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Die Banken haben lange mit dem Gratis-Konto beworben - doch das ist längst nicht mehr kostenlos.

© Getty Images/iStockphoto

Girokonto: Wie Banken bei den Gebühren tricksen

Die Banken stehen angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase unter Druck. Deshalb erhöhen sie die Gebühren – allerdings oft so, dass der Kunde es gar nicht sofort bemerkt.

Von Carla Neuhaus

Das Konto gibt es nicht geschenkt. Haben Banken in der Vergangenheit neue Kunden mit dem kostenlosen Girokonto geködert, nehmen sie von dieser Taktik nun zunehmend Abstand. Zum Beispiel die Postbank. Vor zwanzig Jahren war sie eines der ersten Institute mit einem Gratiskonto. Doch ab November bekommen das nur noch die wenigsten ihrer Kunden. Auch die Hypovereinsbank hat sich gerade vom kostenlosen Girokonto verabschiedet. Mindestens 2,90 Euro im Monat zahlen ihre Kunden nun – für das teuerste Modell fallen sogar 14,90 Euro im Monat an.

Die Banken geben der Zentralbank die Schuld

Postbank wie Hypovereinsbank begründen den Schritt mit der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die die Zinsen nun schon seit geraumer Zeit niedrig hält. Für die Banken ist das ein Problem, weil für sie der Zinsüberschuss entscheidend ist: Sie verdienen daran, dass sie von Schuldnern höhere Zinsen nehmen, als sie Sparern zahlen. Doch während Kredite derzeit immer billiger werden, können die Institute die Sparzinsen kaum noch weiter drücken – wodurch die Erträge der Institute einbrechen.

Neben der Anhebung der Gebühren denken manche Häuser deshalb bereits darüber nach, Negativzinsen von ihren Kunden zu verlangen. Viele Institute haben die bereits für Firmen eingeführt, die auf ihren Geschäftskonten extrem hohe Beträge liegen haben. Einen Strafzins für Sparer haben Branchenvertreter lange ausgeschlossen. Mit der Volksbank Gmünd kassiert nun jedoch das erste Institut auch von Privatkunden Negativzinsen – zumindest dann, wenn sie 100 000 Euro und mehr auf dem Konto liegen haben.

Kaum ein Konto ist tatsächlich noch kostenlos

Doch auch wer als Verbraucher noch keinen Strafzins zahlt, muss sich darauf einstellen, dass Bankdienstleistungen teurer werden. Kaum ein Konto, das Banken als kostenlos bewerben, ist tatsächlich noch gratis. „Kostenlos“ heißt lediglich, dass die Kontoführung die Kunden nichts kostet. Stattdessen zahlen sie jedoch für diverse Dienste drauf – was unterm Strich teurer sein kann, als wenn man zu einer Bank mit Kontoführungsgebühren wechselt. Umso wichtiger wird da der Blick ins Kleingedruckte. Was kostet die Kontoüberziehung? Wie viel zahlt man für Giro- und Kreditkarte? Und welche Gebühren fallen an, wenn man ins Ausland reist? Wer darüber nachdenkt, das Konto zu wechseln, sollte allerdings nicht nur rein auf die Gebühren achten – sondern auch auf die Zahl der Kontoautomaten in der Umgebung. Denn ist man auf den Automaten eines anderen Instituts angewiesen, geht auch das ins Geld.

Eine gute Nachricht gibt es allerdings: Spätestens ab Mitte September wird es leichter, das Konto zu wechseln. Ab dann sind die Institute verpflichtet, die Kunden beim Wechsel zu unterstützen – und zwar sowohl die neue wie die alte Bank. Daueraufträge sollen dann zum Beispiel automatisch übernommen werden können.

Ein Überblick, wo die Banken abkassieren:

Die Kontoführung wird teurer

Die Postbank hat ihr Kontomodell überarbeitet. Ab November verlangt sie von den meisten Kunden Geld für die Kontoführung.
Die Postbank hat ihr Kontomodell überarbeitet. Ab November verlangt sie von den meisten Kunden Geld für die Kontoführung.

© picture alliance / dpa

Für die reine Kontoführung haben Kunden beim Standardkonto lange nichts gezahlt. Nun ändert sich das jedoch. Das beste Beispiel dafür ist die Postbank: Ist ihr beliebtes Kontomodell Giro Plus derzeit noch gratis, verlangt sie von den meisten Kunden dafür ab November 3,90 Euro pro Monat. Ein kostenloses Konto bekommt bei dem Bonner Institut künftig nur noch, wer unter 22 Jahre alt ist oder zu den Gutverdienern zählt (Voraussetzung ist ein Monatseingang von mindestens 3000 Euro). Die meisten Postbank-Kunden erfüllen diese Kriterien jedoch nicht und zahlen drauf. Das neue Online-Konto der Postbank wird ebenfalls nicht kostenlos sein: Dafür verlangt das Institut 1,90 Euro im Monat. Auch das ist eine Kehrtwende. Denn für Konten, bei denen die Kunden fast ausschließlich das Online-Banking nutzen, mussten sie bislang meist nichts zahlen. Andere Geldhäuser könnten dem Beispiel der Postbank bald folgen. Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon hat zum Beispiel bereits im März verkündet, die Zeit der kostenlosen Konten sei vorbei.

