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Gefährdet: Katzen können Covid-19 bekommen.

© picture alliance / ZB

Haustiere können sich infizieren: Corona-Gefahr für Katzen – Meldepflicht soll kommen

Bundesagrarministerin Klöckner will einen Überblick über infizierte Haus- und Zootiere. Die Besitzer haben davon nichts, außer Kosten.

In der Coronakrise kommen viele Bundesbürger auf den Hund. Oder auf die Katze. „Die Anschaffung von Haustieren nimmt zu“, sagt Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU). Gerade in Coronazeiten würden sich Menschen einen „treuen Gefährten“ wünschen.

Dabei sind die Deutschen ohnehin schon große Tierfreunde. 31 Millionen Haustiere leben in deutschen Haushalten, davon sind fast die Hälfte Katzen. 

Doch viele Tierhalter sind besorgt. Sie haben Angst, dass sich ihr Tier mit Sars-CoV-2 anstecken und das Virus an sie weitergeben könnte. „Wir haben unglaublich viele Anfragen“, berichtete Klöckner am Dienstag in Berlin.

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Will eine Meldepflicht: Bundesagrarministerin Julia Klöckner.
Will eine Meldepflicht: Bundesagrarministerin Julia Klöckner.

© imago images/Metodi Popow

Um einen Überblick über die tierischen Infektionen zu bekommen, will die Ministerin eine Meldepflicht für infizierte Haus- und Zootiere einführen. Der Bundesrat soll ihrer Verordnung am 3. Juli zustimmen. 

Positive Testergebnisse sollen Tierärzte oder Veterinärämter dann an das Ministerium und an das auf Tierseuchen spezialisierte Friedrich-Löffler-Institut (FLI) weiterleiten. Das soll helfen, Risiken in Bezug auf die Gesundheit von Tier und Mensch frühzeitig erkennen zu können.

Ministerin Klöckner: keine Hinweise, dass Haustiere das Virus übertragen

Dabei sind es eher die Tiere, die gefährdet sind. „Es gibt derzeit keine Hinweise, dass Haustiere Covid-19 auf Menschen übertragen“, betont Klöckner. In den Niederlanden scheinen sich jedoch zwei Menschen bei Nerzen angesteckt zu haben, die auf einer Pelzfarm gezüchtet worden sind. In Deutschland gibt es solche Pelzfarmen nicht mehr.

Katzen, Hamster und Frettchen können sich infizieren und das Virus wahrscheinlich auch ausscheiden, sagt Achim Gruber, Chef der Tierpathologie an der Freien Universität Berlin. Weltweit gibt es allerdings gerade einmal 15 Fälle, in denen Haus- oder Zootiere positiv auf Covid-19 getestet worden sind, meist Katzen.

Coronafrei: Schweine können sich nicht anstecken.
Coronafrei: Schweine können sich nicht anstecken.

© Unsplash

Dennoch geht das FLI nicht davon aus, dass die Samtpfoten das Virus an ihre Besitzer weitergeben. Das könnte daran liegen, dass sie das Virus nicht in einer Menge oder einer Art und Weise ausscheiden, dass sie für Menschen zu einer Infektionsquellen werden. 

Neue Studien zeigen jedoch, dass das Virus auch im Katzenkot stecken kann. Wer das Katzenklo säubert, sollte daher auf Hygiene achten. 

Hunde wohl resistent

Hunde scheinen dagegen weitgehend resistent gegen das Virus zu sein. Auch Hühner und Schweine sind außen vor, hat das FLI herausgefunden, genauso wie Ratten und Mäuse. Nun testet man auf der Insel Riems Rinder, Marderhunde, Hamster, Meerschweinchen und Kaninchen auf ihre Empfänglichkeit für das Coronavirus.

Maskenhund: "Money" könnte auf den Schnauzenschutz verzichten, Hunde haben kein Covid-19-Problem.
Maskenhund: "Money" könnte auf den Schnauzenschutz verzichten, Hunde haben kein Covid-19-Problem.

© dpa

Verglichen mit den mehr als acht Millionen Menschen, die weltweit nachweislich Covid-19 bekommen haben, ist die Zahl der Krankheitsfälle bei Tieren sehr übersichtlich. Meist verlaufen die Infektionen glimpflich, viele Vierbeiner zeigen – wie die meisten Menschen – überhaupt keine Symptome. Ältere Katzen stecken eine Infektion besser weg als Kätzchen. 

Empfänglich für das Virus sind neben Katzen auch Fledermäuse und Frettchen. Beide haben keinerlei Krankheitssymptome. Die Forschung hofft, mithilfe der Frettchen zu einem Impfstoff zu kommen, der Menschen hilft. Denn bei anderen Atemwegsinfektionen haben sich die Tiere als gutes Modell für den Menschen erwiesen.

