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Im Durchschnitt 230 Tage dauert die Besetzung einer freien Stelle in der Altenpflege.

© Tsp

Großteil kann sich Rückkehr vorstellen: 300.000 zusätzliche Pflegekräfte möglich – wenn Gehalt und Arbeitszeit stimmen

Sollten sich die Bedingungen verbessern, kämen Aussteiger zurück und würden Teilzeitkräfte länger arbeiten. Das ergab eine Umfrage unter 12.700 Pflegern.

Der Pflegenotstand lässt sich ganz einfach auflösen: Ausreichend Personal, verlässliche Arbeitszeiten und ordentliches Gehalt würden zur Rückkehr von mindestens 300.000 Vollzeit-Pflegekräften in den Beruf oder zur Aufstockung der Arbeitszeit von Teilzeitkräften führen.

Das ergab eine Umfrage unter 12.700 Pflegerinnen und Pflegern. Der Frauenanteil betrug 82 Prozent (ausgestiegene Pflegekräfte) und 87 Prozent (Teilzeitkräfte). Etwa 25 Prozent der Befragten waren komplett ausgestiegen und 75 Prozent in Teilzeit.

60 Prozent können sich eine Rückkehr vorstellen

„Die Hälfte der Teilzeitbeschäftigten und sogar 60 Prozent der Ausgestiegenen können sich eine Rückkehr in den Beruf bzw. ein Aufstocken der Stunden vorstellen“, heißt es in der Studie der Arbeitnehmerkammer Bremen, der Arbeitskammer im Saarland und des Instituts Arbeit und Technik (IAT) der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen.

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Überall fehlen Fachkräfte: Es dauert aktuell 230 Tage, bis die Stelle einer Krankenschwester besetzt werden kann und im Schnitt 210 Tage für die Stellenbesetzung eines Altenpflegers. Wegen des demografischen Wandels und des Renteneintritts der Babyboomer-Jahrgänge verschärft sich der Mangel dramatisch: In den nächsten zwölf Jahren gehen 500 000 Pflegefachkräfte in Rente. „Es muss uns zeitnah gelingen, Pflegekräfte zu gewinnen. Das ist eine der größten sozialpolitischen Herausforderungen dieser Zeit“, sagte Elke Heyduck, Geschäftsführerin der Arbeitnehmerkammer Bremen, am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung der Studie.

500 Euro im Monat mehr oder weniger

Mit Blick auf die Rückkehrbereitschaft der Aussteiger respektive die Bereitschaft der Teilzeitkräfte zur Mehrarbeit sprach Heyduck von einer „sehr guten Nachricht für die Pflege“. Die Pflegekräfte hätten sehr präzise angegeben, was sich ändern müsse. Vorrang habe eine Personalausstattung, die sich am Bedarf der pflegebedürftigen Menschen ausrichte und nicht an wirtschaftlichen Kriterien. Außerdem wünschen sich Pflegekräfte eine bessere Bezahlung und verlässliche Arbeitszeiten. Geld ist vor allem in der Altenpflege ein Thema: Bei der Bezahlung gibt es aktuell eine bis zu 500 Euro pro Monat große Lücke zwischen Kranken- und Altenpflegefachkräften, obgleich die Grundausbildung identisch ist.

Mehr Zeit für menschliche Zuwendung zu haben, nicht unterbesetzt arbeiten zu müssen und verbindliche Dienstpläne sind für die Befragten weitere zentrale Bedingungen. Ebenso wünschen sie sich respektvolle Vorgesetzte, eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit Ärztinnen und Ärzten, eine vereinfachte Dokumentation sowie eine bessere Vergütung von Fort- und Weiterbildungen.

30 Wochenstunden als Wunscharbeitszeit

In der Befragung konnten beide Gruppen, also Aussteiger und Teilzeitbeschäftigte, auch ihre Arbeitszeitwünsche angeben. Dabei stellte sich heraus, dass Teilzeitkräfte ihre Arbeitszeit im Schnitt um zehn Stunden pro Woche aufstocken würden und ausgestiegene Pflegekräfte sich eine Rückkehr in den Pflegeberuf mit 30 Wochenstunden vorstellen können. Immerhin habe sich bereits ein Drittel der potenziellen Rückkehrer Stellenangebote angesehen.

Vergleichsweise gering ist die Rückkehrbereitschaft indes in der ambulanten Pflege. In diesem Bereich gibt es kaum Grundsätze der Personalausstattung, die Löhne sind noch niedriger als in der stationären Pflege und dazu kommen geteilte Dienste: Ambulante Pflegerinnen betreuen häufig morgens und abends hilfsbedürftige Menschen zu Hause.

Die Regierung ist gefordert

Die vorrangige Aufgabe sei die Einführung einer am tatsächlichen Pflegebedarf ausgerichteten Personalbemessung, heißt es in der Studie. „Mit Sorge betrachten wir die Diskussion um die Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0), auf die Pflegekräfte in den Krankenhäusern seit Jahren drängen und die trotz Koalitionsvertrag womöglich nicht eingeführt werden soll“, schreiben die Autorinnen.

PPR 2.0 war von der Krankenhausgesellschaft, dem Pflegerat und Verdi 2020 erarbeitet worden. „Kurzfristig führen wir zur verbindlichen Personalbemessung im Krankenhaus die PPR 2.0 als Übergangsinstrument mit dem Ziel eines bedarfsgerechten Qualifikationsmixes ein“, heißt es im Ampel-Koalitionsvertrag.

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