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Bereit für ultraschnelles Netz: Fünf Euro im Monat, so die Idee der Politik, sollen die Mieter dazu beitragen.

© Sina Schuldt/dpa

Glasfaser-Kosten sollen umgelegt werden: Bald sollen Mieter den Internet-Ausbau mitfinanzieren

Die Politik treibt die Digitalisierung voran, die Mieter sollen den Umbau mitfinanzieren. An anderer Stelle gibt es Erleichterungen für Verbraucher.

Wer als Mieter zu Hause auf eine schnelle Datenübertragung zugreifen möchte, soll auch dafür bezahlen. Und zwar unabhängig von den Kosten, die außerdem noch für einen Provider anfallen. Die sogenannte Umlagefähigkeit für Glasfasernetze kommt – so jedenfalls sieht es nach der Sitzung des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Energie am Mittwoch aus. Dort wurden die letzten Streitpunkte bei der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) ausgeräumt, damit das Gesetz an diesem Donnerstag den Bundestag passieren kann.

Anders als im bisherigen Entwurf der TKG-Novelle der Bundesregierung sieht die Beschlussvorlage ein neues „Glasfaserbereitstellungsentgelt“ vor. Der Passus soll es Betreibern von Telekommunikationsnetzen erleichtern, den Ausbau von Hausanschlüssen – die sogenannte „letzte Meile“ zu refinanzieren. Er regelt, wie viel Geld Glasfaserbetreiber von einem Grundstückseigentümer verlangen dürfen, nachdem eine Immobilie mit Kabeln für das ultraschnelle Gigabit-Internet ausgerüstet wurde.

Die umlagefähige Miete oder Pacht eines solchen Glasfaseranschlusses soll höchstens 60 Euro pro Jahr betragen dürfen. Diese Kosten können Wohnungseigentümer:innen oder Immobilienverwaltungen in die Betriebskostenabrechnung aufnehmen und somit als ‚durchlaufende Posten' direkt an Mieter:innen weitergeben. Die Kosten müssen dann von Mieterinnen und Mietern bezahlt werden, unabhängig davon, ob sie den Glasfaseranschluss nutzen oder nicht.

Glasfaser-Lobby hat sich durchgesetzt

Konkret bedeutet das: Auf Mieter:innen kommen mit dem TKG monatliche Mehrkosten von fünf Euro pro Monat zu, die sich allein aus der Bereitstellung des Glasfaseranschlusses ergeben. Vermieter:innen dürfen diese Kosten maximal neun Jahre lang über die Betriebskosten einziehen. Sie sind damit auf maximal 540 Euro pro Wohnung gedeckelt. Diese Regelung gilt nur für Anschlüsse, die vor Januar 2018 installiert wurden.

Um mit der ultraschnellen Leitung im Netz zu surfen, müssen Nutzer:innen wie bisher einen Provider wählen und diesen bezahlen. Anders als bei vielen Glasfaserausbauern üblich, darf bei einem über die Betriebskosten mitfinanzierten Anschluss der Provider frei ausgesucht werden.

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Über die Ausgestaltung einer Umlagefähigkeit bestimmter Kosten hatte es viel Streit gegeben. Nun haben sich Vertreter:innen der Glasfaserlobby mit ihren Forderungen durchgesetzt. So hatte der Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (Breko) schon Ende 2020 ein Reinvestitionsmodell für den Glasfaserausbau vorgeschlagen, das sich nun fast wortgleich im Gesetzestext wiederfindet. Breko-Geschäftsführer Stephan Albers sagte, es sei ein Gewinn für die Mieter Innen und die Wohnungswirtschaft, dass auch Mehrfamilienhäuser mit Glasfaseranschlüssen bis in die Wohnungen ausgestattet und bestehende kupferbasierte Anschlüsse ersetzt werden könnten.

