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Strassenansicht vom leerstehenden Altenheim am Ostpreußendamm 31 in Berlin-Steglitz.

© Thilo Rückeis

Ehemalige Liegenschaft in Lichterfelde: Warum lässt jemand ein Seniorenwohnheim verrotten?

In Steglitz-Zehlendorf siecht ein ehemaliges Seniorenheim vor sich hin. Eine Suche nach dem Eigentümer. Und den Gründen für den Leerstand.

Spekulation mit Grund und Boden oder Gebäuden gehört zwar selbst heute noch immer nicht zum guten Ton in der Immobilienwelt. Doch wer eine sich bietende Gelegenheit auf diesem schlüpfrigen Terrain nutzt, geht durchaus weiterhin als Ehrenmann durch die Gesellschaft. Das liegt zum einen an der Gesetzgebung, die das Vernachlässigen von Immobilien oft nicht unter Strafe stellt. Zum anderen sind es Behörden, die etwa strafbaren Leerstand samt aller Folgen nicht ahnden, schon gar nicht konsequent.

Das führt zu allgemeinem Verdruss, nicht zuletzt auch bei Eigentümern, die ihre Immobilie mit erheblichem Aufwand für sich und/oder ihre Mieter in Schuss halten und dabei keineswegs immer mit traumhaften Renditen kalkulieren dürfen. Wir haben ein eklatantes Beispiel gefunden, das auch manchem Leser sauer aufstoßen könnte.

Sonderfall Seniorenwohnen

Mehrfach angesprochen auf ein seit sieben Jahren vor sich hin rottendes ehemaliges Seniorenwohnheim in Lichterfelde, teilte uns Cerstin Richter-Kotowski (CDU), Bürgermeisterin von Steglitz-Zehlendorf, mit: „Uns ist der Eigentümer wohl bekannt. Er war schon in der Vergangenheit öfter unser Partner, wir haben gute Erfahrungen mit ihm gemacht. Warum er sich jetzt nicht zu dem Objekt äußert, vermag ich nicht zu sagen.“ Die Bauaufsicht habe ihn bereits mehrfach aufgefordert, seine Pläne offenzulegen. Doch: „Ich kann den Eigentümer zu nichts zwingen.“

So will es der Gesetzgeber. Das sogenannte Zweckentfremdungs-Verbotsgesetz greift in diesem Fall nämlich nicht. Bei Seniorenwohnheimen handelt es sich um „Sonderwohnformen“, sie stehen nicht unter dem gleichen Schutz wie normale Wohnungen. Rechtlich liegt die Zuständigkeit bei dieser Wohnform beim Bund, Berliner Landesbehörden sind hier die Hände gebunden, selbst wenn es den Willen zu einer Änderung gäbe.

Die Suche nach dem Besitzer

Auch wenn das Bezirksoberhaupt den Käufer und Eigentümer der ehemals landeseigenen Immobilie aus rechtlichen Gründen nicht preisgeben mag, das Grundbuchamt an der Lichterfelder Ringstraße sieht offenbar durchaus ein öffentliches Interesse darin, Ross beziehungsweise Reiter zu nennen. Auf unsere Anfrage hin erhalten wir das „Wohnungsblatt Lichterfelde: 6282“ für die Liegenschaft Ostpreußendamm 31. Als Eigentümer ist eingetragen: Janssen, Peter, geboren 1948, der Wohnsitz ist auch verzeichnet, doch der tut hier nichts zur Sache.

Keine Frage, der Käufer, der das „Seniorenwohnheim Dr. Peter Bloch“ im Jahr 2011 vom Land Berlin erworben hat, versteht etwas von Immobilien und all den unterschiedlichen Spielarten eines Geschäfts, dessen Ruf oft unter den Machenschaften mancher schwarzer Schafe leidet. Seit nunmehr vierzig Jahren ist Peter Janssen als Investor, Bauherr und Betreiber in der Altenpflegebranche unterwegs. Am 1. Juni 1976 eröffnete der gelernte Koch aus Ostfriesland sein erstes Pflegeheim, das Seniorenheim Grüntal in West-Berlin. 1985 konnte er in der damaligen Halbstadt eine zweite Einrichtung erfolgreich am Markt etablieren.

