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In beliebten Uni-Städten ist Wohnraum für Studierende knapp.

© Felix Kästle/dpa

Eine Bleibe für Studierende: Kleine Wohnung, große Rendite

Deutschland ist Europas Studentenhochburg. Allein nach Berlin kommen jedes Jahr 30.000 Menschen unter 30. Investments in Immobilien für diese Zielgruppe sind offenbar besonders lukrativ.

Die Suche nach den passenden vier Wänden wird in Berlin immer schwieriger: Preiswerte Wohnungen sind rar, die Wartelisten der Studentenwohnheime sind lang. Zum Semesterstart geht es immer wieder um diese Fragen: Wie finde ich eine Wohnung oder eine WG? Wie bewerbe ich mich darauf? Wie kann ich sie finanzieren?

Am gestrigen Freitag fand zum vierten Mal der „Tag des Wohnens“ statt – getragen durch den BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, Berliner Mieterverein, die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen (degewo, Gesobau, Gewobag, Howoge, Stadt und Land, WBM), die landeseigene Berlinovo, das Studentenwerk Berlin, das Studentendorf Schlachtensee und das WG-Portal wg-suche.de. Sie bieten Studierenden Hilfestellungen an.

Die Rendite beträgt fünf bis sechs Prozent

In Berlin etwa erhöht sich die Zahl der Erwachsenen unter 30 Jahren jedes Jahr um mehr als 30.000, schreibt das Moses Mendelssohn Institut in einer Studie über Wohnquartiere für junge Menschen in deutschen Großstädten. Wer in wachsenden Städten auf eine passende Wohnung angewiesen ist, der wird auch auf hochwertig ausgestattete kleine Studentenwohnungen stoßen, von denen mehr und mehr auf den Markt kommen.

Investoren erhoffen sich damit eine jährliche Rendite von fünf bis sechs Prozent – deutlich mehr als die 0,1 Prozent, die Unternehemnsanleihen mit guter Bewertung derzeit abwerfen. „Studentenappartements sind das renditeträchtigste Segment für Investoren pro Quadratmeter, und die Strategie ist, sie so schick zu machen, dass der Preis für die Mieter nicht mehr so wichtig ist“, sagte Thomas Beyerle, Chef der Immobilien-Beratungsfirma Catella.

Für möblierte Wohnungen gilt die Mietpreisbremse nicht

Die Hoffnung auf Rendite schlägt sich auch in den Zahlen nieder. Waren es in den vergangenen Jahren jeweils etwa 300 Millionen Euro, die in den Markt geflossen sind, dürfte es nach Einschätzung von Analysten in diesem Jahr etwa eine Milliarde sein. Zu Beginn dieses Jahres wurden in Deutschland mehr als 200 Millionen Euro in Studentenwohnanlagen investiert, fand das Immobilienberatungsunternehmen Jones Lang LaSalle (JLL) heraus.

In einer Befragung von 470 Marktakteuren aus Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden durch JLL sagten zwei Drittel, dass sie ihre Aktivitäten beim Bau, dem Erwerb oder auch dem Betrieb von privaten Studentenwohnanlagen ausbauen wollen. In den Kauf von Mikro-Wohnanlagen sind in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres laut Immobiliendienstleister Savills insgesamt 440 Millionen Euro geflossen. Damit wurden die Gesamtjahresergebnisse von 2015 und 2014 bereits zum Ende Juli deutlich übertroffen.

Mit einem Plus von 139 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum sei die hiesige Wachstumsrate beträchtlich, bilanzieren die Analysten von Savills. Insbesondere ausländische Käufer sind an deutschen Mikro-Wohnungen interessiert: Sie waren von Januar bis Juli für 78 Prozent des Volumens verantwortlich.

Fondsmanager und offene Spezialfonds, darunter institutionelle Investoren wie etwa Versicherungen oder Pensionskassen, machten 49 bzw. 40 Prozent des Transaktionsvolumens aus.

Das Studentendorf Adlershof bietet 386 Plätze auf dem Campus der Humboldt Universität.
Das Studentendorf Adlershof bietet 386 Plätze auf dem Campus der Humboldt Universität.

© Stephanie Pilick/dpa

Weil kleine möblierte Wohnungen nicht von den Vorschriften der Mietpreisbremse erfasst werden, können Investoren doppelt so viel wie die ortsübliche Miete verlangen und dreimal so viel wie für die staatlich geförderten Studentenwohnheime, die für ihren eher spartanischen Standard bekannt sind.

Schick möbliert mit Dachterrasse

Die günstigen Zimmer des Studentenwerks reichen bei weitem nicht.
Die günstigen Zimmer des Studentenwerks reichen bei weitem nicht.

