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Unter Strom. Die Nachfrage nach Elektroautos zieht an - der Handel bietet attraktive Konditionen. Vor allem für gewerbliche Leasingkunden. Seit Montag kann auch der VW ID.3 konfiguriert werden.

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Händler bieten Elektromobilität: E-Auto-Schnäppchen mit Fußnoten

Das Konjunkturprogramm zeigt Wirkung: Elektroautos werden bei Händlern und auf Portalen zu äußerst attraktiven Konditionen angeboten. Der Vergleich zu Verbrennern lohnt sich – und ein Blick ins Kleingedruckte.

„Unser lieber Wolfgang hat ein paar Antworten“, postete das Autohaus König bei Facebook und wies auf ein Youtube-Video von Wolfgang Huber hin. Der Leiter Elektromobilität und Flotten bei der Autohandelsgruppe König (bundesweit 51 Filialen) bedankt sich darin für das große Interesse seiner Gewerbekunden an einem ganz speziellen Leasing-Angebot: Den elektrischen Renault Zoe gibt es bei König derzeit (fast) gratis – solange der Vorrat reicht. 

Und das geht so: Gewerbliche Leasingnehmer zahlen bei einer Laufzeit des Vertrags über 24 Monate und 10.000 Kilometer Jahresfahrleistung für das E-Auto monatlich 125 Euro und einmalig 3100 Euro. Im Kleingedruckten liefert das Autohaus dann nicht den Haken an der Sache, sondern eine verblüffende Rechnung. Dank der auf 6000 Euro aufgestockten staatlichen Förderung für E-Autos plus einer Händlerprämie von 3000 Euro kostet der Renault Zoe unter dem Strich für Gewerbetreibende auf den ersten Blick gar nichts. 

3000 Interessenten und 300 Verträge für den Renault Zoe zählt König bis heute. „Wir alle sind erschlagen von der Anfragenflut“, sagt Wolfgang Huber im Youtube-Video. „Ich bitte um großes Verständnis dafür, dass wir nicht alle Anfragen sofort beantworten können.“ Gut ausgestattete Zoe sind sofort lieferbar, das Einstiegsmodell in frühestens vier Monaten. 

Mit einer Förderung von 9000 Euro (6000 Euro vom Staat, 3000 Euro von der Industrie) liegt Deutschland inzwischen international weit vorne. Nur Singapur (umgerechnet 14.500 Dollar), Kroatien (11.800 Dollar) und Rumänien (11.100 Dollar) geben Autokäufern nach einer Bloomberg-Übersicht mehr dazu, wenn sie ein Elektromodell nehmen. 

Smart EQ für monatlich 9,90 Euro

Findige Händler und Vertriebsportale in Deutschland nutzen die öffentliche Starthilfe für die Elektromobilität vor allem, um Gewerbetreibende anzulocken. Diese können in einigen Bundesländern zusätzliche Kaufprämien in Anspruch nehmen, etwa (bald wieder) in Berlin oder in Baden-Württemberg. Sind sie zum Abzug der Vorsteuer berechtigt, ist die um drei Punkte auf 16 Prozent gesenkte Mehrwertsteuer außerdem ein durchlaufender Posten, gerechnet wird in Nettopreisen.

Von einem „goldenen Moment für uns“ spricht Rainer Westdoerp, Sprecher des Autoportals Carfellows. Vergangene Woche startete dort ein Dumping-Angebot für den elektrischen Smart EQ ForTwo. Für monatlich nur 9,90 Euro bekommen Gewerbetreibende das Auto bei einer Laufzeit von 36 Monaten und 5000 Kilometer jährlicher Fahrleistung. Wartezeit: zwölf Monate. Vertragspartner ist ein Autohaus im Allgäu, die Finanzierung läuft über die Mercedes-Benz Leasing GmbH. 

Kalkuliert wird so: Die Anzahlung von 6100 Euro wird vom staatlichen Zuschuss abgedeckt. Hinzu kommen aber für den Kunden die Leasingrate (9,90 x 36 = 356,40 Euro), Überführungskosten (490 Euro) und die Wartung (rund 360 Euro), zusammen gut 1200 Euro. Plus Vollkaskoversicherung. Aus optisch attraktiven 9,90 Euro monatlich werden so unterm Strich mindestens 60 Euro.