"Das Gesetz verpasst eine große Chance"

Für Wohnungswirtschaft und Glasfaserbetreiber ist es tatsächlich eine klare Win-win-Situation, von der sich Unionspolitiker wie der Digitalexperte Hansjörg Durz (CSU) einen Schub für den Ausbau der digitalen Infrastruktur in Deutschland erhoffen: „ Die Umlagefähigkeit von Kabelnetzen – ein Relikt aus den 80er Jahren – bauen wir zu einer echten und modernen Glasfaserförderung um. Damit zünden wir den Glasfaserturbo für Deutschland.“

Vodafone muss an anderer Stelle, nämlich bei den Kabelanschlüssen, einen Rückschlag hinnehmen.
Vodafone muss an anderer Stelle, nämlich bei den Kabelanschlüssen, einen Rückschlag hinnehmen.

© REUTERS/Fabrizio Bensch/File Photo

Kritik vom Verband gibt es an anderer Stelle: „Im Bereich Genehmigungsverfahren und der Nutzung alternativer Verlegemethoden verpasst das Gesetz die große Chance die bestehenden Bremsen endlich zu lösen“, moniert Albers. „Eine echte Ausbaubeschleunigung hätte man sehr einfach durch eine Anerkennung alternativer Verlegemethoden als Standard erreichen können.“

Weniger glücklich über den Umbau sind die Wettbewerber auf dem Telekommunikations-Markt, die noch bis vor kurzem von dem „Relikt aus den 80er Jahren“ profitiert haben. Zum Beispiel die Kabelnetzbetreiber Unitymedia und Kabel Deutschland, beides Tochterunternehmen von Vodafone. Anders als die reinen Glasfaserkabel fallen die aus Kupfer gedrehten Fernseh-Kabelanschlüsse künftig nicht mehr unter die Umlagefähigkeit. Im schlimmsten Fall droht diesen Anbietern die Abwanderung von Kunden.

Möglichkeiten zur Preisminderung

Ein Vodafone-Sprecher gab sich optimistisch. Es sei zu begrüßen, dass die Bundesregierung nicht wie ursprünglich geplant alle Überlegungen zu Umlage bestimmter Investitionskosten pauschal abgelehnt habe. Zudem werde Vodafone weiterhin in einen „hybriden Glasfasernetzausbau“ investieren, erklärte er.

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Auch an anderen Stellen wurde die TKG-Novelle im Verlauf der Verhandlungen im Wirtschaftsausschuss nochmals leicht verändert. In einer früheren Fassung war vorgesehen, dass Anbieter von Handyverträgen neben den üblichen 24-Monats-Verträgen zwingend auch 12-Monats-Verträge anbieten müssen, die nicht mehr als 25 Prozent teurer sind. Diese Pflicht soll zwar bestehen bleiben, jedoch ohne Preisdeckelung.

„Als Bekenntnis zur Sozialen Marktwirtschaft setzen wir hier auf den mündigen Verbraucher, der sich frei entscheiden kann, welches Angebot er wählen will", erklärt Durz den Schritt. Die TKG-Novelle umfasst einen großen Maßnahmenkatalog, der den Verbraucherschutz im Handy- und Internetmarkt deutlich erhöht. So erhalten Bürger:innen mehr Rechte und Möglichkeiten zur Preisminderung, wenn ihr Provider die vertraglich zugesicherte Internetgeschwindigkeit nicht liefert.

Kritik an dem Gesetzespaket hatte es zuvor von Verbraucherschützern, Gewerkschaften und aus der Grünen-Fraktion gegeben. So bemängelte Verdi-Gewerkschaftssekretär Christoph Heil die weiter steigende Komplexität der Regulierung, ohne dies durch Investitionsanreize zu kompensieren. Der Verbraucherzentrale Bundesverband und die Grünen forderten höhere Mindestgeschwindigkeiten für das „Recht auf schnelles Internet“. Das TKG sei an dieser Stelle „mehr als enttäuschend und inakzeptabel“, hieß es in einer VZBV-Stellungnahme.

Margit Stumpp, Sprecherin für Medienpolitik der Grünen-Fraktion, kritisierte den Gesetzgebungsprozess insgesamt. Die Regierung habe ein Verfahren geboten, das „der Bedeutung dieser Novelle nicht gerecht wird“. Inhaltlich seien besonders die Themen Daseinsvorsorge und digitale Teilhabe nicht wesentlich über die Mindestanforderungen der europäischen Vorlage hinaus gekommen. Auch beim Verbraucherschutz für Mobilfunkkunden sei zu wenig erreicht worden.

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