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Hypovereinsbank-Vorstand Beumer: „Auch Unternehmer sollen in Minuten ein Konto eröffnen können“

Markus Beumer, Vorstand der Hypovereinsbank, spricht im Interview über die Digitalisierung des Bankgeschäfts, die Arbeit mit Start-ups und Tech-Börsengänge.

Von Carla Neuhaus

Herr Beumer, Sie sind bei der Hypovereinsbank für das Firmenkundengeschäft zuständig. Wie geht es den Unternehmen?

Bei Herstellern von Konsumgütern und in der Immobilienwirtschaft sehen wir weiterhin starke Zahlen. Gleichzeitig stehen aber Automobilindustrie, Zulieferer und Maschinenbauer durch das schwächere Wachstum in China und die Unsicherheiten im Welthandel vor neuen Herausforderungen. Viel hängt zudem von der Frage ab, wie schnell deutsche Hersteller auf die Produktion von Elektroautos umstellen. Das hat wiederum Folgen für die Maschinenbauer, die dann ganz andere Entwicklungs- und Produktionsanlagen liefern müssen. Die Unternehmen sind finanziell derzeit aber sehr gut aufgestellt und wissen unserer Einschätzung nach mit den neuen Anforderungen umzugehen.

Woran machen Sie das fest?

Nicht zuletzt seit der Finanzkrise sind viele Firmen krisenerprobt und besser auf unerwartete Entwicklungen vorbereitet. Das sehen Sie etwa daran, dass einige jetzt wieder auf Kurzarbeit setzen – ein Instrument, das sich damals durchaus bewährt hat. Die Unternehmen profitieren davon, dass sie bereits Vereinbarungen mit den Betriebsräten getroffen haben, die sie nun reaktivieren können.

Auch für Banken ist die Lage derzeit nicht einfach. Die Konditionen für Kredite sind im Keller. Können Sie mit Firmenkrediten überhaupt noch Geld verdienen?

Die Margen im Kreditgeschäft sind tatsächlich gering. Der Firmenkredit ist aber auch ein Ankerprodukt: Damit stärken wir die Beziehung zu unseren Kunden. Entscheidend ist am Ende, ob die Geschäftspartnerschaft mit einem Kunden insgesamt profitabel ist. Das heißt, ob wir etwa auch Handelsgeschäfte für ihn absichern oder seine Überweisungen abwickeln. Wir verdienen zum Beispiel im Zahlungsverkehr pro Transaktion eher wenig, bei gruppenweit 26 Millionen Kunden kommt aber einiges zusammen.

Von Kunden mit hohen Summen auf dem Konto nehmen Sie zudem Strafzinsen...

Die Kompensationen für Negativzinsen betreffen überwiegend Geschäfte mit Banken und institutionellen Anlegern. Wir geben die negativen Einlagenzinsen der Europäischen Zentralbank aber nicht eins zu eins an unsere Kunden weiter. Auch Firmenkunden sprechen wir diesbezüglich nur an, wenn sie besonders hohe Summen auf ihren Konten parken.

Wo ziehen Sie die Grenze?

Das entscheiden wir individuell. Es ist immer auch ein Geben und Nehmen. Kürzlich hatten wir eine Firma, die die Zahl ihrer Bankverbindungen von acht auf drei reduziert hat. Dadurch steigen die Einlagen bei den verbleibenden Instituten. In diesem Fall haben wir entschieden, die Einlagen nicht zu bepreisen, weil wir mit dem Kunden künftig auch mehr Geschäft machen werden.

Sie waren einige Zeit im Vorstand der Commerzbank, bevor Sie zur Hypovereinsbank zurückgekommen sind. Es gibt immer mal wieder Gerüchte, dass ihr Mutterkonzern, die Unicredit, die Commerzbank übernehmen will. Was ist da dran?

Unser gruppenweiter Strategieplan basiert darauf, aus uns selber heraus zu wachsen und nicht durch Zukäufe. Die Hypovereinsbank ist mit ihrer 150-jährigen Tradition im deutschen Markt und als Teil der Unicredit stark genug, um mit bestehenden und neuen Kunden weiter zu wachsen. Anders als viele Konkurrenten haben wir frühzeitig unsere Hausaufgaben gemacht. Die Kosteneffizienz, die wir heute haben, müssen sich andere Institute erst noch erarbeiten. Wenn Teile der Konkurrenz jetzt vor allem mit sich selbst beschäftigt sind, dann kann uns das nur recht sein.

