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Frontwechsel. Franz Josef Jung spaziert vorbei an den Demonstranten mit ihrem ausgemusterten Panzer.

© Fabrizio Bensch/Reuters

Hauptversammlung bei Rüstungskonzern: Rheinmetall ist nah dran an der Politik

Der Düsseldorfer Autozulieferer und Rüstungskonzern Rheinmetall begrüßt einen weiteren Ex-Minister an Bord: Franz Josef Jung wird Aufsichtsrat.

Am Panzer führt kein Weg vorbei. Auch Franz Josef Jung, Bundestagsabgeordneter und Verteidigungsminister a.D., kommt am Dienstagmorgen nicht umher, das imposante Kettenfahrzeug im Flecktarn und die rund 150 Aktivisten mit den Plakaten drumherum wenigstens eines Blickes zu würdigen: Wer zur Hauptversammlung von Rheinmetall ins Maritim Hotel an der Stauffenbergstraße will, muss dem ausrangierten Kriegsgerät förmlich in den Kanonenlauf blicken. Jung will neuer Aufsichtsrat bei dem Düsseldorfer Automobilzulieferer und Rüstungsunternehmen werden; die Demonstranten fordern, dass der börsennotierte Konzern künftig nur noch Produkte für die zivile Nutzung liefert und sich vom Rüstungsgeschäft verabschiedet. Rheinmetall hält sein jährlich stattfindendes Aktionärstreffen traditionell in der Hauptstadt ab – nur wenige Meter vom Verteidigungsministerium und damit einem seiner wichtigsten Großkunden entfernt.

Rheinmetall-Chef Papperger ist in bester Stimmung

„Wir wollen Rheinmetall entrüsten“, sagt Lühr Henken, einer der Aktivisten draußen auf der Straße in sein Mikrophon. Drinnen, auf dem Podium im großen Saal des Maritim gibt sich Rheinmetall-Chef Armin Papperger in bester Stimmung. „2016 war für uns ein sehr erfolgreiches Jahr“, zieht er vor den Aktionären Bilanz. „Wir haben geliefert und können mit dem, was wir geleistet haben sehr zufrieden sein.“ Der Hersteller von Automobil-Komponenten und Rüstungsgroßgerät hat seinen Umsatz in den vergangenen zwölf Monaten um acht Prozent auf 5,6 Milliarden Euro gesteigert. Das kommt auch den Aktionären zugute: Die Dividende steigt um fast ein Drittel von 1,10 Euro auf 1,45 Euro je Aktie.

Höherer Umsatz in der Verteidigungssparte

Das Wachstum haben die Düsseldorfer dabei vor allem ihrer Verteidigungssparte zu verdanken: Dort konnte Rheinmetall den Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent steigern. Dagegen fiel das Wachstum in der Autozuliefersparte mit 2,5 Prozent deutlich schwächer aus. „Der Verteidigungsmarkt erlebt nach Jahren des Schrumpfens wieder einen Aufschwung“, freut sich Papperger. Die Rüstungbranche befinde sich zum aktuellem Zeitpunkt erst „am Beginn langfristigen Wachstums“. Die Einschätzung des Rheinmetall-Chefs fußt unter anderem auf der Forderung der Nato an ihre Mitgliedstaaten, künftig zwei Prozent ihres Bruttoinlandproduktes in Rüstungsgüter zu investieren. Die Verteidigungssparte seines Hauses bezeichnet Papperger am Dienstag als „Armee-Systemhaus“: Sein Unternehmen stattet Streitkräfte rund um den Globus unter anderem mit gepanzerten Fahrzeugen, infanteristischer Ausrüstung und Munition aus.

Bei der Bundeswehr gibt es große Ausrüstunglücken

„Es geht uns aber nicht um Aufrüstung, sondern darum, unsere Armee so vollständig auszurüsten, dass sie ihre Aufgaben professionell und sicherer erfüllen kann“, sagt Papperger mit Blick auf die künftige Rolle der Bundeswehr. Nur mit einer entsprechenden Ausstattung könnten deutsche Soldaten auch ihren wachsenden Aufgaben im Ausland und insbesondere in Europa gerecht werden. Durch das Sparprogramm der vergangenen Jahre gibt es bei den deutschen Streitkräften erhebliche – und oft kritisierte – Ausrüstungslücken. Aber nicht nur im Inland gibt es Begehrlichkeiten sondern auch international. „Wir sehen ein langfristiges Auftragspotenzial mit einem Volumen von etwa zehn Milliarden Euro“, sagt Papperger. Der Rheinmetall-Chef hofft dabei, schon bald einen oder mehrere Großaufträge an Land zu ziehen: Das gepanzerte Fahrzeug „Boxer“ sei bei Ausschreibungen in Großbritannien und Australien in der Endauswahl. Eine Order der Bundeswehr über mehrere tausend Lastkraftwagen ist offenbar bereits fast in trockenen Tüchern.

Über das Joint Venture in der Türkei kein Wort

Während Papperger in seinem Vortrag ausführlich die Innovationskraft und neue Technologien seines Konzerns würdigt, verliert er kein einziges Wort über das geplante Joint Venture in der Türkei. Dem Vernehmen nach will Rheinmetall dort in Kooperation mit den Türken Teile für Panzer produzieren. Papperger dankt den Mitarbeitern, den Vorstandskollegen und dem Aufsichtsrat für die geleistete Arbeit, den Anlegern für ihr Vertrauen. Auf die Türkei kommt der Rheinmetall-Chef erst auf ausdrückliche Nachfrage von Investoren und Anlegerschützern zu sprechen. „Was ist da genau geplant“, will ein Mann im Anzug wissen. Papperger erwähnt die 6800 deutschen Unternehmen, die in der Türkei aktiv sind. Noch sei das Land Mitglied der Nato, sagt er nur. Bei der Frage, was dort gemacht werde und was nicht, stimme man sich eng mit der Bundesregierung ab.

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