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Frauen hatten besonders viel Stress, weil sie eher zu Hause die Kinder betreuten und unterrichteten.

© imago images/Westend61

Glücksatlas im Corona-Jahr: Menschen sind unzufriedener, aber glauben an bessere Tage

Laut dem „Glücksatlas“ sind die Deutschen im Krisenjahr erwartbar unzufriedener. Welche Rolle spielen dabei Alter, Geschlecht und Wohnort?

Berlin - Weniger soziale Kontakte, Homeschooling und Kurzarbeit: Die Coronakrise drückt laut einer Umfrage auf die Stimmung der Menschen in Deutschland. Auf einer Skala von 0 bis 10 bewerteten die Befragten ihre allgemeine Zufriedenheit in diesem Jahr im Schnitt mit 6,74 Punkten – nach dem bisherigen Höchststand von 7,14 Punkten im vergangenen Jahr. Das geht aus dem neuen „Glücksatlas“ hervor.

„Wir sind keine Frustbeutel“, stellte Bernd Raffelhüschen, Professor für Finanzwissenschaft an der Uni Freiburg, aber klar. Er hat den mittlerweile zehnten „Glücksatlas“ im Auftrag der Deutschen Post erstellt. Denn trotz Corona sei der Einbruch relativ moderat ausgefallen. Noch immer liege das allgemeine Glückslevel „im oberen Mittelfeld“ der Skala. Zudem sind vier von fünf Menschen froh, in dieser Zeit in einem Land wie Deutschland zu leben.

Das Institut für Demoskopie in Allensbach hatte von März bis Juni – also mitten in der ersten Hochphase der Coronavirus-Pandemie – knapp 4700 Bundesbürger ab 16 Jahren befragt. Weiterführende Daten stammen aus einer Langzeitstudie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und einer Ipsos-Umfrage vom Juni 2020. Weniger Aufträge oder die Situation im Homeoffice führen bei 32 Prozent der Befragten zu einer geringeren Arbeitszufriedenheit. Die Mehrheit geht zugleich von einer Verbesserung ihrer Lebenszufriedenheit im Laufe des nächsten Jahres aus. Männer büßten demnach weniger an Zufriedenheit ein (minus 0,33 Punkte) als Frauen, die mit minus 0,47 Punkten nach Angaben der Forscher „einen wahren Glücksabsturz“ erfuhren. Grund sei in erster Linie ihre stärkere Belastung in der Coronakrise. Kinderbetreuung und Homeschooling im Lockdown seien vornehmlich Aufgaben der Mütter gewesen.

„Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass die Krise keine negativen Auswirkungen auf die Familienzufriedenheit der Deutschen hat“, meinte Thomas Ogilvie, Personalvorstand der Deutschen Post, dennoch. 83 Prozent der Befragten gaben an, dass die Pandemie ihnen verdeutliche, wie wichtig Familie und Freunde seien.

Unterteilt nach Altersgruppen verloren die 45- bis 59-Jährigen am meisten an Zufriedenheit (minus 0,48 Punkte). Nach Vermutung der Forscher steht diese Altersgruppe besonders unter wirtschaftlichem Druck: Oft müssten Kredite abbezahlt, ältere Kinder finanziert und Vorsorgen für die Rente getroffen werden. Die Unterschiede zwischen den Regionen sind dem Report nach geschrumpft. Die Zufriedenheit der Menschen in Westdeutschland sank um 0,42 Punkte und somit stärker als in Ostdeutschland (minus 0,30). „Die Coronakrise trifft den Westen sowohl aufgrund der höheren Infiziertenzahlen als auch aufgrund heftigerer wirtschaftlicher Verwerfungen stärker“, analysierten die Forscher. Durch den Einfluss der Pandemie habe sich das Zufriedenheitsniveau in West- und Ostdeutschland nun nahezu angeglichen.

Im Ländervergleich leben die glücklichsten Menschen nach wie vor im Norden: Schleswig Holstein und Hamburg kommen jeweils auf 6,92 Punkte. Schlusslicht ist Thüringen (6,50). Objektive Gründe dafür seien nicht erkennbar, sagte Raffelhüschen. Bei der Höhe von Einkommen und Vermögen sei Schleswig Holstein nur mittelmäßig. Es müsse wohl eher an der Mentalität liegen. Ein anderes Beispiel für diese These sei, dass die Dänen europaweit am glücklichsten sind, während die Schweizer viel wohlhabender sind.

Fakt ist auch: Für die deutsche Zufriedenheit ist die Corona-Pandemie nicht das einzige relevanteThema: Auch Nachhaltigkeit bleibt den Bundesbürgern wichtig. So machen sich 65 Prozent der Befragten langfristig mehr Sorgen um den Klimawandel als um die Bekämpfung des Coronavirus. 70 Prozent der Umfrageteilnehmer sehen in der Krise die Chance, die Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit umzubauen.

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