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Halb gefüllte Bierbänke im Prater-Biergarten in Berlin-Prenzlauer Berg.

© DAVIDS/Christina Kratsch

Exklusiv

Biergarten-Streit in Pankow: Landgericht untersagt Bezirk geplante Arbeiten im Pratergarten

Die Pächterin des Biergartens in Prenzlauer Berg muss den Umbau laut einem Gerichtsbeschluss nicht dulden. Der Bezirk bleibt indes bei seiner Haltung.

Das Landgericht Berlin hat dem Bezirk die geplanten Arbeiten auf dem Pratergarten-Gelände in Prenzlauer Berg am Donnerstag untersagt. Wie berichtet, soll die Pächterin Dagmar Hillig Arbeiten dulden, die zur zeitweisen – je nach Dauer der Arbeiten auch endgültigen – Schließung ihres Geschäftsbetriebs führen würden. Auf Betreiben der Unteren Denkmalschutzbehörde soll der Pratergarten auf Grundlage der noch aus den fünfziger Jahren stammenden Mauer- und Freilichtbühnenstrukturen restauriert werden.

Kritiker hatten deshalb von einem „DDR-Disneyland“ gesprochen, das hier in Szene gesetzt werden solle. Tatsächlich wurden aber Mittel aus dem städtebaulichen Denkmalschutzprogramm („Lebendige Quartiere fördern") wohl deshalb auf Grundlage der historischen Spuren aus den Fünfzigern beantragt, weil Pankow auf diesem Wege mehr Mittel bekommen konnte. Aus der Anfangszeit ist kaum noch Substanz vorhanden. Der Prater ist der älteste Biergarten Berlins und wurde ab 1852 ausgebaut.

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren (AZ.: 56 O 82/20) ließen die Anwälte der Kanzlei GSK Stockmann dem Bezirk nun die Durchführung der angesagten Arbeiten untersagen. Unter anderem soll unter den gepachteten Flächen ein sechzig Kubikmeter fassender Rigolenkörper eingelassen werden – um so Regen versickern zu lassen, das über das Dach des benachbarten Theatergebäudes einfließt.

Außerdem als Baumaßnahme vorgesehen: ein 90 Kubikmeter Wasser fassender Retentionstank, über den Wasser in die Kanalisation abgeleitet werden kann und ein Sammeltank, der 64 Kubikmeter fasst. Die Pächterin befürchtet unter anderem, dass sich derartig umfangreiche Arbeiten zeitlich hinziehen könnten.

Alles in allem geht es um einen 2000 Kubikmeter umfassenden Erdaushub. Zudem plant der Bezirk 22 Baumfällungen, die den Charakter des Biergartens stark verändern würden. Es ist an Ersatzpflanzungen gedacht - der Bezirk hat 24 neue Bäume eingeplant.

Pächterin Dagmar Hillig ist auf Verständigung aus

Hillig freute sich auf Anfrage über den Beschluss des Landgerichts: „Wir sind als Mieter beschützt worden. Ich muss bereits für den 1., 2. und 5. Oktober jeweils 5000 Euro Strafe zahlen, weil ich die Einrichtung der Baustelle nicht geduldet habe.“ Für die Folgetage habe der Bezirk den Versand von Zwangsgeldbescheiden ausgesetzt.

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Am Montag dieser Woche war es auf dem Gelände hoch hergegangen. Hillig hatte Bauarbeitern mit ihrem Firmentransporter den Zugang versperrt. Der Bezirk hatte daraufhin mit "unmittelbarem Zwang" durch die Staatsgewalt (Polizei) gedroht und damit, den Wagen abschleppen zu lassen.

Hilligs Anwalt Jan Kehrberg ist im Prinzip auf eine Verständigung mit dem Bezirk aus, hofft aber auf eine Verlängerung der Pachtzeit um weitere zehn Jahre und eine zeitliche Staffelung der Arbeiten, damit der Betrieb währenddessen weitergeht. Der Bezirk will sich nach Informationen des Tagesspiegels nicht auf dieses Angebot einlassen.

Bezirk drohte mit "unmittelbarem Zwang" durch die Polizei

Kehrberg stört sich an der mangelnden Gesprächsbereitschaft Pankows: „Ich lese aus Ihrer Mail wie aus aller Korrespondenz mit dem Bezirk ein „entweder Ihr spielt mit, oder Ihr werdet schon sehen...“ heraus“, schrieb er am 2. Oktober um 7.08 Uhr an die Verfahrensbeteiligten.

„Der aus dem Eigentum des Vermieters abgeleitete rechtmäßig ausgeübte Besitz des Mieters ist eine starke Position, in die ein Vermieter – auch wenn er der Bezirk Pankow ist – nicht einfach eingreifen darf“, sagte Kehrberg auf Anfrage: „Hier hat das Landgericht erkannt, dass die vom Bezirksamt blumig gemalten Gefahren für den denkmalgeschützten Praterbau durch vermeintlich „berstende Leitungen und umstürzende Bäume“ frei erfunden sind. Natürlich wollten die konkret handelnden Personen das Versäumnis verdecken, dass sie sich nicht mit ihrem Mieter über den Umbau des Grundstücks abgesprochen hatten.“

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Dieser Versuch sei nun gescheitert. "Die Wirtin vom Prater Garten ist nach wie vor offen für eine Regelung in der dann auch ihre Interessen berücksichtigt werden", betonte Kehrberg: "Das macht für die Verwaltung Arbeit, aber dazu ist sie da und wird von uns allen dafür bezahlt, damit alles seine Ordnung hat.“

Der Bezirk bleibt nach dem Beschluss des Landgerichts bei seiner Haltung

Der Bezirk nahm auf Anfrage am Donnerstag zunächst nicht Stellung und verwies auf Hilligs Vermieter, Torsten Kühne (CDU), Pankows Stadtrat für Schule, Sport, Facility Management und Gesundheit. Kühne schrieb dem Tagesspiegel am Freitag zum aktuellen Beschluss des Landgerichts: "Grundsätzlich hat sich an der Position des Bezirksamts bisher nichts verändert. Das Bezirksamt möchte den Berliner Pratergarten als einen traditionsreichen und bedeutsamen Veranstaltungsort für den Bezirk Pankow dauerhaft erhalten und nachhaltig sichern. Die Freianlagen des Pratergartens sind seit den 1970er Jahren nicht grundhaft erneuert worden. Der Pratergarten weist durch intensive Nutzung über Jahrzehnte und einer geringen Instandhaltung erhebliche Mängel an den Freiflächen und den baulichen Anlagen auf. Im Rahmen der Planung zur Sanierung der Freianlagen wurde festgestellt, dass auch die Versorgungsleitungen in großen Teilen über 50 Jahre alt sind und erneuert werden müssen."

Der stark sanierungsbedürftige Zustand des Pratergartens erfordere weiterhin nach Auffassung des Bezirksamts "eine zügige Umsetzung der Maßnahmen, um den Erhalt der historischen Gesamtanlage nicht zu gefährden".

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