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Große Modeketten wie H&M lassen in Bangladesch oder Kambodscha produzieren. Eine Verkäuferin hat sich die Verhältnisse bei den Zulieferern angsehen

© dpa

H&M Verkäuferin über die Textilbranche: „Ich verkaufe mit reinem Gewissen“

Laura Bresson ist Verkäuferin bei H&M. In Bangladesch hat sie sich die Arbeitsbedingungen der Zulieferer angesehen. Im Interview spricht sie über Kinderarbeit, ein neues Bewusstsein der Kunden und warum sie trotzdem weiter für das Unternehmen arbeitet.

Frau Bresson, die Kleidung, die Sie bei H&M verkaufen wird auch in Kambodscha hergestellt. Dort wehren sich die Menschen mit Massenprotesten gegen ihre Arbeitsbedingungen. Kommen Sie damit klar?

Jedes Mal, wenn ich es in den Nachrichten sehe, finde ich es erschreckend. Die Unternehmen müssten viel mehr Druck auf die Zulieferer ausüben, damit es den Menschen besser geht.

Wieso arbeiten Sie dann überhaupt für das Unternehmen?
Als ich angefangen habe, war ich gerade 18. In dem Alter setzt man sich nicht so damit auseinander. Ich habe die Kleidung gerne getragen und stand H&M positiv gegenüber.

Jetzt sind Sie Betriebsrätin und haben Zulieferer von H&M in Bangladesch besucht. Wie hat sich Ihre Meinung geändert?
Sie haben uns ganz klar eine Vorzeigefabrik gezeigt. Trotzdem war ein Notausgang versperrt. Es gab keine Feuerlöscher, nur einen Eimer mit Wasser. Auch Kinder haben dort gearbeitet. Ich fand das erschreckend. Ich glaube dem Unternehmen, dass es gegen Kinderarbeit ist. Aber die Arbeiter haben keine andere Wahl. Auch H&M hat Schuld. Würden sie und andere Ketten mehr zahlen, würden die Eltern ihre Kinder niemals zur Arbeit schicken.

Interessiert die Kunden, die Sie bedienen, wer ihre Kleidung zusammennäht?

Immer mehr fragen, woher die Ware kommt – ob sie mit reinem Gewissen einkaufen können. Ich bin dann sehr ehrlich.

Nach allem was Sie wissen, müssten Sie vom Kauf abraten.

Diese Einstellung hatte ich, als ich in Bangladesch war. Die Näherinnen sagten mir aber, dass sie das nicht wollen. Wenn H&M keinen Profit mehr macht, hätten sie gar keinen Job mehr. Womit sie aber nicht leben können, ist, dass ihre Arbeit so schlecht bezahlt wird.

Tausende Arbeiter sind in Bangladesch in maroden Fabriken bei Bränden oder Einstürzen schon gestorben. Was muss passieren, damit Sie diese Kleidung nicht mehr verkaufen wollen?

Ich nehme mir Zeit und erkläre den Kunden, woher die Ware kommt. Ich schaffe ein Bewusstsein.

Sie weichen der Frage aus.

Der Verkauf macht mir Spaß. Wenn ich aufhöre, nutzt es den Arbeiterinnen nichts. Als Verkäuferin kann ich die Kunden direkt informieren. Ich übe Druck aus, auch über die Presse. Anders kriegt man die Unternehmen leider nicht. Ich kann mit reinem Gewissen sagen, dass ich etwas tue. Deswegen kann ich die Sachen auch weiter verkaufen.

Laura Bresson ist Verkäuferin bei H&M und Betriebsratsvorsitzender einer Filiale in Wiesbaden.
Laura Bresson ist Verkäuferin bei H&M und Betriebsratsvorsitzender einer Filiale in Wiesbaden.

© privat

Laura Bresson, 24, ist Betriebsrats vorsitzende einer H&M-Filiale in Wiesbaden und arbeitet als Verkäuferin.

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