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Angesichts steigender Mieten wollen viele Mieter ihre alten Verträge nicht aufgeben. Auch deshalb werfen einige Makler das Handtuch.

© Christin Klose/dpa

Bestellerprinzip: Immer weniger "Küchen-Makler" bitten zu Tisch

Wer einen Makler beauftragt, muss ihn auch bezahlen. Dieses Bestellerprinzip ist am 1. Juni ein Jahr alt. Die Vermieter gewöhnten sich daran, dass nun häufig sie den Makler zahlen müssen.

„Das Bestellerprinzip hat für mehr Wettbewerb gesorgt. Und der führt zu einer gesunden Bereinigung der Maklerbranche.“ Der Mann, der dies sagt, ist unverdächtig, parteiisch zu sein.

Christoph Michel ist Wohnungsbesitzer in Dahlem. Der Geschäftsführer eines Maschinenbauunternehmens hatte bis zum 1. Juni 2015 ein Maklerbüro mit der Suche nach Mietern beauftragt. Für diese Dienstleistung verlangte der Vermittler eine Provision von bis zu 2,38 Monatskaltmieten. Die hatte der Mieter zu zahlen. Immer. Vermieter Christoph Michel kostete der Makler nichts.

Das hat sich geändert. Seit Inkrafttreten des Mietrechtsnovellierungsgesetzes vor einem Jahr gilt das sogenannte Bestellerprinzip. Demnach zahlt derjenige den Makler, der ihn beauftragt hat. Das ist in den meisten Fällen der Vermieter. Nach zwölf Monaten Bestellerprinzip lässt sich das Fazit ziehen: Der Berliner Wohnimmobilienmarkt hat sich verändert.

Wohnungseigentümer wie Christoph Michel standen vor einem Jahr vor der Frage: Soll ich weiter mit einem Makler arbeiten und ihm pro Vermietung 1000, 1400 oder 2000 Euro und mehr zahlen? Oder soll ich die Vermietung selbst in die Hand nehmen, Exposés erstellen, Besichtigungen durchführen, Selbstauskünfte prüfen und Verträge schreiben? Viele Immobilienbesitzer entschieden sich zunächst für den zweiten Weg. Laut dem Maklerverband IVD Berlin-Brandenburg und dem Ring Deutscher Makler (RDM) ist so manchem Eigentümer schnell klar geworden, dass eine Vermietung doch mehr Arbeit bedeutet als angenommen.

Manche Makler bieten Leistungen jetzt modular an

„Das Bild vom Makler, der nur die Tür öffnet, haben viele Vermieter revidieren müssen“, sagt Markus Gruhn, Vorsitzender des Rings Deutscher Makler, der 230 Mitglieder mit 25.000 Beschäftigten hat. Klar, in Prenzlauer Berg und in Mitte ist die Nachfrage nach Wohnungen so groß, dass Vermieter unter Dutzenden, manchmal sogar hunderten Interessenten auswählen können. In anderen Teilen der Stadt, etwa in Marzahn, Spandau oder Hellersdorf, aber ist die Vermarktung freier Objekte deutlich aufwendiger.

Gruhn konstatiert, dass durch das Bestellerprinzip „einige Missstände“ beseitigt worden seien. So sind viele „Küchen-Makler“, die nur mit Gewerbeschein und Website, aber ohne Ausbildung von zu Hause aus gearbeitet hatten, vom Markt verschwunden. Das sei nicht das Ende des Maklerberufs, sondern eher „eine positive Folge“ der Gesetzänderung. Die Vermieter gewöhnten sich langsam daran, dass nun häufig sie es sind, die den Makler zahlen müssten. Gruhn hätte das Bestellerprinzip allerdings einfacher gestaltet: „Bis zu 2000 Euro Miete zahlt immer der Vermieter die Courtage, bei teureren Immobilien kann frei verhandelt werden.“

Schlüsselübergabe: Bis es so weit ist, hat der Makler oft ein gutes Stück Arbeit.
Schlüsselübergabe: Bis es so weit ist, hat der Makler oft ein gutes Stück Arbeit.

