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Apple Pay ermöglicht es iPhone-Nutzern, mit dem Smartphone zu zahlen.

© REUTERS

Hat der US-Botschafter interveniert?: Wie der Streit um Apple-Pay zum Krimi im Bundestag wurde

Deutschland will den Konzern zwingen, iPhones für Bezahl-Apps anderer Banken zu öffnen. Der wehrt sich und es ist unklar, wer sich alles eingemischt hat.

Es war eine der ungewöhnlichsten Sitzungen seit dem Ende der Finanzkrise, die die Mitglieder des Finanzausschusses des Bundestages am Mittwoch erlebten. Eigentlich standen schon für 9.15 Uhr letzte Anträge zur Änderung des Geldwäschegesetzes auf der Tagesordnung. Dabei ging es um neue Vorschriften für Zahlungsdienste, der große Digitalunternehmen zwingen sollen, ihre Schnittstellen für andere Anbieter und Apps zum mobilen Bezahlen zu öffnen.

Der Adressat ist offensichtlich: Apple. Der Konzern sperrt für deutsche Banken den Zugang zur Schnittstelle auf iPhones, die für das kontaktlose Bezahlen notwendig ist (NFC), und beschränkt die Nutzung von NFC auf den eigenen Bezahldienst Apple Pay – im Gegensatz zu beispielsweise Google, das die Verwendung anderer Bezahlanwendungen auf seinen Android-Smartphones erlaubt.

Banken können daher eigene Bezahldienste nur eingeschränkt anbieten. Kritik an dieser „Blockadestrategie“ gab es von Banken immer wieder. Zuletzt ist Apple Pay auch ins Visier der EU-Kommission geraten. Vor allem die Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken drängten auf eine Öffnung und haben daher bislang im Gegenzug auch Apple Pay noch nicht angeboten. Allerdings war der Druck des Marktes und der Kunden zu stark: Inzwischen haben auch diese Banken die Einführung von Apple Pay angekündigt. „Es kann nicht sein, dass Techkonzerne ihre Plattformen ausnutzen, um andere Apps zu blockieren“, kritisiert die Vorsitzende des Finanzausschusses Bettina Stark-Watzinger (FDP).

Schlagabtausch auf Twitter

Die Pläne der deutschen Politiker alarmierten jedoch auch die Verantwortlichen in Cupertino. Verschiedene Abgeordnete berichten, dass Apple und auch die US-Botschaft im Kanzleramt interveniert hätten. US-Botschafter Richard Grenell lieferte sich daraufhin auf Twitter einen heftigen Schlagabtausch mit dem Abgeordneten Fabio de Masi (Linke). Er warf ihm vor, „Fake News im russischen Stil“ zu verbreiten, und bestritt, für Apple tätig geworden zu sein.

Die Bundesregierung will die angeblichen Anrufe weder bestätigen noch dementieren. Man pflege aufgabenbedingt in jeder Legislaturperiode Kontakte mit einer Vielzahl von Akteuren, sagte ein Sprecher. Ein Dementi klingt anders. Apple selbst erklärt, man sei „überrascht, wie plötzlich dieses Gesetzgebungsverfahren eingeleitet wurde“, und wolle mit der Bundesregierung zusammenarbeiten. Die Tagesordnung des Finanzausschusses wurde schließlich geändert und der entsprechende Antrag immer wieder nach hinten geschoben. Auch Stark-Watzinger sagt, die Regelung stand lange auf der Kippe, da anscheinend ein US-Unternehmen in letzter Minute auf höchster Ebene interveniert habe.

Eigentlich sollte die Sitzung um 13 Uhr zu Ende sein, da war immer noch nicht abgestimmt worden. „Das war ein Krimi“, sagt der digitalpolitische Sprecher der SPD, Jens Zimmermann. Doch am frühen Nachmittag wurde der Antrag schließlich von allen Abgeordneten, mit Ausnahme der AfD, angenommen. Am Donnerstag hat dann auch das Parlament den Gesetzentwurf angenommen, nun muss noch der Bundesrat zustimmen.

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Stark-Watzinger kritisiert die Vorgänge: „Wir erwarten mehr Rückgrat von der Bundesregierung, sich nicht von Einzelinteressen treiben zu lassen. Dass die parlamentarischen Prozesse derart gestört werden, darf sich nicht wiederholen.“ Die Gesetzesänderung begrüßt sie ausdrücklich und sieht darin auch einen Erfolg ihrer Oppositionsarbeit.

„Wir haben einen riesigen Schritt in Richtung gerechter Plattformökonomie gemacht. Technologieunternehmen müssen in Zukunft Bezahlung durch andere Zahlungsdienstleister ermöglichen“, sagt Zimmermann. „Damit werden die Verbraucher in Zukunft nicht mehr gezwungen, ihre Bank zu wechseln, um bestimmte Endgeräte nutzen zu können.“

Es geht auch um Amazons Alexa

Konkret verpflichtet die Änderung Unternehmen wie Apple, „technische Infrastrukturleistungen gegen angemessenes Entgelt unverzüglich und unter Verwendung angemessener Zugangsbedingungen zur Verfügung zu stellen“. Ausgenommen sind Anbieter, die von weniger als zehn Zahlungsdienstleistern in Anspruch genommen werden oder weniger als zwei Millionen registrierte Nutzer haben.

Ablehnen können sie die Forderungen zudem, wenn sachliche Gründe vorliegen und dadurch vor allem die Sicherheit der Plattform gefährdet werden könnte. Zimmermann glaubt jedoch nicht, dass die Anbieter diesen Punkt ausnutzen, um die Freigabe zu verweigern. „Man kann das nicht einfach vorschieben“, sagt Zimmermann. Genauso wie die Banken im Zuge der PSD2-Richtlinie Schnittstellen schaffen mussten, würden nun die Techkonzerne im Gegenzug den Geldhäusern Zugriff auf ihre Plattformen geben müssen.

Doch obwohl das Gesetz auf den iPhone-Hersteller abzielt, sei es explizit keine „Lex Apple“, betont Zimmermann. Schließlich könnten damit auch andere Unternehmen gezwungen werden, Schnittstellen freizugeben und Wettbewerb zu ermöglichen, ein Beispiel ist der Zugang zu Sprachassistenten wie Amazons Alexa, die auch für Zahlfunktionen wichtiger werden können.

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