Von Ostfriesland zum PflegeButler

Peter Janssen blieb jedoch auch eng mit seiner norddeutschen Heimat verbunden und eröffnete als erster privater Pflegeheimbetreiber in Ostfriesland 1991 das Seniorenheim Norddeich. Insgesamt baute und betrieb er bis zum Verkauf der Peter Janssen Gruppe an die SilverCare Holding München 15 Häuser in Berlin, Ostfriesland, Friesland und dem Ammerland.

Seit dem Verkauf des Unternehmens im Dezember 2012 kümmert sich Peter Janssen nun noch intensiver um die strategische Entwicklung und Expansion der Unternehmensgruppe „PflegeButler“. Und in Zusammenarbeit mit seinen Kindern um vier Häuser der gehobenen Pflegekaste in Berlin. Dass er zudem noch, quasi als sehr kostspieliges Hobby, ein Museum für Samurai-Kunst unterhält, sei nebenbei erwähnt, darf es doch als Indiz dafür gelten, dass sich ein Geschäft mit Pflegeheimen und ein Jonglieren mit Immobilien durchaus in Gewinnzonen bewegen kann.

Liegengelassen?

Niemand hat die Absicht, diesem Eigentümer unlautere Absichten zu unterstellen. Was er tut, ist rechtlich offenbar nicht zu beanstanden. Gleichwohl, wundern wird man sich schon noch dürfen: Der Grund, warum der Betreiber mehrerer Pflegeheime in Berlin ein vom Land heruntergewirtschaftetes Seniorenwohnheim kauft und dann weiter verrotten lässt, liegt zumindest für vergrätzte Nachbarn der verlotterten Liegenschaft auf der Hand. Das knapp 4000 Quadratmeter große Grundstück in Lichterfelde habe seit dem Verkauf durch das Land Berlin dem neuen Eigentümer eine Wertsteigerung von weit mehr als 100 Prozent beschert. Tendenz weiter steigend, sagt einer.

Mit seiner GmbH & Co. KG, deren Zweck „die Verwaltung und die Beteiligung an Immobilien sowie der Kauf und die Veräußerung von Immobilien und deren Vermietung und Verpachtung“ ist, macht Peter Janssen allerdings in Bezug auf die Liegenschaft Ostpreußendamm 31 keine Anstalten, zu verwalten, zu veräußern, zu vermieten oder zu verpachten. Einige Branchenkenner meinen, hier liege der klassische Fall von Spekulation vor: kaufen, liegen lassen, Preise raketengleich steigen sehen – und irgendwann verkaufen.

Davon, wie sich die Grundstückspreise speziell am Ostpreußendamm in Lichterfelde entwickeln, weiß auch Winfried Hammann ein Lied zu singen. Der Vorstandssprecher der Bürgerstadt AG baut derzeit ein sogenanntes Generationenhaus an der Straße und berichtet, ihm sei unlängst ein 700 Quadratmeter großes Grundstück wenige Meter weiter für sechs Millionen Euro angeboten worden. Weit mehr, als seine Gesellschaft Anfang 2017 für ein doppelt so großes Stück Baugrund gezahlt hatte.

Janssen: "Ich handle nicht mit Grundstücken"

Peter Janssen weist eine Spekulationsabsicht weit von sich: „Ich habe seinerzeit das Grundstück Ostpreußendamm erworben, um es mit einer Seniorenresidenz neu zu bebauen. Aus internen Gründen wurde es notwendig, ein anderes Grundstück vorzuziehen.“ Diese Arbeiten seien nun abgeschlossen, „sodass wir zurzeit mit der Stadtplanung ein Bebauungskonzept für den Ostpreußendamm entwickeln“. Danach werde der Bauantrag eingereicht und auch mit dem Bau begonnen werden, teilte Peter Janssen auf Anfrage des Tagesspiegels mit.

Auf die Frage, ob er nachvollziehen könne, wenn Nachbarn und andere Beobachter der Liegenschaft den Verdacht der Spekulation hegten, sagte Peter Janssen: „Da ich nicht mit Grundstücken handle, sondern ausschließlich für die Eigennutzung erwerbe, kann es sich nicht um ein Spekulationsobjekt handeln.“ Auf Nachfrage konnte das Büro von Bezirksbürgermeisterin Richter-Kotowski bestätigen, dass zwischen Peter Janssen und dem Stadtplanungsamt Steglitz-Zehlendorf bisher lediglich „ein Gespräch über ein Konzept für betreutes Wohnen mit Tagespflege“ stattgefunden habe. Das war im Mai dieses Jahres.

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