Als Vorstand sind Sie zur Hypovereinsbank unter anderem mit dem Auftrag zurückgeholt worden, das Firmenkundengeschäft zu digitalisieren. Was planen Sie?

Uns geht es zunächst einmal darum bestehende Prozesse zu optimieren. Früher hat die Kontoeröffnung für Unternehmer zum Beispiel recht lange gedauert, weil zig Formulare unterschrieben werden mussten. Derzeit sind wir dabei, auf eine digitale Kontoeröffnung samt Videoidentifikation umzustellen. Auch Unternehmer sollen binnen Minuten papierlos ein Konto bei uns eröffnen können – so wie Privatkunden. Das ist ein großer Fortschritt.

Wird auch die Kreditvergabe digitalisiert?

Wir arbeiten daran, die Kreditprozesse schneller und digitaler zu machen. Komplett wird die Kreditvergabe in absehbarer Zeit aber nicht digitalisiert. Das wäre nicht im Interesse der Unternehmen.

Warum nicht? Ratenkredite können Verbraucher online binnen Minuten erhalten.

Bei Unternehmen ist die Kreditentscheidung komplexer. Wir wollen es neuen Firmenkunden zum Beispiel nicht zumuten, 25 Minuten lang ihre Bilanzdaten einzugeben. Da sagen wir lieber: Schicken Sie uns die Unterlagen und wir übernehmen die Daten, die wir brauchen. Das zeigt: Digitalisierung bringt nur etwas, wenn der Kunde tatsächlich einen Vorteil hat.

Was können Sie sich diesbezüglich von Finanz-Start-ups lernen?

Banken müssen sich noch stärker als Dienstleister begreifen statt ausschließlich als Anbieter von Finanzprodukten. Viele kleine Unternehmen hantieren zum Beispiel mit Exceltabellen, um sicherzustellen, dass stets genug Geld auf dem Konto liegt, um Rechnungen zu begleichen. Diese Liquiditätssteuerung können wir ihnen abnehmen, indem wir ihnen ein entsprechendes Onlinetool bereitstellen. Selbständige und kleine Unternehmen, die keine Software wie SAP nutzen, profitieren davon enorm.

Damit nähern Sie sich den Start-ups an.

Fintechs ergänzen eher die Angebote von Banken. Wir haben aber einen entscheidenden Vorteil: den Kontakt zum Kunden.

Da könnten Sie sich doch zusammentun.

Selektiv machen wir das auch. In vielen Fällen halte ich das aber nicht für die beste Option. Als Bank prüfen wir deshalb immer: Welche Ideen gibt es am Markt und welche davon können wir eventuell auch in Eigenregie umsetzen.

Als Kunden wollen Sie aber Start-ups durchaus gewinnen. In Berlin haben Sie dafür ein eigenes Team mit zehn Leuten aufgebaut. Warum? Schließlich kommen Startups anfangs nicht für einen Kredit in Frage.

Speziell Start-ups aus dem Techbereich brauchen neben einer Kontoverbindung aufgrund ihres schnellen Wachstums häufig sofort Hilfe beim internationalen Zahlungsverkehr und Währungsgeschäften. Außerdem ist es als Bank von Vorteil, sie früh zu begleiten, um besser abzuschätzen, ab wann sie dann für einen Bankkredit oder sogar eine Kapitalmarktfinanzierung in Frage kommen. Den Berliner Lieferdienst Delivery Hero zum Beispiel haben wir fast von Beginn an betreut. Inzwischen ist das ein großer Konzern, den wir auch beim Börsengang begleitet haben.

Werden wir in der nächsten Zeit mehr Börsengänge deutscher Techfirmen sehen?

Ja, mit Sicherheit. Wir haben derzeit mehrere Kunden aus dem Techbereich, die gerne an die Börse gehen würden. Allerdings muss dafür das Timing stimmen. Firmen tun sich mit der Ausgabe neuer Aktien immer dann leichter, wenn sich der Markt in einer Aufwärtstendenz befindet. In diesem Jahr aber haben wir an der Börse ein ziemliches Auf und Ab gesehen. Daher hängt viel davon ab, wie sich die Märkte nach der Sommerpause entwickeln werden.

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