© Jens Kalaene/dpa

In Darmstadt etwa sind die Studentenwohnungen in modernen, miteinander verbundenen Häusern untergebracht. Der Wohnheimbetreiber British Global Student Accommmodation (GSA) betreibt die Unterkunft, die mehreren hundert Mietern Platz bietet. Weiße, schick möblierte Appartements, auf Hochglanz gebrachte Innenhöfe und zwei Dachterrassen mit Blick auf das Umland sollen die Studenten anlocken.

Das kommt an: Die Nähe zur Uni, die Möbel und die Annehmlichkeiten wie das schnelle Internet und Gemeinschaftsräume rechtfertigten den höheren Preis, sagen zwei Studenten, die nicht genannt werden wollen. Dazu kommt: Die teureren Wohnungen sind leichter zu bekommen als die günstigen Zimmer im Wohnheim, auf die Interessenten oft monatelang warten müssen.

Neben der Anlage in Darmstadt betreibt GSA weitere Wohnheime in Frankfurt oder Dresden. Die Expansion ist geplant: In den kommenden fünf Jahren sollen weitere 10 000 Zimmer dazukommen. Der Wohnheimbetreiber ist nicht der einzige Investor. Eine Reihe von Unternehmen aus dem Inland und dem Ausland hat sich auf die Zielgruppe der Studenten konzentriert.

7,4 Milliarden Dollar Investitionen in Großbritannien

„Die Nachfrage nach der Anlageklasse Student Housing ist unter institutionellen Anlegern unverändert hoch, wie wir aus zahlreichen Investorengesprächen wissen“, sagt Martin Eberhardt, Managing Director Client Relations bei Bouwfonds. Seit 2010 hat die niederländische Management Gesellschaft insgesamt 24 Studentenwohnobjekte mit einem Gesamtvolumen von 433 Millionen Euro angekauft. Die Objekte liegen in Deutschland, Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden und umfassen insgesamt rund 5650 Wohneinheiten.

Bouwfonds bereitet zurzeit einen zweiten Studentenwohnungsfonds vor, zumal Banken die Finanzierungssituation für Studentenwohnprojekte laut JLL als eher schwierig einschätzen. Gleichwohl wollen sechzig Prozent ihre Finanzierungsaktivitäten in den nächsten fünf Jahren ausbauen.

Vor allem aus Großbritannien ist das Interesse am studentischen Wohnen groß, Firmen wie Crosslane wollen einsteigen. Sie hoffen, dass es hierzulande irgendwann ähnlich viele private Wohnheime wie in Großbritannien gibt. Dort investierten Anleger nach Daten der Berater von Jones Lang LaSalle im vergangenen Jahr mit 7,4 Milliarden Dollar in den Markt – so viel wie nie zuvor. „Der deutsche Studenten-Wohnungsmarkt ähnelt dem britischen Markt vor zehn oder 15 Jahren“, sagte Stuart Osborn von Jones Lang LaSalle.

Ausländer interessieren sich nicht so für die Szeneviertel

Als Geheimtipp gelten besonders „WG-Lagen“ in Stadträumen, die bei den übrigen Kriterien bisher noch nicht als besonders attraktiv gelten. „Hier besteht eine realistische Chance, dass quasi infolge der angesiedelten WGs sich auch die sonstigen Standortbedingungen verändern und eine besonders dynamische Entwicklung einsetzt“, sagt Stefan Brauckmann, Direktor des Moses Mendelssohn Instituts (MMI) und Auftragnehmer einer Studie für den Immobilienentwickler GBI AG .

Während für Zuzügler aus Deutschland besonders sogenannte Szeneviertel attraktiv sind, entscheiden sich viele Studierende aus dem Ausland pragmatischer. Sie suchen in Berlin – neben Mitte (rund um den Rosa-Luxemburg-Platz) und Kreuzberg (in der Nähe des Mehringplatzes) – vor allem in Schmargendorf, Wedding und Reinickendorf nach einem Zimmer oder einer Wohnung.

Neun von zehn tun dies übrigens für einen Zeitraum von drei Monaten bis zu einem Jahr, wie der Online-Marktplatz „Uniplaces“ laut einer Mitteilung herausgefunden haben will. Nach Erhebungen des MMI stehen in Berlin Gebiete in Mitte, Kreuzberg und Neukölln auf der Prioritätenliste ganz oben, in München sind es die Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, Maxvorstadt und Schwabing-West.

Die ermittelten Quartiere haben alle eine ähnliche Struktur: Sie liegen relativ zentral in den Städten, nahe von ÖPNV-Knotenpunkten, das Wohnumfeld ist urban geprägt. Neben gut erreichbaren Nahversorgungs-, Freizeit- und Kulturangeboten wird auch auf viel Gastronomie im Umfeld Wert gelegt. (mit Reuters)

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