Vor allem die Geringverdiener werden belastet

Besonders stark belastet das diejenigen Kunden, die es sich am wenigsten leisten können. Denn die meisten Banken koppeln die Konditionen der Konten schon jetzt an der Höhe des Gehalts. Besonders günstig oder kostenlos bekommt das Konto in der Regel schon jetzt nur, wer 1000 bis 1200 Euro oder mehr im Monat einzahlt. Die Institute wollen dadurch verhindern, dass Kunden es als Zweitkonto nutzen – Gehalt und Miete aber über ein anderes Konto bei einer anderen Bank laufen lassen. Wer zum Beispiel bei der Berliner Volksbank weniger als 1250 Euro im Monat einnimmt und kein Genossenschaftsmitglied ist, zahlt fürs Konto schon jetzt sechs Euro im Monat.

Wer am meisten hat, dem wird nichts abverlangt. Wer aber wenig(er) Einkommen hat, darf dafür umso mehr bezahlen.

schreibt NutzerIn 2010ff

Zwar hat inzwischen jeder ein Recht auf ein Konto. Doch ein Recht auf ein kostenloses Konto gibt es nicht – ebenso wie es keine Obergrenze für die Gebühren gibt. Das trifft etwa auch Obdachlose zu, denen die Bank ein Konto trotz fehlendem festen Wohnsitz nicht verweigern darf. Weil für sie ein Onlinekonto aber meist nicht infrage kommt, müssen sie eine teurere  Variante wählen. Bei der Berliner Sparkasse zahlen sie zum Beispiel vier statt zwei Euro im Monat. Bei der Targobank sind es sogar 8,95 Euro, bei der Santander Bank 9,50 Euro. Eine der wenigen Banken in der Region, die keinen Mindesteingang fürs Girokonto verlangt, ist die PSD Bank Berlin Brandenburg. Doch auch sie überarbeitet ihre Konditionen gerade. Voraussichtlich ab dem Jahreswechsel wird ihr Konto für Neukunden nur noch dann kostenlos sein, wenn sie mindestens 1000 Euro im Monat einnehmen.

Selbst die Bankkarte kostet bei manchen Instituten bereits Geld

Selbst für die Girokarte verlangen manche Institute bereits eine jährliche Gebühr.
Selbst für die Girokarte verlangen manche Institute bereits eine jährliche Gebühr.

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Die Girokarte gehört zum Konto einfach dazu, ohne sie können Kunden weder bargeldlos bezahlen noch Geld abheben. Manche Institute nutzen das aus und kassieren bei den Kartengebühren ab. So wirbt die Sparda Bank Berlin zum Beispiel für ihr Konto ohne Führungsgebühr – verlangt für die Bankkarte jedoch 12 Euro jährlich. Erst kürzlich hat das Institut diese Gebühr angehoben, zuvor gab es die Karte noch für 7,50 Euro. Eine Sprecherin erklärt das mit den rückläufigen Erträgen der Bank: Früher habe das Institut die Kosten für Herstellung und Einsatz der Karten unter anderem durch Händlerentgelte decken können – doch das funktioniere immer weniger. Der Grund: Die Gebühren, die Banken von den Händlern pro Kartenzahlung verlangen dürfen, sind EU-weit gedeckelt worden.

Stärker als bei der Girokarte macht sich das schon jetzt bei der Kreditkarte bemerkbar. Für sie verlangen Banken bereits bis zu 40 Euro im Jahr. Zwar gibt es durchaus noch Institute, die eine kostenlose Kreditkarte anbieten – doch sie werden weniger. So will zum Beispiel die PSD Bank Berlin-Brandenburg ihre kostenlose Kreditkarte abschaffen. Auf Tagesspiegel-Anfrage teilte das Institut mit, es werde die Karten „sukzessive in den nächsten Jahren mit einer moderaten Jahresgebühr versehen“. „Das Kreditkartengeschäft hat sich in den letzten Jahren immer mehr zu einem Subventionsgeschäft entwickelt“, erklärte Vorstandschef Bernhard Soeken.

