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So sehen die Kochboxen von Hellofresh aus.

© Hellofresh

Größter Börsengewinner der Krise: Dieses Berliner Start-up ist das Unternehmen der Stunde

In der Coronakrise explodiert die Nachfrage bei Hellofresh - und damit der Aktienkurs. Das dürfte den einstigen Kapitalgeber Rocket Internet ärgern.

Still und heimlich mausert sich ein Berliner Start-up zum möglichen Dax-Kandidaten. Der Kochboxenlieferant Hellofresh entwickelt sich zu einem der größten Gewinner der Coronakrise und ist – zumindest mit Blick auf die vergangenen Monate – das Unternehmen der Stunde in Deutschland.

Nach einem Absatzrekord im zweiten Quartal hält es das Management um Vorstandschef und Mitgründer Dominik Richter jetzt für möglich, die Erlöse im laufenden Jahr fast zu verdoppeln. Auch der operative Gewinn soll höher ausfallen. In einigen Absatzmärkten treibe die Verschärfung der Pandemie die Nachfrage an, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Vor allem das Geschäft im Ausland soll ausgebaut werden.

Das Unternehmen profitiert davon, dass viele Menschen infolge der Pandemie im Homeoffice arbeiten, ihre Kinder zu Hause betreuen und statt in der Kantine zu essen selbst jeden Tag etwas Warmes auf den Tisch zaubern müssen.

Kochen auch ohne Kochtalent

Hellofresh liefert dafür sowohl Rezepte als auch darauf abgestimmte Zutaten in Paketen direkt nach Hause. Mit den Kochboxen, so das Kalkül des Berliner Start-ups, kann man auch ohne großes Kochtalent schmackhafte Gerichte zubereiten. Das sehen derzeit offenbar viele ähnlich: Die Zahl der aktiven Kunden sprang im zweiten Quartal im Jahresvergleich von 2,41 Millionen auf 4,18 Millionen.

„Wir sehen klare Anzeichen dafür, dass Kunden angefangen haben, neue Gewohnheiten zu entwickeln“, sagte Richter dazu. „Dazu gehört, dass sie die Anzahl an wöchentlichen Hellofresh-Mahlzeiten erhöht haben, weil sie mehr Zeit zu Hause verbringen.“ Neben dem Bestellverhalten sei auch die Treue der Kunden zum Unternehmen gestiegen. Er sprach zudem von einem „außergewöhnlichen Wachstum“.

Zwischen April und Ende Juni sammelte Hellofresh rund 18,1 Millionen Bestellungen ein, mehr als doppelt so viele wie ein Jahr zuvor. Der Umsatz stieg um 123 Prozent auf 972 Millionen Euro. Der um Sonderposten bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen legte von gut 18 Millionen auf fast 154 Millionen Euro zu. Unter dem Strich gelang Hellofresh ein Nettogewinn von rund 116 Millionen Euro und damit der Sprung in die schwarzen Zahlen. Im ersten Halbjahr lag der Überschuss bei knapp 156 Millionen Euro nach einem Verlust von 51 Millionen im Vorjahreszeitraum.

Rocket Internet dürfte sich ärgern

Hellofresh wurde 2011 gegründet und entsprang damals, wie viele andere Start-ups auch, dem Kapitalgeber Rocket Internet. Sechs Jahre später ging das Unternehmen an die Börse. Rocket Internet hat seine Anteile inzwischen verkauft, auch Großinvestor Vorwerk ist nicht mehr an Bord.Beide dürften sich nun gehörig ärgern. Denn seit Anfang dieses Jahres erklimmt der Aktienkurs von Hellofresh immer neue Höhen.

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Im Vergleich zum Wert Ende 2019 zog der Kurs um gut 150 Prozent an. Damit ist die Aktie der größte Gewinner unter den deutschen Standardwerten. Dank des Kursanstiegs ist Hellofresh an der Börse derzeit acht Milliarden Euro wert und belegt damit einen Platz im oberen Mittelfeld des MDax. Auch Analysten bewerten die Aussichten des Unternehmens gut. Das Bankhaus Metzler führt das Papier in seiner „Germany-Top-Ten“-Empfehlungsliste.

Das Management passt die Prognose nun den jüngsten Entwicklungen an. Die Firma schraubte ihre Geschäftserwartungen für 2020 ein weiteres Mal nach oben. So soll der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr währungsbereinigt um 75 bis 95 Prozent zulegen, wie das Unternehmen überraschend bereits am Montagabend mitteilte.

Der Expansionskurs soll damit weitergehen. Anfang Juni betrat Hellofresh den dänischen Markt und ist damit nun in 14 Ländern vertreten. Zudem unterschrieb das Unternehmen Mietverträge für Produktionsstätten im britischen Nuneaton und in Newnan im US-Bundesstaat Georgia. In den USA ist das Geschäft mit Kochboxen bereits etablierter als hierzulande. Konkurrenten wie etwa Blue Apron oder Marley Spoon – ebenfalls eine Rocket-Internet-Beteiligung – konnten zwar auch, allerdings nicht derart stark von der Coronakrise profitieren wie Hellofresh. In Deutschland war das Kochboxen-Geschäft vor der Coronakrise eher schleppend gelaufen. (mit dpa)

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