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Die Doppel-Türme «Norra Tornen» in Stockholm. Das Wohngebäude erhält den Internationalen Hochhauspreis. Die Jury billigte dem Bau eine zeitlos-wegweisende Architektur zu, wie die Veranstalter am Donnerstag in Frankfurt bekanntgaben.

© dpa/Anders Bobert

Hochhäuser: Kleckern mit Klötzchen

Schwedische Wohntürme "Norra Tornen" bekommen internationalen Hochhauspreis

Als weltweit innovativster Wolkenkratzer sind die Doppel-Türme „Norra Tornen“ in der schwedischen Hauptstadt Stockholm ausgezeichnet worden. Das Wohngebäude erhielt am Donnerstag in Frankfurt am Main den Internationalen Hochhauspreis. Die Jury hob die kastenartigen Betonfertigteilelemente hervor, mit denen die Fassaden der bis zu 125 Meter hohen „Nördlichen Türme“ rings herum bestückt sind. Es handele sich um zeitlos-wegweisende Architektur, die einen Beitrag zu einem stimmigen Stadtgefüge leiste.

Im Finale war auch ein Neubau im Frankfurter Bankenviertel, der „Omniturm“ des dänischen Architekten Bjarke Ingels. Das Gebäude mit seinem charakteristischen Hüftschwung gehört damit nach Ansicht der Jury immerhin zu den fünf besten Wolkenkratzern der Welt. Es wurde wie die weiteren Finalisten unter 31 nominierten Gebäuden aus 14 Ländern ausgewählt. Der Hochhauspreis ist mit 50000 Euro dotiert und wird seit 2004 alle zwei Jahre von der Stadt Frankfurt, dem Deutschen Architekturmuseum und der DekaBank vergeben.

Seit September 2018 sind die ersten 16 Etagen des Hochhauses bewohnt. Für den zweiten, 110 Meter hohen Turm auf der gegenüberliegenden Straßenseite wurde Ende 2018 das Fundament gegossen. So jedenfalls sah der Zeitplan von Oscar Engelbert aus, CEO von Oscar Properties und Bauherr des Millionenprojekts, der sich bewusst für den Architekten de Graaf und dessen Stil á la „De Rotterdam“ und „Timmerhuis“ - das sind zwei Hochhäuser in Rotterdam - entschieden hat. Fertig gestellt wurden die Doppeltürme im Dezember 2018. Sie sind als eine Art Tor rechts und links einer Straße errichtet worden, die zwei Stadtviertel verbindet. In ihrem Inneren gibt es Gemeinschaftsräume zum Feiern oder für Filmabende, die die Bewohner per App buchen können. Auch eine Sauna, ein Fitnessstudio und ein Yoga-Raum sind vorhanden.

"Norra Tornen",  die nördlichen Türme, sind 125 und 110 Meter hoch. Sie wurden vom niederländischen Architekturbüro OMA entworfen und sollen Ende 2018 bzw. 2020 fertiggestellt werden. Als „Plattenbau für die Reichen“ bezeichnete Architekt Reinier de Graaf sein Projekt in Stockholm.
"Norra Tornen", die nördlichen Türme, sind 125 und 110 Meter hoch. Sie wurden vom niederländischen Architekturbüro OMA entworfen und sollen Ende 2018 bzw. 2020 fertiggestellt werden. Als „Plattenbau für die Reichen“ bezeichnete Architekt Reinier de Graaf sein Projekt in Stockholm.

© Laurian Ghinitoiu

Entworfen hat die „Nördlichen Türme“, wie sie auf Deutsch heißen, der Niederländer Reinier de Graaf, Partner in Rem Kohlhaas' Office for Metropolitan Architecture (OMA).

Der Direktor des Deutschen Architekturmuseums, Peter Cachola Schmal, lobte den Einsatz der Fassadenelemente, der auch Zeit und Kosten gespart habe. Sie ermöglichen großzügige Fensterfronten und sind versetzt angebracht, wodurch geschützte Balkone entstanden.

Ähnlich wie Berlin wächst auch Stockholm. Wohnraum ist knapp. Und so sollen die Zwillingshochhäuser in dem weitgehend vor dem zweiten Weltkrieg erbauten, innerstädtischen Wohnumfeld gewissermaßen die Zukunft flankieren. Die Zukunft des Wohnens. Dichter, kompakter und vor allem höher stellt sie sich Engelbert vor.

2013 hatte Oscar Properties den städtischen Wettbewerb für das Grundstück gewonnen, für das der damalige Stadtarchitekt Aleksander Wolodarski ursprünglich zwei Türme geplant hatte, die optisch an die Türme der Karl-Marx-Allee erinnerten. Reinier de Graaf dagegen wollte höher hinaus - und weniger glatt. Hunderte kastenartige Erker ragen aus der Fassade, die Terrassen schützend zurückversetzt - eine Hommage an brutalistische Betonarchitektur, die in Schweden geprägt wurde.

Stockholm begegnet seinem Zuzug mit Fertigteilen

Der ganze Turm besteht aus einem modularen System von Betonfertigteilen. „Plattenbau for the rich“, wie de Graaf anmerkt. Aber vorgefertigte Teile sparen Zeit und Geld, und hinterher würde sich niemand mehr erinnern, wie das Gebäude konstruiert sei, so der Architekt. In sechs Tagen lässt sich auf diese Art eine ganze Etage errichten. Hinter der farbigen Betonrippenfassade mit freiliegender Steinkornmischung, die dem Backstein der Umgebung ähneln soll, wird es künftig 182 Apartments geben, 44 bis 271 Quadratmeter groß. Kostenpunkt: ab 572 000 Euro aufwärts.

„Das größte Problem war der Lärm“, sagt de Graaf mit Blick auf die achtspurige Autobahn nebenan. Dreifachverglaste Sicherheits-Panoramafenster - wie zum Beweis wummert der Architekt mit der Faust gegen die Scheibe im 16. Stock - sollen vor Autolärm schützen und zugleich genug Licht hereinlassen. Wichtig in einer Stadt, in der es ein halbes Jahr lang nur selten richtig hell ist.

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