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Statt die Mehrwertsteuer zu senken, muss jetzt Firmen gezielt geholfen werden.

© dpa

Herbstgutachten zeigt starken Wirtschaftseinbruch: Die Regierung muss jetzt gezielt gegensteuern

Die Wirtschaft bricht stärker ein, als im Frühjahr erwartet. Zeit nachzubessern – und die Verteilungsfrage zu stellen. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Carla Neuhaus

Trotz des massiven Konjunkturpakets bricht die Wirtschaft in Deutschland stärker ein, als das Ökonomen noch im April für möglich gehalten haben. Glaubt man den führenden Wirtschaftsforschungsinstituten, wird das Minus in diesem Jahr bei 5,4 Prozent liegen. Das zeigt wie unberechenbar diese Krise ist. Und wie schwierig es für die Politik ist, den Wirtschaftseinbruch einzudämmen.

In kaum einem anderen Land hat die Regierung so viele Milliarden ausgegeben, um Unternehmen zu stützen und Jobs zu erhalten. Kurzarbeit braucht man gar nicht mehr ins Englische übersetzen, längst ist sie im Ausland ein Begriff. Und doch fällt die Rezession auch hierzulande heftig aus. Das heißt nicht, dass die Maßnahmen der Regierung falsch waren. Es zeigt aber, dass wir ihre Wirkung nicht überschätzen dürfen. Selbst mit Milliarden kann die Politik eine solche Rezession nur abmildern, nicht stoppen.

So steigen derzeit nicht nur die Coronafälle. Es zeigt sich auch, wie fragil die Wirtschaft weiterhin ist. Von Erholung mag mancherorts die Rede sein, von Stabilität noch lange nicht. Selbst ohne einen zweiten Lockdown wird es bis Ende 2021 dauern, bis unser Land über die Wirtschaftskraft verfügt, die es vor Ausbruch der Pandemie besessen hat. Noch mehr Zeit wird vergehen, bis wir auf dem Stand sind, auf dem wir Ende 2021 ohne Corona gewesen wären.

Die Politik muss deshalb nun auf die langfristigen Folgen dieser Pandemie schauen. Dazu gehört, Schulen und Schüler flächendeckend mit der nötigen Technik auszustatten, damit der Unterricht auch daheim funktioniert. Sonst riskieren wir, dass Kinder aus sozial benachteiligten Haushalten ihre Perspektive verlieren.

Gezielte Hilfen sind sinnvoller als pauschale Unterstützung

Überhaupt sollte die Regierung zielgenauer arbeiten: Hilfe brauchen jetzt diejenigen, deren Geschäftsgrundlage wegbricht – Hotels, Konzertveranstalter, Theater. Statt pauschal alle Deutschen über eine niedrigere Mehrwertsteuer zu entlasten, muss die Regierung also prüfen: Wer braucht Geld und wer kann etwas entbehren?

Klar: Verteilungsfragen sind immer schwierig zu beantworten. Aber sich damit zu beschäftigen, ist heute drängender denn je. Zumal Corona die Ungleichheit noch vergrößert, Reiche reicher, Arme ärmer macht. Diskutieren wir, wer welche Kosten dieser Krise tragen kann und soll. Denn die Rezession ist irgendwann vorbei, unsere Zukunft fängt gerade erst an.

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