zum Hauptinhalt
Corona dürfte das Wachstum der Weltwirtschaft drücken - die Frage ist nur, wie stark.

© Getty Images/iStockphoto

Halbierung des Wachstums möglich: Wie das Coronavirus die Weltwirtschaft ansteckt

Die OECD befürchtet wegen des Coronavirus eine Halbierung des Wachstums der Weltwirtschaft. Zudem fordert sie Konjunkturprogramme – die aber sind umstritten.

Von Carla Neuhaus

Wie schnell es gehen kann, zeigt das Beispiel von EY: 1500 Mitarbeiter musste das Beratungsunternehmen am Freitag kurzerhand nach Hause schicken, nachdem bei einem Kollegen das Coronavirus nachgewiesen worden war. Immerhin: Wenn alle Arbeitsplätze desinfiziert worden sind, sollen die meisten Angestellten an diesem Dienstag in das Düsseldorfer Büro zurückkehren können.

Dabei sind Mitarbeiter, die vorübergehend in Quarantäne geschickt werden oder ins Homeoffice wechseln, nur eine Folge des Corona-Ausbruchs auf die Wirtschaft.

Schon jetzt stockt mancherorts die Produktion, weil Teile aus Asien nicht geliefert werden. Konzerne wie Apple und Microsoft haben aufgrund von Corona ihre Gewinnprognosen gekürzt. Hotels und Einzelhändler spüren, dass kaum noch Touristen aus China kommen.

Die Industriestaaten-Organisation OECD warnt deshalb davor, die Folgen des Coronavirus-Ausbruchs zu unterschätzen. Bei einer weiteren Ausbreitung könnten etwa die Euro-Zone oder Japan im laufenden Jahr in eine Rezession rutschen. Längst geht es also nicht mehr um die Frage, ob Corona die Wirtschaft schwächt – sondern wie stark.

Coronavirus: Halbiert sich das Wirtschaftswachstum?

Sollte sich die Lage nicht bessern und immer weitere Länder von dem Virus betroffen sein, dürfte sich das Wachstum der Weltwirtschaft 2020 im Vergleich zum Vorjahr halbieren, schreibt die OECD. Und auch wenn China den Virusausbruch im ersten Quartal in den Griff bekäme und sich die Zahl der Fälle in anderen Ländern in Grenzen hielte, würde das die Welt in diesem Jahr immerhin noch 0,5 Prozentpunkte an Wachstum kosten.

Die OECD hat die Weltpolitik deshalb zum Handeln aufgefordert: „Regierungen müssen jetzt schnell und konsequent agieren, um das Coronavirus und seine wirtschaftlichen Folgen zu bewältigen.“ Die Experten bringen dabei bewusst Konjunkturprogramme ins Spiel, wie sie manche Länder bereits angekündigt haben. Die USA etwa wollen 2,5 Milliarden Dollar bereitstellen. Auch Japan und Singapur haben bereits Milliardenhilfen für die Wirtschaft zugesagt.

Deutschland könnte Steuererleichterungen vorziehen

Die Bundesregierung behält sich einen solchen Schritt ebenfalls vor. Man habe „alle Kraft, um darauf schnell, entschieden und stark zu reagieren“, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Montag. Auch bei Einhaltung der Schuldenbremse sieht er genug Spielraum, um im Zweifel gegensteuern zu können.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte: „Wir dürfen nicht zulassen, dass Corona unseren Wirtschaftsaufschwung kaputt macht.“

Statt eines klassischen Konjunkturprogramms, bei dem der Staat mehr Geld ausgibt, will er lieber Unternehmen entlasten. Dabei könnte die Bundesregierung Maßnahmen vorziehen, auf die sich der Koalitionsausschuss bereits verständigt hat: So ist etwa geplant, Personengesellschaften steuerlich besserzustellen und Unternehmen Abschreibungen auf digitale Güter wie Software zu erleichtern. Altmaier betonte: „Es geht nicht um Konjunkturprogramme im klassischen Sinne, die nur Strohfeuer auslösen.“

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will Steuerentlastungen für Unternehmen vorziehen.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will Steuerentlastungen für Unternehmen vorziehen.

© dpa

Tatsächlich ist umstritten, was klassische Konjunkturprogramme in der derzeitigen Situation bringen würden. Nach der Finanzkrise etwa hat die Bundesregierung die Wirtschaft über die Abwrackprämie angekurbelt und Verbraucher belohnt, die ein neues Auto angeschafft haben.

Coronavirus-Ausfälle: Hotelbranche hofft auf Notkredite

Leiden die Konzerne aber darunter, dass ihnen Teile fehlen, die sonst in China produziert werden, bringt das wenig. Für sinnvoller halten Ökonomen zum Beispiel Notkredite für Unternehmen. Auf die dringt derzeit etwa der Maschinenbauverband VDMA. Neben der Möglichkeit, Arbeiter in Kurzarbeit zu schicken, bräuchten Unternehmen Liquidität, um finanzielle Engpässe aufgrund von Produktionsausfällen zu überbrücken. Solche Notkredite könnte etwa die Förderbank KfW bereitstellen.

Auf sie hofft auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Denn den deutschen Hotels fehlen nicht nur die Gäste aus China, sie leiden auch unter der Absage großer Messen wie zuletzt zum Beispiel der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin.

Dehoga-Präsident Guido Zöllick fordert deshalb „effektive Liquiditätshilfen und Fördermaßnahmen, die schnell und unbürokratisch wirken.“ Denkbar wäre zudem, was China und nun auch Frankreich tun: Sie verlängern die Zahlungsfristen für Steuern und Sozialabgaben. Auch auf diese Weise kann der Staat Unternehmen Kredit gewähren.

Greifen die Zentralbanken ein?

In Finanzkreisen wird zudem darüber spekuliert, ob und wann die Zentralbanken eingreifen. Der frühere US-Notenbank-Insider Bill Nelsen hat mit Blogbeitrag Gerüchte gestreute, es könnte bereits am Mittwoch zu einer globalen Zinssenkung der Zentralbanken kommen.

Seit Tagen weisen Notenbanker daraufhin, im Notfall aktiv werden zu können. „In jedem Fall steht der EZB-Rat bereit, alle seine Instrumente anzupassen, wenn erforderlich“, sagte Luis de Guindos, Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB) erst am Montag. Dabei ist jedoch umstritten, ob eine weitere Zinssenkung etwas bringen würde. Sowohl in den USA als auch in der Eurozone sind die Leitzinsen bereits sehr niedrig. Unternehmen können also schon jetzt zu sehr günstigen Konditionen Kredite aufnehmen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false