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So sieht es normalerweise bei einem Hackathon aus. Diesmal trafen sich die Programmierer im Internet.

© imago

Hackathon im Netz: Programmierer tüfteln an Lösungen gegen die Corona-Krise

Mehr als 40.000 Menschen haben online an einem Hackathon der Bundesregierung teilgenommen. Gemeinsam haben sie Ideen entwickelt, die in der Corona-Krise helfen.

Die größte Computerparty der Welt fand über das Wochenende in Deutschland statt. Und sie hatte einen ernsten Hintergrund: Unter dem Motto "WirvsVirus" versuchten zehntausende Menschen gemeinsam digitale Lösungen gegen die Coronakrise zu finden. Die Bundesregierung organisierte von Freitag bis Sonntagabend gemeinsam mit sieben zivilgesellschaftlichen Partnern einen sogenannten Hackathon. Das sind Veranstaltungen mit dem Ziel innerhalb einer bestimmten Zeit gemeinsam Software für ein bestimmtes Problem zu entwickeln. 

In diesem Fall galt es gleich mehrere Probleme zu lösen. Wie können wir Kinderbetreuung in Zeiten von Corona sicherstellen? Wie können Fakenews bekämpft werden? Wie behalten wir den Überblick über aktuelle Zahlen zu Infizierten? Wie können wir Nachbarschaftshilfe digital organisieren? Bis hin zu: Wie kann sichergestellt werden, dass direkt vermarktete Erdbeeren und Spargel in der Krise noch zu ihren Kunden finden? 

Das Ergebnis: 1500 Ideen und Anwendungen

Über 700 solcher eingereichten Herausforderungen wählten die Organisatoren vor dem Start am Freitagabend aus, herausgekommen sind am Ende 1500 Ideen und Anwendungen. Mehr als 40.000 Menschen hatten sich bei der Initiative gemeldet, die genutzte Kommunikationsplattform Slack hielt den Anforderungen anfangs nicht Stand. Auf Twitter schaltete sich daraufhin sogar der kanadische Chef des Messengerdienstes ein. Wenn auch mit Verzögerung, funktionierte schließlich alles, die Teilnehmer fanden sich Freitagabend in Teams zusammen und begannen loszuprogrammieren. Ein Weltrekordversuch, wie manche Nutzer in sozialen Medien meinten.

„So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt der 25-jährige Cornelius, der bereits Erfahrungen mit Hackathons sammelte. Er studierte Physik in Cambridge und ist nun selbstständig im Bereich Marktforschung aktiv. Normalerweise, so Cornelius, treffe man sich physisch während einer solchen Veranstaltung. Durch Corona war das nicht möglich: „Wir haben alle komplett digital gearbeitet, haben uns über Messenger geschrieben, Videocalls organisiert und viel telefoniert - fast niemand kannte sich vor dem Wochenende. 

Viele haben sogar vergessen, zu essen und zu schlafen

Auch wenn der Start sehr chaotisch war, und einige Teilnehmer zu Beginn oder im Laufe des Wochenendes ausstiegen, dauerte es nicht lange, dass die Teams ihren Fokus fanden. Dabei halfen laut Angaben der Veranstalter auch mehr als 1500 Unternehmen und Start-ups, die die Teilnehmer unterstützten. Viele Teams hätten sogar vergessen zu essen und zu schlafen, berichtete Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU), die als eine der Mentorinnen der Initiative fungierte, in einer Videonachricht an alle Teilnehmer am Sonntagmorgen. 

„Wir arbeiteten etwa an einer Lösung, um zu überprüfen, wie die Bevölkerung Social Distancing umsetzt“, erzählt Cornelius. Verschiedenste Datenquellen musste dafür zusammengesucht und miteinander verbunden werden. Eine kam vom US-Großkonzern Google, der für seinen Kartendienst Google Maps zusammenträgt, wie frequentiert Restaurants, Sehenswürdigkeiten und andere Orte in einer Stadt sind. Will auf diese Daten zugreifen, muss man normalerweise zahlen. Google erleichterte dem Datenteam, in dem sich Cornelius befand, den Zugang.

„Zusätzlich haben wir in unsere Lösung noch viele andere Quellen integriert, in manchen Städten gibt es zum Beispiel Lichtschranken, die den Bewegungsstrom an manchen Hotspots messen.“ Forschungseinrichtungen wie das Fraunhofer Reallabor in Lemgo lieferten kommunale Daten. Öffentliche Webcams sorgten für Echtzeit-Bilder, ein Algorithmus zählt die darauf zu sehenden Menschen automatisch. Auf den Datenschutz wurde geachtet, so Cornelius: „Alle Daten sind aggregiert, wir nutzen keine personenbezogenen Daten.“ Erste Ergebnisse seines Teams am Wochenende zeigten: Das gesellschaftliche Leben ist vielerorts auf bis zu einem Viertel des Normalbetriebs heruntergefahren.

Die Organisatoren, die sich zum Teil selbst noch nicht persönlich kennenlernten und zu denen federführend das Fellowship-Programm Tech4Germany oder auch der vom Bundesforschungsministerium geförderte Prototype Fund gehörten, ließen die Teams komplett eigenständig arbeiten, versorgten sie das ganze Wochenende über mit Mails und Liveschaltungen auf Youtube mit allen notwendigen Infos, Terminen und Fristen. Für Journalisten organisierten die Partnerorganisationen rein virtuelle Pressekonferenzen.

Jetzt beginnt die größte Herausforderung. Die Organisatoren, Behörden und Experten müssen nun die 1.500 Projekte sortieren und die vielversprechendsten aussuchen.

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