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Seit anderthalb Jahren bemüht sich die Gewerkschaft um eine schrittweise Arbeitszeitverkürzung im Osten, um bis 2031 die Angleichung an das Westniveau zu erreichen. Bislang ohne Erfolg.

© dpa

Gewerkschaftstag der IG Metall: "Die Arbeitszeitverkürzung im Osten kommt"

Auf dem Gewerkschaftstag in Nürnberg sind Arbeitszeit, Autokrise und auch der Klimaschutz Thema. Die IG Metall hat 2019 mehr als 85.000 Mitglieder gewonnen.

Die IG Metall bleibt unbeirrt auf dem langen Weg zur 35-Stunden-Woche in Ostdeutschland. Wie es am Montag auf dem Gewerkschaftstag in Nürnberg hieß, will der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann noch im Oktober mit dem Präsidenten von Gesamtmetall, Rainer Dulger, eine Verständigung erreichen. „Wir wollen ein Ergebnis und wir bekommen ein Ergebnis“, sagte Hofmann vor den knapp 500 Delegierten des Gewerkschaftstages. Den Arbeitgebern rief er zu: „Werden Sie nicht unfreiwillig Wahlhelfer der Rechtspopulisten.“

In der vergangenen Woche waren die Gespräche gescheitert. IG Metall und Arbeitgeber hatten sich zwar auf einen Stufenplan Richtung 35 Stunden bis Ende 2030 verständigt, konnten sich aber am Ende nicht über Kostenkompensation und Verbindlichkeit verständigen. Die Arbeitgeber wollten es ins Ermessen der Betriebsparteien stellen, ob und wann die Arbeitszeit der Ostmetaller verkürzt wird. Das lehnt die Gewerkschaft ab und fordert eine verpflichtende 35-Stunden-Woche für alle spätestens ab dem 1.1.2031.

Im Osten drei Stunden länger

In Westdeutschland gilt seit Mitte der 1990er Jahre die 35-Stunden-Woche, im Osten beträgt die tarifliche Wochenarbeitszeit 38 Stunden. Hofmann zufolge sind in einzelnen Großbetrieben vor allem in Sachsen bereits Tarifkommissionen gebildet worden, um kürzere Arbeitszeiten in den Unternehmen durchzusetzen, in denen die IG Metall viele Mitglieder hat. Das würde indes die Wirkung des flächendeckenden Branchentarifs weiter schwächen. „Wer den Flächentarifvertrag im Osten aus ideologischen Gründen gefährdet, sägt auf dem Ast, auf dem er sitzt“, sagte Hofmann.

Ärger über die Arbeitgeber

In der Aussprache kritisierten ostdeutsche Delegierte vor allem den Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander, der eine Vereinbarung hintertrieben habe. Die Blockadehaltung der Arbeitgeber sei eine „bodenlose Frechheit“. Ein anderer Delegierter stellte sich als Angler vor: „Und was ich mit Zandern mache, will ich Euch nicht erklären.“

 85.000 neue Mitglieder in diesem Jahr

Am Montag, dem ersten Tag des Nürnberger Kongresses, der am Dienstag die IG Metall-Führung wählt und der sich bis Sonnabend mit rund 800 Anträgen befasst, standen die Rechenschaftsberichte des Vorstands auf der Tagesordnung. Hofmann betonte die positive Mitgliederentwicklung; bis Ende der vergangenen Woche habe die IG Metall 85 186 neue Mitglieder gewonnen. Tatsächlich ist die Mitgliederzahl der größten deutschen Gewerkschaft seit Jahren stabil bei rund 2,3 Millionen. Da die Einkommen der Metaller steigen – im letzten Jahr gab es eine Tariferhöhung um 4,3 Prozent -, steigen auch die Beitragseinnahmen: Von 533 Millionen Euro (2015) auf 586 Millionen im vergangenen Jahr.

123 Millionen für 2700 Mitarbeiter 

Trotzdem stand in den vergangenen drei Jahren ein Minus in der Jahresbilanz. 2018 erklärt sich das vor allem mit Streikaufwand während der Tarifauseinandersetzung in Höhe von 27,4 Millionen Euro. Vor allem aber gibt die Gewerkschaft mehr Geld aus für Personal: Von 99 Millionen Euro (2015) stiegen die Personalkosten für die rund 2700 Mitarbeiter auf 123 Millionen Euro im vergangenen Jahr. So wurden in jüngster Zeit 140 zusätzliche Kräfte für die Werbung neuer Mitglieder eigestellt.

Die Sorge um die Konjunktur- und Strukturkrise der Autoindustrie treibt die IG Metall um. Hofmann sprach am Montag von einer „Zuspitzung der Verantwortungslosigkeit“, wenn der aktuelle Abschwung genutzt werde zur Zerschlagung von Unternehmen und Verlagerungen. „Das ist eine Unverschämtheit gegenüber den Beschäftigten, die Jahrzehnte geschuftet haben“, sagte Hofmann und kündigte „Schluss mit lustig“ an. Gegen massenhaften Stellenabbau bei Continental, Mahl und ZF werde es Widerstand geben. „Mit Steuergeldern E-Mobilität subventionieren und gleichzeitig Verlagerungen dulden -das geht nicht“, sagte der Gewerkschaftschef, der seit vier Jahren amtiert und am Dienstag für weitere vier Jahre gewählt werden soll.

IG Metall will Klimaschutz

„Berufliche Bildung und Qualifizierung sind das Gebot der Stunde“, sage Hofmann und bekräftigte die Notwendigkeit des so genannten Transformationskurzarbeitergeldes, das zur Weiterbildung der Beschäftigten eingeführt werden soll. „Es kann doch nicht sein, dass Banken mit Milliarden gestützt werden und Industriearbeiter nicht“, sagte Hofmann. Der Vorsitzende der IG Metall sieht die Organisation als Teil der Zivilgesellschaft und verwies auf gemeinsame Initiativen mit dem BUND und dem Nabu zum Klimaschutz. „Wir haben auch keine Berührungsängste mit Fridays for Future“, sagte Hofmann. Doch der Kampf gegen die Erderwärmung „lässt sich nicht mit sozialer Kälte in diesem Land gewinnen“.

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