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Vier Cent pro verkauftem Kilo Schweinefleisch wandern in einen Fonds.

© dpa

Haltungsbedingungen in deutschen Ställen: "Initiative Tierwohl" startet mit Kritik

Vier Cent pro Kilo Fleisch für den guten Zweck: Die Wirtschaft startet mit der "Initiative Tierwohl". Aldi, Lidl, Edeka und viele mehr machen mit. Tierschützer kritisieren die Umsetzung als mangelhaft.

Von Maris Hubschmid

Mehrere Jahre Vorbereitung hat dieser Tag gekostet, von einem „Kraftakt“ ist am Dienstag die Rede. Das Ergebnis sieht so aus: Lebensmittelhändler zahlen künftig vier Cent pro verkauftem Kilo Schweine- oder Geflügelfleisch in einen Fonds, aus dem Bauern Gelder erhalten können, wenn sie nachweislich Verbesserungen in ihren Ställen schaffen. Heu als Ergänzung zum Kraftfutter oder zehn Prozent mehr Platz pro Tier sind nur Beispiele aus einem Katalog von Maßnahmen, die die Initiative honorieren will. Je engagierter der Bauer, desto mehr Unterstützung kann er beantragen. Alle großen Ketten von Aldi bis Rewe machen mit.

70 Prozent aller Bauern sollen mitmachen

Acht Millionen Schweine, 15 Millionen Puten und 300 Millionen Hähnchen sollen so in einem ersten Schritt in artgerechtere Haltungsbedingungen gebracht werden – 70 Prozent der tierhaltenden Betriebe wollen die Initiatoren erreichen. Bis Ende 2017 stünden 255 Millionen Euro für Fördermaßnahmen bereit, erklären sie. Eingezahlt wird ab sofort, Produkte aus verbesserter Haltung sollen aber erst ab Oktober erhältlich sein.

In den Augen vieler ist das Programm überfällig: 60 Prozent der Verbraucher ist artgerechte Tierhaltung wichtig, zeigen Umfragen. Die Bio-Branche gewinnt an Marktanteilen. Gleichwohl mache Bio weniger als ein Prozent am Gesamtkonsum aus, erklärt Alexander Hinrichs, Geschäftsführer der Initiative. Die Mehrheit sei nicht bereit, für Bio deutlich mehr Geld auszugeben. Ob sie die vier Cent pro Kilo an die Kunden weitergeben, bleibt den Händlern überlassen – Bauernpräsident Joachim Rukwied hatte am Montag vorsorglich auf steigende Fleischpreise eingestimmt.

Das Logo allein sagt nichts über das Fleisch aus

Der Deutsche Tierschutzbund lobte den Ansatz der Initiative, bezeichnete die Umsetzung aber als „noch mangelhaft“. Die Honorierung von „isoliert wählbaren Teilaspekten“ führe nicht unbedingt zu einem höheren Tierschutzniveau. Auch bei der Vorstellung in Berlin gab es Irritationen und Kritik: So ist das Vorhaben, das Kupieren von Ringelschwänzen zu stoppen, vorerst aus dem Maßnahmenpaket verschwunden – das Thema sei „nicht unproblematisch“. Fragwürdig mag auch erscheinen, dass die Händler unabhängig von ihrem Angebot mit der „Initiative Tierwohl“ werben dürfen. Die vier farbigen Elemente des Logos stünden „als Sprechblasen für Dialog und Transparenz“, sagt Hinrichs. Der Verbraucher werde auf der Packung aber „nicht erkennen können, ob das Fleisch aus einem Tierwohl-Betrieb stammt“. Man wolle schließlich „kein Zwei-Klassen-Fleisch“ einführen.

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