©  Andrea Warnecke/dpa

Kritischer schaut der IVD-Vorsitzende Dirk Wohltorf auf ein Jahr Bestellerprinzip. 300 bis 400 der insgesamt etwa 1500 Mietimmobilienmakler im Raum Berlin-Brandenburg hätten ihr Geschäft in den vergangenen zwölf Monaten eingestellt. Er selbst auch. Der Grund: Viele Vermieter seien nicht bereit, zwei Monatskaltmieten plus Mehrwertsteuer zu zahlen. „Für weniger lohnt sich der enorme Aufwand aber nicht“, sagt Wohltorf.

Andere IVD-Makler sind dazu übergegangen, den Wohnungsbesitzern Leistungen modular anzubieten. Ein Beispiel: Besichtigung durchführen und die potenziellen Kandidaten vorstellen zum Preis von 1,5 Monatskaltmieten.

Wohltorf ärgert am meisten, dass Makler, die von einem Wohnungssuchenden beauftragt werden, keine Provision verlangen dürfen, wenn sich ein passendes Objekt bereits in ihrem Bestand befindet: „Dieser Passus muss geändert werden, denn er hilft Suchenden nicht, sondern schadet.“

Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, zieht ein Sowohl-als-auch-Resümee: „Die Mieter sind durch das Bestellerprinzip zwar finanziell entlastet worden, das aber ist angesichts der gestiegenen Mieten nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Während in den ersten Monaten einige Makler noch versucht hätten, das Gesetz zu umgehen, etwa durch sogenannte „Vertragsausfertigungsgebühren“, seien ihm in letzter Zeit kaum noch Beschwerden zu Ohren gekommen. Dass momentan weniger Mietwohnungen angeboten werden als vor einem Jahr, liegt laut Wild „an der durch das hohe Mietpreisniveau geringeren Fluktuation“.

Vendomo von Rocket Internet hat schon wieder zugemacht

Das bestätigt Hanno Heintzenberg, Gründer von McMakler: „Die Mobilität innerhalb Berlins hat abgenommen. Viele Mieter wollen ihre alten, noch günstigen Verträge nicht aufgeben, denn bei einem Umzug müssen im Schnitt 50 Prozent höhere Quadratmeterpreise gezahlt werden als noch vor fünf Jahren.“

Etwas Entspannung könnte auf dem Berliner Mietmarkt eintreten durch das am 1. Mai endgültig in Kraft getretene Zweckentfremdungsverbot, das Wohnungsbesitzern verbietet, ihre vier Wände an Touristen zu vermieten. Das hatte so mancher Berliner jahrelang gemacht und damit die Wohnungsnot in der Stadt verschärft. Nach Schätzungen des Senats existieren neben den 6300 gemeldeten Ferienwohnungen 5000 bis 6000 weitere ohne Genehmigung. Ein Teil dieser Objekte könnte jetzt auf den Mietwohnungsmarkt kommen.

McMakler, vor einem Jahr gegründet, gehört zu den Gewinnern der Neureglung der Maklerkosten. Ähnliches gilt für fast 50 junge Unternehmen bundesweit, von Immodelfin über Lifelife bis Vermietster, die Geschäftsmodelle entwickelt haben, um die Chancen zu nutzen, die das Bestellerprinzip eröffnet.

Allerdings hat sich schnell rausgestellt, dass reine Onlinemakler nicht die Lösung sind. So hat Vendomo, das Makler-Start-up von Rocket Internet, nach nur wenigen Monaten wieder zugemacht. Rund fünf Millionen Euro soll die Berliner Unternehmens-Schmiede mit ihrem „Immobilienmakler-Kind“, das nicht laufen lernte, verbrannt haben. Auch das Portal ImmobilienScout24 ist mit seinem „Komplett-Service für Vermieter“ gescheitert. Von Wohnungsfotos bis Besichtigung – für bis zu 499 Euro wollten die Newcomer alles abwickeln. Ohne Erfolg.

Die Erkenntnis der Macher: Vermieter bieten ihre Immobilie selbst oder mit einem professionellen Makler an. Zu denen zählen auch sogenannte Hybridmakler, die neben digitalisierten Geschäftsprozessen Wert auf persönliche Betreuung legen.

Das beste Beispiel: McMakler. Das Unternehmen verlangt für eine erfolgreiche Vermietung 498 Euro. 500 Wohnungen hat der Dienstleister nach eigenen Angaben im ersten Jahr bundesweit vermittelt, 250 davon in Berlin und Brandenburg. Momentan habe man 100 freie Mietwohnungen in Berlin im Angebot, die Mehrzahl für eine Monatskaltmiete zwischen 800 bis 1000 Euro.

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