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Mehr dämmen soll künftig nur eine von mehreren Möglichkeiten sein, um Energie einzusparen.

© Nestor Bachmann/dpa

Gebäudeenergie: Neues Gesetz will Wärme anders regulieren

Das Bundeswirtschaftsministerium diskutiert die anstehende Novelle des Energieeinsparrechts. Energieeinsparverordnung und Erneuerbare-Energie-Wärmegesetz sollen zusammengeführt werden.

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hat nach Informationen dieser Zeitung in einem Konzept vorgeschlagen, die Energieeinsparverordnung (EnEV) bzw. das Energieeinspargesetz (EnEG) und das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz (EEWärmeG) in einem Gebäudeenergiegesetz mit dem Kürzel GEG zusammenzulegen. Hintergrund ist neben dem Koalitionsvertrag, der den Abgleich der beiden Regelwerke verlangt, die EU-Gebäuderichtlinie. Sie legt fest, dass ab 1. Januar 2019 alle neuen Gebäude als Niedrigstenergiegebäude ausgeführt werden müssen.

In dem Konzept, das dem Tagesspiegel vorliegt, geht das BMWi von zwei Optionen aus: Zum einen könne zunächst darauf verzichtet werden, Neubaustandards für alle Gebäude zu verschärfen. „Stattdessen wird in dieser Novelle nur der Niedrigstenergiegebäudestandard für neu zu errichtende Nichtwohngebäude der öffentlichen Hand definiert.“ Option B im Originalton des Bundeswirtschaftsministeriums: „Die Novelle wird mit der Zusammenführung von EnEG/EnEV und EEWärmeG und mit Verschärfung der Neubaustandards für alle Gebäude (Definition des Niedrigstenergiegebäudestandards für private und öffentliche Gebäude) realisiert.

Gegen eine Verschärfung des seit Anfang Januar geltenden Anforderungsniveaus läuft die Immobilienwirtschaft seit Monaten Sturm, weil sie dadurch eine weitere Verteuerung der Baukosten befürchtet.

Auch die Baukammer Berlin meldete sich in dieser Woche dazu zu Wort. „Die EnEV, die beim Planen und Bauen zwingend ist, schraubt ihre Anforderungen pausenlos in die Höhe, zuletzt in diesem Jahr. Mittlerweile ist ein Grad erreicht, der insbesondere bei der Gebäudedämmung zu unverhältnismäßig hohen Kosten führt. Neu- und Altbaudämmung kosten immer mehr, erzielen aber kein Wachstum bei der Wirtschaftlichkeit“, schrieb Peter Traichel, Geschäftsführer der Baukammer Berlin, in einer Stellungnahme. Der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure habe recht, wenn er schon 2015 von der Bundesregierung ein fünfjähriges EnEV-Moratorium gefordert habe.

Es gibt allerdings auch Untersuchungen, mit denen belegt werden kann, dass die Baupreise summa summarum nicht steigen. Die Rechnung geht auf, wenn man die KfW-Fördermittel und die eingesparten Heizkosten in die Betrachtung mit einbezieht.

Neujustierung der Primärenergiefaktoren

Zwar verpflichtet die europäische Gebäuderichtlinie die Mitgliedstaaten, Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden oder Gebäudeteilen festzulegen. Doch die Methode, nach der diese Effizienz berechnet wird, muss auf nationaler oder regionaler Ebene verabschiedet werden.

Die Wohnungsbaugesellschaft Märkische Scholle hat in Lichterfelde-Süd ein umfassendes Konzept zur Energieeinsparung umgesetzt, wie es nach Willen des Wirtschaftsministeriums demnächst Standard sein könnte.
Die Wohnungsbaugesellschaft Märkische Scholle hat in Lichterfelde-Süd ein umfassendes Konzept zur Energieeinsparung umgesetzt, wie es nach Willen des Wirtschaftsministeriums demnächst Standard sein könnte.

© promo

Das Bundeswirtschaftsministerium schlägt in seinem Papier nun vor: „Eine nachhaltige energetische Bewertung von Gebäuden wird über eine Neujustierung der geltenden Primärenergiefaktoren in Relation gesetzt.“ Soll heißen: Es geht bei der Betrachtung der Energieeffizienz eines Gebäudes nicht allein um den Energieverbrauch, sondern auch darum, wie Energie erzeugt, wie und womit sie transportiert wurde. Fachleute hatten schon länger darauf gedrungen, die Gesetze in diese Richtung weiterzuentwickeln.

„Ziel ist es“, so das BMWi, „Nachhaltigkeitsfaktoren für jeden Energieträger einzuführen, die bei der Neufestlegung der Primärenergiefaktoren als Korrektiv für die bisherigen Primärenergiefaktoren dienen sollen.“ Die einzelnen Energieträger könnten danach bewertet werden, wie sie erzeugt werden, welche Folgen ihr Verbrauch für das Klima hat, wie sie gesamtwirtschaftlich einzuordnen, wie leicht oder schwer sie verfügbar sind. Auch die Versorgungssicherheit könnte eine wichtige Rolle bei der Bewertung spielen. Bei alledem sei zu beachten, „dass wir nicht hinter das geltende Anforderungsniveau (1.1.2016) zurückfallen“.

Bonus-System für Solarheizungen

Mit dem Nebeneinander von EnEG/EnEV einerseits und dem EEWärmeG will das Bundeswirtschaftsministerium mit Blick auf die erneuerbaren Energien Schluss machen. Es könnte ein Bonus-System eingeführt werden: Eine Solarheizung zum Beispiel könnte durch einen zusätzlichen Bonus auf den bilanzierten Primärenergiebedarf angereizt werden. Auch im Quartier mittels erneuerbarer Energien erzeugter Strom könnte durch einen pauschalisierten Bonus in Ansatz gebracht werden dürfen, schreiben die Verfasser des Papiers.

Die Hauptgeschäftsführerin des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und. Immobilienunternehmen, Ingeborg Esser, sprach sich auf einem Treffen des Verbändebündnisses Wohneigentum am Donnerstag für einen Paradigmenwechsel aus. Eine zunächst geplante Verschärfung der EnEV müsse zurückgestellt werden. „Wir können nicht nur auf Dämmung setzen – wir brauchen eine Ausrichtung auf CO2-Einsparungen“, sagte Esser. Zumal der errechnete Primärenergiebedarf eines Hauses – oder einer Wohnung – nicht in Deckung mit deren Gesamtenergiebedarf stehe. Man müsse „Wegkommen vom Primärenergieziel hin zum Endenergieziel.“

Ein Gesetzentwurf zu diesem Themenkomplex liegt noch nicht vor. Zunächst müssen die vorliegenden Varianten mit den Ländern abgeglichen werden, deren Bauminister bis gestern unter dem Vorsitz Sachsen-Anhalts in Magdeburg tagten.

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