Chipperfield.

© promo

Karstadt am Hermannplatz: Neukölln begrüßt Umbaupläne - Kreuzberg noch nicht

Die Betreiberfirma will für 450 Millionen den alten Glanz zurückholen. Aber Kreuzbergs Stadtrat Florian Schmidt lässt sich nicht kaufen.

Das Karstadt-Kaufhaus am Hermannplatz könnte ein perfektes Bindeglied zwischen den Bezirken Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg sein. Aber die Sache hakt. Während Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel die historisierenden Baupläne des Kaufhaus-Eigentümers Signa lobt, stellt sich der grüne Baustadtrat auf Kreuzberger Seite, Florian Schmidt, quer. Momentan also keine guten Aussichten für „Kreuzkölln“.

Der Streit geht um ein privates Investment in erheblicher Größenordnung: Der österreichische Signa-Konzern möchte das geschichtsträchtige Kaufhaus für 450 Millionen Euro in alten Glanz versetzen. Leuchtende Türme, Dachterrasse und Fassaden im Stil des Art déco sollen sich an den einstigen Prachtbau anlehnen. Die Rekonstruktion wäre nach der Schloss-Wiederauferstehung das zweitgrößte Berliner Vorhaben dieser Art. Im Architektenbüro von David Chipperfield werden schon Entwürfe gezeichnet.

Aber bereits die Vorstellung, dass an der Schnittstelle von Neukölln und Kreuzberg das Berlin der 20er Jahre fröhliche Urständ feiern könnte, spaltet die Gemüter. Während die Architektenszene die Signa-Pläne geradezu bejubelt, kommen aus dem Büro von Stadtrat Schmidt ganz andere Töne. Er beeilte sich klarzustellen, dass „zwingend“ ein Bebauungsplan erforderlich sei und die Planungshoheit beim Bezirk liege. Und Schmidt legt nach, „dass ohne Einbindung nachbarschaftlicher Interessen, Bürgerbeteiligung, Kompensation, Aufwertung, Wohnumfeld und Auswirkungen auf Gewerbe und Ökologie hier gar nichts geht“.

Noch nichts Konkretes

Nach einer Einladung an den finanzstarken Investor klang das zunächst nicht. Die Kritik folgte auf dem Fuße. Marlene Heihsel, Bezirksverordnete für die FDP in Friedrichshain-Kreuzberg, sprach von einer „Verzögerungs- oder gar Verhinderungstaktik“. In dem neuen Karstadt-Komplex sollten schließlich auch eine Kita oder Bibliothek und Büros entstehen. „Das brauchen wir im Bezirk so dringend“, mahnte Heihsel an. „Das nun unter fadenscheinigen Gründen zu bremsen, ist schlecht für den Bezirk.“ Wie es nun weitergehen soll, ist unklar. Nach dem geltenden Baunutzungsplan aus den 60er Jahren handelt es sich um ein Mischgebiet. Damit ist die gegenwärtige Nutzung abgesichert. Wenn es jetzt aber zu größeren Veränderungen kommen soll, was etwa die Höhe und die Geschossflächen betrifft, könnte ein neuer Bebauungsplan erforderlich sein – das würde den Zeitplan empfindlich stören. Die Bezirksverordnetenversammlung hätte dann ein Druckmittel in der Hand, um besondere Wünsche festzuschreiben.

Das Karstadt-Original aus dem Jahr 1929.
Das Karstadt-Original aus dem Jahr 1929.

© www.imago

Eine persönliche Note brachte die grüne Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Hermann, in die Diskussion. Man müsse hier vielleicht auch die Geschichte berücksichtigen: „Für meine Ur- und Großmutter war Karstadt immer ein besonderes Kaufhaus. Es ist Teil der Neuköllner Geschichte. Daher müssen beide Bezirke eng zusammenarbeiten“, legte sie den Beteiligten nahe. Da es auf dem Grundstück an der Kante Kreuzbergs ja schon ein Kaufhaus gibt, könnte ein Neubau – hier auch wegen seiner historischen Bedeutung – als Bestandsschutz durchgehen.

Doch diese Interpretation lässt man im Kreuzberger Rathaus nicht gelten. Ob denn ein neuer Bebauungsplan notwendig sei, wollte der Tagesspiegel wissen. „Ja“, so die Antwort vom Stadtplanungsamt. Einen Bauantrag hat man im Bezirksamt Kreuzberg bisher jedenfalls nicht gesehen. „Uns ist noch keine konkrete Bauplanung bekannt“, sagt Rathaus-Sprecherin Sara Lühmann. Man gehe aber davon aus, dass die Eigentümer-Holding an einen Abriss und anschließenden Neubau denke.

Gegenseitiges Beschnuppern

Stadtrat Schmidt hielt sich nach seiner ersten impulsiven Stellungnahme über die sozialen Kanäle Anfang März bedeckt. In der Sitzung des Stadtplanungsausschusses verteidigte er am Mittwochabend seine erste Reaktion. Er habe die Signa-Pläne aus der Zeitung erfahren und wolle spontan erst mal die baurechtliche Situation klarstellen.

Aktuell ist eine Dachterrasse nur noch in sehr reduzierter Form vorhanden.
Aktuell ist eine Dachterrasse nur noch in sehr reduzierter Form vorhanden.

© Kitty Kleist-Heinrich

Der Pulverdampf hat sich fürs Erste verzogen. Inzwischen gebe es schon Gespräche mit dem Investor, hieß es in der Sitzung. Die dienten aber bisher mehr zum Kennenlernen der beiderseitigen Standpunkte. Schmidt warnte davor, dass Kleingewerbe bedroht sein könnte. Der Ausschuss verständigte sich im Tagesordnungspunkt Verschiedenes schließlich darauf, dass Vertreter von Signa bei der turnusmäßigen Sitzung im Mai das Projekt ausführlich vorstellen sollen.

Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel ist jedenfalls begeistert von den Investorenplänen: „Die ersten Entwürfe sind beeindruckend und würden städtebaulich an die 20er Jahre anknüpfen. Wo heute ein sanierungsbedürftiger Funktionsbau aus den 50er Jahren steht, könnte neuer architektonischer Glanz entstehen. Das wäre eine Bereicherung für Neukölln und übrigens auch für Kreuzberg.“ Er hoffe, so Hikel an die Adresse des Nachbarbezirks, „dass wir ein gemeinsames Vorgehen vereinbaren können, auch wenn die Planungshoheit unstrittig in Friedrichshain-Kreuzberg liegt“. Das wünscht sich auch Marlene Heihsel. Sie freut sich schon „auf ein neues, altes glanzvolles Karstadtgebäude“.

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