Ein weitere Kostenfalle ist die flexible Rückzahlung. Manche Institute bieten Kunden an, Teile ihrer Kreditkartenrechnung statt am Monatsende erst später zurückzuzahlen. Das klingt nett – doch die Zinsen, die dafür anfallen, sind teils immens. Die Santander Bank verlangt dafür bis zu 13,16 Prozent – da wäre es günstiger, das Konto zu überziehen.

Die Überziehung bleibt teuer

Wer ins Minus rutscht, zahlt Dispozinsen - und die fallen hoch aus.
Wer ins Minus rutscht, zahlt Dispozinsen - und die fallen hoch aus.

© picture alliance / dpa

Obwohl der Leitzins bei null liegt, langen die Banken beim Dispo kräftig zu. Wer sein Konto überzieht, zahlt dafür im Schnitt immer noch zehn Prozent Zinsen, zeigt eine Untersuchung der Stiftung Warentest. Den höchsten Dispozins fanden die Tester mit 13,75 Prozent bei der Volksbank Raiffeisenbank Oberbayern Südost. Aber auch in der Hauptstadtregion zahlen Kunden bei vielen Instituten für die Überziehung kräftig drauf: Die Mittelbrandenburgische Sparkasse etwa verlangt 10,92 Prozent, die Sparda Bank Berlin sogar 11,93 Prozent.

Die Institute nutzen aus, dass die Kunden die Höhe des Dispozinses bei der Wahl des Girokontos oft nicht berücksichtigen. Erst wenn es zu spät ist, fällt ihnen auf, wie viel sie die Überziehung kostet. Die Banken argumentieren dagegen, dass der Dispokredit für sie besonders teuer ist: Sie müssen Geld zur Seite legen – egal ob der Kunde sein Konto nun überzieht oder nicht. Verbraucherschützer lassen dieses Argument nicht gelten. Sie argumentieren mit der geringen Ausfallwahrscheinlichkeit: Nur sehr selten bleibt die Bank also auf den Schulden sitzen.

Direktbanken, die ausschließlich Onlinekonten anbieten, sind beim Dispozins in der Regel deutlich günstiger als Filialbanken: Knapp sieben Prozent zahlen Kunden für die Überziehung bei der DKB oder der ING Diba. In der Region fällt zudem die PSD Bank Berlin-Brandenburg auf, die nur einen Dispozins in Höhe von 6,14 Prozent nimmt. Wer sein Konto nicht sofort wieder ausgleichen kann, sollte in jedem Fall über eine Umschuldung nachdenken – mit einem Ratenkredit kommen Verbraucher sehr viel billiger weg als mit dem Dispo.

Überweisungen per Papier-Vordruck kosten Geld

Wer seine Überweisungen handschriftlich statt online tätigt, zahlt inzwischen oft drauf.
Wer seine Überweisungen handschriftlich statt online tätigt, zahlt inzwischen oft drauf.

© dpa

Die Zeiten ändern sich. Haben Verbraucher früher regelmäßig Überweisungsträger auf Papier ausgefüllt, können sie Geld inzwischen schneller online anweisen. Die Banken bevorzugen es sogar, wenn die Kunden das Onlinebanking nutzen, denn die Bearbeitung der Überweisungsträger aus Papier kostet sie Zeit und Geld – und stellen das den Kunden deshalb zunehmend in Rechnung. Auch bei diesem Punkt war die Postbank ein Vorreiter, als sie im vergangenen Jahr eine Gebühr für die sogenannte beleghafte Überweisung einführte. 99 Cent zahlen Kunden nun für jeden handschriftlich ausgefüllten Überweisungsträger, den sie bei der Postbank einreichen. Noch teurer ist die Papierüberweisung bei der Hypovereinsbank, wo Kunden pro Stück beim günstigsten Kontomodell bereits 2,50 Euro zahlen. Wer das nicht will, muss ein anderes Konto wählen – mit einem entsprechend höheren Monatspreis.

Bei den meisten Instituten haben die Kunden zudem die Wahl, Überweisungen an speziellen Service-Terminals in der Filiale einzutippen. Doch auch das ist längst nicht immer kostenlos. Das gilt vor allem dann, wenn Kunden sich für ein Girokonto entscheiden, das als Onlinekonto geführt wird. Auch bei den Filialbanken ist das inzwischen das Standardmodell. Die Banken gehen dann davon aus, dass die Kunden alle Überweisungen ausschließlich im Netz machen. Tun sie das nicht, zahlen sie drauf – und zwar sogar bei Überweisungen an den Service-Automaten. Bei der Berliner Sparkasse kostet die Überweisung, die Kunden per Hand am Terminal eintippen, in diesem Fall 60 Cent pro Stück. Die Targobank verlangt sogar 3,50 Euro für jede Überweisung am Automaten. Die Institute begründen diese Gebühren mit den Kosten für Anschaffung und Unterhaltung der Geräte.

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