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Partnersuche im Internet: Die Verträge sind wenig romantisch.

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Grundsatzurteil des EuGH: Welche Parship-Kunden jetzt Geld zurück verlangen können

Wer nur kurze Zeit dabei war und seine Mitgliedschaft widerrufen hat, sollte nun aktiv werden. Verbraucherschützer sammeln schon neue Fälle.

„Alle elf Minuten verliebt sich ein Single über Parship“, wirbt die Singlebörse. Doch viele Kundinnen und Kunden des Online-Partnervermittlers wollen derzeit keine neuen Datingvorschläge, sondern ganz profan ihr Geld zurück. Sie berufen sich dabei auf den Europäischen Gerichtshof (EuGH), der Anfang Oktober ein Grundsatzurteil zum Wertersatz gefällt und die bisherige Praxis des Hamburger Unternehmens PE Digital GmbH (Parship, Elitepartner) für rechtswidrig erklärt hatte (Az: C-641/19).

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393 Euro für vier Tage Mitgliedschaft?

Betroffen sind Verbraucher, die ihre Mitgliedschaft schon wenige Tage nach der Anmeldung widerrufen hatten. Bei Online-Verträgen ist das grundsätzlich 14 Tage lang möglich. Der Dienstleister darf im Gegenzug jedoch einen Wertersatz für bereits geleistete Dienste verlangen.

Vor dem EuGH landete der Fall einer Kundin, die bei Parship eine einjährige Premium-Mitgliedschaft für 523,95 Euro abgeschlossen hatte. Nach vier Tagen widerrief sie, der Partnervermittler stellte ihr daraufhin 392,96 Euro in Rechnung. Begründung: Man habe sofort nach der Anmeldung ein umfangreiches, computergestützes Persönlichkeitsgutachten erstellt, das sie bezahlen müsse.

Die Gerichte entscheiden: Partnervermittler landen immer wieder vor Gericht. Das Amtsgericht Hamburg hat bereits viele Fälle entschieden, jetzt hat sich auch der EuGH auf die Seite der Verbraucher gestellt.
Die Gerichte entscheiden: Partnervermittler landen immer wieder vor Gericht. Das Amtsgericht Hamburg hat bereits viele Fälle entschieden, jetzt hat sich auch der EuGH auf die Seite der Verbraucher gestellt.

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Welche Kunden jetzt Geld zurückverlangen können

Der EuGH entschied nun, dass der Wertersatz zeitanteilig berechnet werden muss. Die Stiftung Warentest und die Verbraucherzentrale Bremen gehen im konkreten Fall daher davon aus, dass die Kundin gerade einmal 5,74 Euro (4/365tel von 523,95 Euro) zu zahlen habe. Betroffene, die in der Vergangenheit von Parship entsprechend zur Kasse gebeten worden sind, sollten ihr Geld zurückverlangen, empfehlen die Verbraucherschützer. Bis Ende des Jahres sei das noch für Verträge möglich, die schon 2017 widerrufen worden sind. Kunden sollten ihre Ansprüche schriftlich (Einschreiben/Rückschein) anmelden.

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Parship will jeden Fall individuell prüfen

Parship-Sprecherin Jana Bogatz erklärte auf Tagesspiegel-Anfrage, man habe ein Expertenteam für eventuelle Rückzahlungen eingerichtet, das die Ansprüche der Kunden individuell bearbeite. Der EuGH habe jedoch auch deutlich gemacht, dass preislich getrennt ausgewiesene Leistungen, die zu Beginn der Vertragslaufzeit erbracht werden, in eine Wertersatzberechnung einfließen können. Parship werde in den kommenden Wochen ermitteln, wie eine künftige Vertragsausgestaltung und Wertersatzberechnung im Fall eines Widerrufs aussehen können.

Verbraucherschützer sammeln jetzt weitere Fälle

Verbraucherschützer wollen sich Partnervermittlungen nun aber genauer anschauen. Beschwerden über fragwürdige Geschäftspraktiken wie hohe Gebühren und automatische Vertragsverlängerungen häufen sich, teilte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) mit. VZBV–Rechtsreferent Henning Fischer kündigte an, Betroffene „bei der Durchsetzung ihrer Rechte unterstützen“ zu wollen. Der VZBV sammelt daher Fälle. Kunden werden gebeten, ihre Erfahrungen hier zu schildern und Unterlagen hochzuladen. Alle Daten werden vertraulich behandelt, verspricht der VZBV.

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