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Tests bleiben freiwillig

Die Einführung einer Meldepflicht bedeutet nicht, dass alle Haustiere auf Covid-19 getestet werden müssen. Nur Tiere, die in einem Haushalt mit Coronainfizierten leben und Symptome wie Husten oder Schnupfen zeigen, sollen überhaupt zum Tierarzt, betont Klöckner.

Wobei es für den Laien unmöglich ist, Katzenschnupfen von Covid-19 zu unterscheiden, räumt FLI-Präsident Thomas Mettenleiter ein. Für Tierhalter hat ein Coronatest übrigens wenig Vorteile: „Man kann therapeutisch nichts machen“, sagt der Institutschef. 

Genauso wenig wie bei Menschen gibt es Medikamente oder Impfstoffe für die Tiere. Und falls der Test nicht von den Behörden angeordnet wird, bleiben die Besitzer auf den Kosten sitzen. Mettenleiter schätzt diese auf einen „unteren zweistelligen Bereich“.

Was ist wenn, der Test anschlägt?

Auch was Tierfreunde tun sollen, wenn der Test positiv ausfällt, ist nicht klar. Mettenleiter empfiehlt eine 14-tägige Quarantäne für das Tier. Die könnte zu Hause in einem abgeschlossenen Zimmer durchgeführt werden oder auf einer Quarantänestation in einem Veterinäramt, schlägt er vor. Ansonsten: Hände waschen, Tier nicht in Bett lassen, nicht kuscheln.

Heim statt Tierheim: Vielen Katzen bleibt das Tierheim erspart.
Heim statt Tierheim: Vielen Katzen bleibt das Tierheim erspart.

© Kai-Uwe Heinrich

Katzen sind aber nicht nur Opfer der Coronakrise, sie sind auch die großen Corona-Gewinner. Im Tierheim Berlin, mit durchschnittlich 1300 tierischen Bewohnern das größte Tierheim Deutschlands, landen derzeit deutlich weniger Samtpfoten als sonst üblich. 

In den vergangenen zehn Wochen sind 38 Prozent weniger Katzen ins Tierheim gekommen als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum, sagte die Sprecherin des Berliner Tierschutzvereins, Annette Rost, dem Tagesspiegel. „Normalerweise haben wir 400 bis 500 Katzen, jetzt sind es 250“, berichtet Rost.

Viele Menschen wollen Gesellschaft im Homeoffice

Obwohl das Tierheim seit März geschlossen ist, werden Tiere - nach persönlicher Terminvereinbarung - auch weiterhin vermittelt. Auch bei der Vermittlung sind vor allem Katzen gefragt und Kaninchen – Tiere, die man gut zu Hause halten kann. 

„Viele Menschen wünschen sich Gesellschaft im Homeoffice“, vermutet Rost. Nicht wenige Arbeitnehmer hatten sich zu Beginn des Lockdowns an das Tierheim gewandt, um für die Zeit des Homeoffice ein Tier aus dem Tierheim zu sich zu holen. „Gut gemeint“, sagt Rost, „aber solche Anfragen lehnen wir ab.“ Denn für die Tiere, die sich vielleicht gerade an ihr neues Leben gewöhnt haben, wäre es zu grausam, das dann wieder aufgeben zu müssen.

Mit in den Urlaub: Viele Menschen bleiben dieses Jahr im eigenen Land.
Mit in den Urlaub: Viele Menschen bleiben dieses Jahr im eigenen Land.

© Doris Spiekermann-Klaas

Auch Hunde finden derzeit schnell neue Besitzer. „Viele Tierheime haben keinen einzigen Hund mehr“, berichtet Rost. Auch in Berlin finden unkomplizierte Familienhunde derzeit oft schon wenige Stunden, nachdem sie ins Tierheim gekommen sind, ein neues Zuhause. 

Die Tierschützerin befürchtet jedoch, dass sich illegale ausländische Händler den Hundewunsch zunutze machen könnten und noch mehr Tiere nach nach Deutschland bringen, die aus einer schlechten Haltung kommen. Manchmal tarnen sich diese Geschäftemacher sogar als Tierschützer. Für echte Tierschützer ist das besonders infam. Eines dürfte vielen Hunden und Katzen in diesem Sommer erspart bleiben: dass sie wegen einer Urlaubsreise ausgesetzt oder ins Tierheim abgeschoben werden. Viele Menschen verreisen wegen Corona gar nicht oder bleiben innerhalb Deutschlands. „Wenn Sie in Urlaub fahren, nehmen Sie Ihr Tier mit“, appelliert Ministerin Klöckner an die Besitzer. Falls das nicht gehe, sollte man sich rechtzeitig um eine anständige Tierpension kümmern. Und darauf hoffen, dass dort keine Artgenossen mit Covid-19 warten.

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