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Allein auf der Grundlage von Baukinderkindergeld lässt sich nicht bauen.

© Kai Remmers/dpa

Baufinanzierung: Vermögensmillionären steht Baukindergeld zu

Eigentlich sollten mit dem neuen Baukindergeld junge Familien gefördert werden. So weit die Idee, aber die Praxis kann ganz anders aussehen.

Viele Familien beantragen derzeit das neue Baukindergeld. Pro Kind gibt es dabei über die Dauer von zehn Jahren 1200 Euro jährlich. Wichtig sind laut der KfW Bankengruppe das Alter und der Wohnort der Kinder zum Zeitpunkt der Antragstellung. Jedes Kind, für das die Förderung beantragt werden soll, muss zu Hause wohnen und unter 18 Jahren alt sein. Für Kinder, die nach der Antragstellung geboren werden, gibt es dagegen keine Förderung.

Ist der Antrag gestellt und das Kind geht bald darauf zum Beispiel für ein Jahr ins Ausland oder zieht zum Studium in eine andere Stadt, wird das Baukindergeld trotzdem für die Dauer von zehn Jahren gezahlt. Die Förderung erlischt nur dann, wenn das Haus nicht mehr selbst genutzt wird. Das Baukindergeld können Familien und Alleinerziehende mit mindestens einem Kind beantragen, entscheidend ist das jährliche zu versteuernde Haushaltseinkommen. Je mehr Kinder im Haushalt leben, desto höher darf das Einkommen sein.

„Gefördert wird dabei ausschließlich der Ersterwerb“, schreibt Marco Wanderwitz, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat an die Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion und der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, „das heißt der erstmalige Kauf oder Neubau, von selbstgenutztem Wohneigentum in Deutschland.“

Aktiendividenden tauchen im Steuerbescheid nicht auf

Beim Erwerb von Neu- oder Bestandsbauten muss der notarielle Kaufvertrag zwischen dem 1. Januar 2018 und dem 31. Dezember 2020 unterzeichnet worden sein.

Eigentlich sollen mit dem neuen Baukindergeld sogenannte Normalverdiener mit Kindern beim Erwerb von Wohneigentum finanziell gefördert werden. Deshalb ist die Einhaltung einer bestimmten Einkommensgrenze eines von mehreren Anspruchskriterien. Doch nach Erkenntnissen des Immobilien-Infoportals www.wohnen-und-bauen.de können – zumindest theoretisch – sogar Vermögensmillionäre mit sehr hohen Dividenden- oder Zinseinnahmen Anspruch auf Baukindergeld haben.

Die Einkommensgrenze als eines der Kriterien für den Bezug von Baukindergeld beträgt 75 000 Euro. Dabei handelt es sich um den Durchschnitt des sogenannten zu versteuernden Einkommens im zweiten und dritten Jahr vor Antragstellung auf Baukindergeld. Da für jedes minderjährige Kind, das bei Einzug in die erworbene Immobilie im Haushalt der Eltern lebt, ein Freibetrag von 15 000 Euro gewährt wird, kann das Brutto-Haushaltseinkommen zum Beispiel einer vierköpfigen Familie durchaus deutlich mehr als 100 000 Euro im Jahr betragen.

Wer Baukindergeld beansprucht, muss anhand seiner Einkommensteuerbescheide nachweisen, dass er die Einkommensgrenze nicht überschreitet. Doch nach geltendem Einkommensteuerrecht müssen nicht alle Einkünfte abgerechnet werden. So tauchen im Steuerbescheid beispielsweise Kapitalerträge wie Aktiendividenden und Sparzinsen nicht auf.

Die Rechtslücke kann kuriose Folgen haben

Dafür gibt es einen einfachen Grund: Beide unterliegen der sogenannten Abgeltungssteuer (25 Prozent plus Soli-Zuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer). Somit werden gleich an der Quelle knapp dreißig Prozent der Dividenden bzw. Zinsen abgezogen, und der Fall ist für’s Finanzamt erledigt, argumentiert das Immobilienportal.

Die Folge: Wer aufgrund eines ansehnlichen Vermögens sehr hohe Dividenden- und/oder Zinseinnahmen hat, aber ein vergleichsweise geringes Erwerbseinkommen von nur einigen 10 000 Euro in einem Kalenderjahr, hält die Einkommensgrenze ein und könnte somit Baukindergeld beanspruchen. Das ist steuerrechtlich nicht zu beanstanden und kann kuriose Folgen haben, wie das Immobilien-Infoportal www.wohnen-und- bauen.de vorrechnet:

Ein 55-jähriger Mann wohnt ein Leben lang zur Miete und hat auch noch nie Wohneigentum besessen. Zum Haushalt gehören seine Lebensgefährtin sowie zwei Kinder, beide noch minderjährig. Der Mann hat vor einigen Jahren ein Aktiendepot im Wert von vier Millionen Euro geerbt. Im Jahr 2018 bekam er rund 160 000 Euro Dividenden ausgezahlt. Davon verblieben ihm nach Abzug von Abgeltungssteuer & Co. gut 110 000 Euro. Der Mann arbeitet hin und wieder freiberuflich als IT-Berater. Sein zu versteuerndes Einkommen betrug im Schnitt der vergangenen Jahre 30 000 Euro.

Trotz seiner sehr hohen Kapitaleinkünfte hält er Einkommensgrenze ein und hätte, sofern auch die anderen Voraussetzungen erfüllt wären, beim Erwerb von Wohneigentum Anspruch auf insgesamt 24 000 Euro Baukindergeld in den kommenden zehn Jahren für seine beiden Kinder. Auf Anfrage wurde dies von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die das Baukindergeld organisatorisch abwickelt und die Anträge auf Einhaltung der Anspruchskriterien prüft, bestätigt.

Nach dem jeweiligen Landesbaurecht sind nur anzeigepflichtige Vorhaben förderfähig, wenn die zuständige Kommune nach Maßgabe der jeweiligen Landesbauordnung durch die Bauanzeige Kenntnis erlangt hat und mit der Ausführung des Vorhaben zwischen dem 1. Januar 2018 und dem 31. Dezember 2020 begonnen werden durfte.

Nach Einschätzung des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) ist der Wirkungsgrad des Baukindergeldes desto größer, je günstiger der Kaufpreis ist. Zudem gilt: Je kleiner das Einkommen, desto größer der Effekt.

(mit dpa)

Weitere detaillierte Informationen: www.kfw.de/424

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