Ganz ohne Kosten ist der Kunde also nicht unterwegs. Auch beim Renault Zoe des Autohauses König ist das nicht so. Hier wird so gerechnet: 24 Monatsraten (125 x 24 = 3000 Euro) und die einmalige Sonderzahlung (3100 Euro) entsprechen zusammen dem staatlichen Zuschuss aus Umwelt- und Innovationsbonus plus Förderung für ein akustisches AVAS-Warnsignal (Acoustic Vehicle Alerting Systems) in Höhe von insgesamt 6100 Euro. Batteriemiete, Wartungs- und Überführungskosten sind inklusive. 

Aber der Kunde muss das Leasing-Fahrzeug noch versichern. Renault bietet Vollkaskotarife ab 29 Euro monatlich an – die allerdings nicht für Pflege- und Lieferdienste gelten. Hinzu kommen Kosten für die Zulassung von rund 209 Euro.

Fußnoten, Kleingedrucktes und Lockvogel-Verdacht

Den Händlern ist bewusst, dass Ihre Angebote, die mit vielen Fußnoten und Kleingedrucktem versehen sind, schnell in den Verdacht geraten, Mogelpackungen zu sein. Carfellows-Sprecher Westdoerp versichert, es habe noch keine Beschwerden oder gar Abmahnungen gegeben. „Wir haben das von Juristen absichern lassen“, sagte er Tagesspiegel Background. „Es gibt keine versteckten Kosten.“ Das gelte auch für ein Angebot einer negativen Leasingrate, mit dem das Portal vor einem Monat für Schlagzeilen sorgte.

Bei einer monatlichen Rate von 39 Euro (für 18 Monate) für einen Elektro-Smart warb Carfellows in TV-Interviews damit, dass der Kunde am Ende sogar mit dem Auto Geld verdienen konnte. Denn, so Geschäftsführerin Nina Geiss beim Sender N-TV, nach Abzug der Förderung blieben mehr als 1000 Euro in der Kasse. Nur in den Fußnoten erwähnt wurde, dass das Auto natürlich auch Vollkasko versichert werden musste und Wartungskosten von etwa 180 Euro (bei Schäden mehr) hinzuzurechnen waren. Lange blieb das Angebot nicht online, was allerdings nicht an Carfellows lag. Daimler stoppte die Auslieferung des Smart EQ zeitweise, inzwischen ist er wieder lieferbar.

„Solche Angebote sind unseriös“, meint Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research. Er hält Anzeigen, deren Details der Kunde nur im Kleingedruckten findet, sogar für „abmahnfähig“. „Auch Gewerbetreibende sollten vorsichtig bei Lockvogelangeboten und irreführender Werbung sein“, warnt Dudenhöffer. In der Leasingbranche sind plakative Offerten mit Negativraten nicht gern gesehen, weil de facto alle Anbieter Geld verdienen wollen und keine Kalkulation am Ende dazu führt, dass dem Kunden Geld angeboten wird. Von Rufschädigung ist die Rede.

Hersteller unter Vertriebsdruck wegen CO2-Grenzwerten

Hintergrund der aggressiven Vertriebsmethoden ist der Druck, unter dem die Hersteller stehen, 2020 noch ausreichend CO2-freie Neuwagen in den Markt zu bringen, damit die Klimabilanz ihrer Neuwagen-Flotte stimmt. Allerdings müssen die Autobauer beim Timing aufpassen: Da das Jahr 2020 als Ausgangsjahr für die Bemessung künftiger CO2-Reduzierungen in der EU gewertet wird, wollen die Unternehmen im laufenden Jahr auch nicht zu viele E-Autos absetzen. Angesichts langer Lieferzeiten, die bis ins kommende Jahr reichen, ist dieses Thema aber wohl beherrschbar. 

Unabhängig davon lohnt sich für gewerbliche Kunden (aber auch für Private) ein Preisvergleich zu herkömmlichen Automodellen mit Benzin- oder Dieselmotor. So bietet zum Beispiel auch Volkswagen aktuell sehr günstige Leasingraten für den VW E-Up an. Aber nicht nur im Leasing, auch beim Kauf oder der Finanzierung von E-Autos locken die Händler mit attraktiven Konditionen. Renault hat die herstellerseitige Prämie um 1000 auf 4000 Euro aufgestockt. Hyundai und Kia legen sogar 2000 Euro auf ihren Prämienanteil drauf.

Die langen Lieferzeiten führen dazu, dass der Nachfrageeffekt bei den Neuzulassungen und Förderanträgen noch nicht ablesbar ist. Aber es gibt Frühindikatoren: Auswertungen der beiden großen Online-Neuwagenvermittler Carwow und Meinauto zeigten kürzlich, dass sich der Anteil der reinen Elektroautos an den Konfigurationen auf der Homepage der Anbieter von Mai auf Juni mehr als verdoppelt hat.

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