zum Hauptinhalt
Der Mann mit dem Bart übergibt das Ifo-Präsidentenamt an Clemens Fuest. Hans-Werner Sinn will künftig „forschen, wie’s mir grad gefällt“.

© Mike Wolff

Ifo-Institut: Hans-Werner Sinn hört auf

Hans-Werner Sinn, Hansdampf in allen Gassen, tritt als Präsident des Münchener Instituts ab. Der 47-jährige Clemens Fuest wird Nachfolger.

Das Abschiedsgeschenk trägt einen programmatischen Titel. „Hans-Werner Sinn und 25 Jahre deutsche Wirtschaftspolitik“ heißt der Sammelband, in dem sich alle möglichen Zeitgenossen auslassen über diesen Hans-Werner Sinn, der nie nur in der Wissenschaft, sondern auch in der sozioökonomischen Debatte mitmischen wollte. An diesem Donnerstag kommt er zum letzten Mal als Präsident ins Münchener Ifo Institut, um die Abschiedsblumen in Empfang zu nehmen und seinen Nachfolger Clemens Fuest einzuführen. Der 47-Jährige Fuest war zuletzt Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. Er studierte Volkswirtschaft und promovierte in Köln über die „Fiskalverfassung für die Europäische Union“. Nun freue er sich „riesig“ auf den neuen Job, ließ Fuest verlauten und betonte die gute Verfassung des Ifo Instituts, das neben dem Berliner DIW an der Spitze der Wirtschaftswissenschaftlichen Institute hierzulande steht. Vor allem wegen Sinn, der 17 Jahre Präsident war. Und sich immer mit Freude ins Getümmel stürzte.

"Sinn ist ein Dogmatiker der eigenen Ideen"

„Es nervt, wenn bekannte Wirtschaftsprofessoren einfach empfehlen: Lasst ruhig Banken und Länder pleitegehen – weil es so in den Lehrbüchern steht“, ärgerte sich 2012 der Präsident des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut, Thomas Straubhaar. „Solche Leute spüren keine Verantwortung“, schimpfte Straubhaar und hatte dabei einen der prominentesten deutschen Ökonomen im Blick. Hans-Werner Sinn hatte mit 170 anderen Ökonomen die Euro-Krisenpolitik scharf kritisiert und gegen Hilfen für Banken und Länder argumentiert. Später entdeckte Sinn die Target-Falle und schrieb ein Buch über den vermeintlichen Mittelabfluss im europäischen Zentralbankensystem von Nord nach Süd, von starken zu schwachen Ländern. „Das war weitaus harmloser, als er behauptet hat“, sagt Gustav Horn zum Target-Thema. Horn ist als Chef des gewerkschaftlichen IMK ein linker Gegenspieler von Sinn, dem er immerhin zugesteht, sich mit der ökonomischen Realität auseinanderzusetzen. Und doch ist Sinn für Horn ein „Dogmatiker seiner eigenen Ideen“, die er halsstarrig propagiere. Zum Beispiel die „Basar-Ökonomie“, in der die industrielle Wertschöpfung hierzulande permanent zurückgehe. Der Anteil der Industrie am deutschen Bruttoinlandsprodukt und die hohe Beschäftigung sprechen dagegen.

Clemen Fuest.
Clemen Fuest.

© picture alliance / dpa

Fuest ist für die Senkung des Mindestlohns

„Hans-Werner Sinn: Ein Ökonom und Treiber des politischen Diskurses“ hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) seinen kleinen Abschiedstext über den „aufrechten Neoliberalen“ (Jürgen Trittin) überschrieben. Nachfolger Fuest hat durchaus auch Ambitionen in der wirtschaftspolitischen Debatte. Kürzlich gab er einen Hinweis, wo er steht. Im Zusammenhang mit der Flüchtlingsproblematik plädierte Fuest für einen geringeren Mindestlohn hierzulande: „Man sollte ihn mindestens einfrieren, besser sogar senken, denn die Lage hat sich geändert“, sagte Fuest in einem Interview und folgte damit der Sinn’schen Logik, wonach für die Höhe der Beschäftigung allein die Höhe der Löhne relevant sei. Für Horn ist das „unvollständiges Denken“. Und dennoch freut sich der IMK-Mann auf Fuest, weil der „kein Ideologe ist und offen für Argumente“.

Zur Startseite