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Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt hat wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung vor dem Landgericht Wiesbaden Anklage erhoben.

© dpa/ Arne Dedert

Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt: Bundesweit erste Anklage wegen Cum-Ex-Geschäften

Wegen Steuerhinterziehung mit umstrittenen Aktiengeschäften hat die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt Anklage gegen einen Anwalt und fünf ehemalige Mitarbeiter einer Bank erhoben.

Erstmals könnten im Spätsommer ein Steuerberater und fünf ehemalige Banker wegen umstrittener Geschäfte mit Dividenden (Cum-Ex) und daraus unrechtmäßig erlangter Steuererstattungen vor Gericht stehen. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt hat wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung vor dem Landgericht Wiesbaden Anklage erhoben. Sie muss allerdings noch zugelassen werden, die Angeklagten müssen bis Ende August noch gehört werden.

Insgesamt sollen sie gut 106,4 Millionen Euro erschwindelt haben. Ihnen könnte bis zu zehn Jahren Haft drohen. Die Ermittlungen weiterer Staatsanwaltschaften laufen noch. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums soll der Staat durch Geschäfte mit Wertpapieren rund um Tag der Dividendenauszahlung um mehr als fünf Milliarden Euro gebracht worden sein.

Die jetzt vorgelegte Anklage betont, dass die Beschuldigten professionell, gezielt und mit klarem Plan vorgegangen sein sollen. Auf 948 Seiten legt die Eingreifreserve der Staatsanwaltschaft Frankfurt da, wie die mutmaßlichen Täter im Alter zwischen 36 und 67 Jahren über eine Gesellschaft im Taunus zwischen 2006 und 2008 bei insgesamt 61 sogenannten Leerverkäufen mit deutschen Aktien aus dem Deutschen Aktienindex Dax um den Dividendenstichtag herum agiert haben.

Dabei wurden Papiere im Volumen von rund 15,8 Milliarden Euro gehandelt. Die Männer hätten von Anfang das Ziel gehabt, „Bescheinigungen für tatsächlich weder einbehaltene noch abgeführte Kapitalertragssteuer sowie den hierauf entfallenden Solidaritätszuschlag zu erlangen, um diese Beträge dann vom Finanzamt unrechtmäßig anrechnen und auszahlen zu lassen“. Am Ende kassierten sie so laut Anklage exakt 106.370.602,67 Euro.

Ermittlungen waren vor sechs Jahren aufgenommen worden

Ein 67-jähriger deutscher Rechtsanwalt und Steuerberater soll das „Geschäftsmodell“ entwickelt und zusammen mit drei Investmentbankern aus Neuseeland und Großbritannien sowie mit einem Betriebswirt und einem Kaufmann aus Deutschland umgesetzt haben. Letztere waren für eine deutsche Großbank in München und London tätig. Als der Gesetzgeber ab 2007 die Vorgaben verschärfte, sollen die Angeklagte ihrer Strategie geändert und ausländische Banken mit eingebunden haben, um weiter unrechtmäßig die Steuer erstattet zu bekommen.

Bei den Geschäften werden rund um den Auszahlungstag der Dividende Aktien des Unternehmens mit („Cum“) und ohne Ausschüttungsrecht („Ex“) schnell zwischen mehreren Käufern und Verkäufern hin- und hergeschoben. Bescheinigungen über die mit der Dividende abgeführte Kapitalertragssteuer ließen sich die Beteiligten mehrfach ausstellen, reichten sie bei den Finanzämtern ein. Die erstatteten jeweils die Steuer, unter dem Strich war es mehr als der Fiskus zuvor eingenommen hatte. 2012 wurde diese Praxis untersagt. Allerdings ist immer noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob die Geschäfte tatsächlich illegal waren. Staatsanwälte bewerten sie dennoch als Steuerhinterziehung.

Die Ermittlungen waren vor sechs Jahren aufgenommen worden, als bei einer Betriebsprüfung bei der Gesellschaft im Taunus Anhaltspunkte für die Verstöße entdeckt wurden. Der von den Angeklagten verursachte Steuerschaden von mehr als 106 Millionen Euro ist nach Angaben der Staatsanwalt mittlerweile von der deutschen Großbank, die als Depotbank fungierte, vollständig erstattet und beglichen worden.

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