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Berlin ist eine Stadt der Mieter – und damit auch eine Stadt der Vermieter und Verwalter. Ihre Handlungsgrundlagen ändern sich grundlegend, wenn das neue Wohnungseigentumsgesetz wie geplant geändert wird.

© dpa/Christoph Söder

Eigentumswohnungen: Verwalter als Geschäftsführer

Parlament will mit Wohnungseigentumsgesetz Klimaschutzziele durchsetzen.

Die Bundesregierung will das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) grundlegend reformieren, damit Klimaschutzmaßnahmen, der Einbau von Ladeinfrastruktur für Elektroautos, die Digitalisierung und Einbruchschutzmaßnahmen möglichst nicht an den Eigentümergemeinschaften scheitern. Der Entwurf eines Gesetzes „zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften“ (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEMoG, 19/18791) stand am 6. Mai zur ersten Lesung im Deutschen Bundestag an.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht bezeichnete die Reform des WEGesetzes in ihrem Redebeitrag als überfällig. Es datiere aus dem Jahr 1951. Die letzte Reform des Gesetzes liegt 13 Jahre zurück. Vordergründig gehe es bei dem Vorhaben um drei Punkte: den Umbau bestehender Wohnanlagen, eine effizientere Verwaltung und die Verminderung der Streitanfälligkeit des WEG-Rechts vor Gericht. Die geplante Änderung – eine Minderung – von Zustimmungsquoren in Versammlungen begründete die SPD-Politikerin damit, dass nach heutiger Rechtslage oft alle Eigentümer zustimmen müssten: „Oft scheitern daran viele Vorhaben.“ Der Sanierungsstau in vielen Anlagen sei ein Problem für die gesamte Gesellschaft. Die Verwaltung müsse einfacher und effizienter werden. „Deshalb ermöglichen wir Umlaufbeschlüsse online und Online-Teilnahmen von Eigentümerversammlungen.“

Der Berliner Abgeordnete Jan-Marco Luczak (CDU) sagte, auch bei Umlaufbeschlüssen solle man zu Entscheidungen mit einfacher Mehrheit kommen. Hier sind im Gesetzentwurf bisher nur einstimmigen Voten vorgesehen.

Die FDP-Bundestagsfraktion kritisierte mit einem Antrag den Entwurf: Der habe gezeigt, „dass die Bundesregierung bei der Reform das Fundament des Wohnungseigentumsrechts zu untergraben versucht“. Eigentum bedeute immer auch Selbstverwaltung. „Den Verwalter für einen Großteil seines Handelns (…) prinzipiell von dem Erfordernis vorheriger Beschlussfassung zu lösen“, so die FDP-Bundestagsabgeordneten, „führt zu einer ungerechtfertigten Entmachtung der Eigentümer.“

Kritik von Verbraucherverbänden

Luczak sagte zu, die Bedenken von Eigentümerverbänden ernst zu nehmen. „Das müssen wir noch einmal sehr genau anschauen, wie Rechte und Einflüsse von Eigentümern gewahrt werden können.“ Sein CDU-Kollege Sebastian Steineke bestätigte die künftig gestärkte Stellung des Verwalters, für den aber wohl im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ein Sachkundenachweis eingeführt werden soll: „Der Verwalter hat dann eine Funktion wie ein Geschäftsführer – das muss mal so deutlich sagen. Der Verwalter muss am Ende des Tages schneller und effizienter arbeiten können.“

Vier Verbraucherverbände – der Bauherren-Schutzbund (BSB), der Verband Wohneigentum (VWE), der Verband der deutschen Wohnungseigentümer (VDWE) und Wohnen im Eigentum (WiE) – hatten im Vorfeld der Sitzung an die Politiker im Bundestag und Bundesrat appelliert nachzubessern. Sie warnten vor neuen Risiken. „Der Gesetzentwurf entspricht nicht den Anforderungen, die aus Eigentümer- und Verbrauchersicht an eine Reform des Wohnungseigentumsgesetzes zu stellen sind“, sagte Manfred Jost, Präsident des Verbandes Wohneigentum. Die Bewertung der Verbände: Wichtige strukturelle Missstände bleiben ungelöst. Gabriele Heinrich, Vorstand von Wohnen im Eigentum, wies auf eine vermeintliche Fehlkonstruktion hin: „Es werden Rechte der Eigentümer beschnitten und die Verwalterrechte im Sinne des anvisierten Systemwechsels ausgeweitet. Damit geraten die Machtverhältnisse in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) in eine deutliche Schieflage – zugunsten der Bauträger, der Verwalter, der Auftragnehmer und Dienstleister von WEGs.“ Der Rechtsschutz für Auftragnehmer von WEGs werde höher bewertet als der Rechtsschutz für die Wohnungseigentümer.

Verwalter werden von Beschlüssen der Eigentümer losgelöst

Die FDP-Politikerin Katharina Willkomm sagte am 6. Mai, der Verwalter werde „losgelöst von Beschlüssen der Eigentümer“ agieren und entscheiden können. Eine gut organisierte Minderheit können der Mehrheit in Zukunft ihren Willen aufzwingen. Ein Sprecher der AFD-Fraktion kritisierte, dass die Rechtsposition der Eigentümer geschwächt werde, Großinvestoren werde es durch die Veränderung der Zustimmungsquoren leichter gemacht, ganze Wohnanlagen zu übernehmen. Bündnis 90/Die Grünen freuen sich über den vorliegenden Entwurf, finden jedoch er komme zu spät. Nach der bisherigen Planung soll das neue Wohnungseigentumsgesetz bereits am 19. Juni verabschiedet werden. Die Weichen dafür, ob und in welchem Umfang der vorliegende Entwurf noch geändert wird, werden im Rechtsausschuss wohl am 20. Mai in einer Anhörung gestellt.

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