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Die Wärmeabstrahlung des Gebäudes und seiner Besucher zeigt dieses Wärmebild des Bundeskanzleramtes. Vor allem in Gelb, Weiß und Rot ist ein Passant vor dem Regierungssitz in Berlin zu sehen. Auf dem Bild der Thermobildkamera werden die verschiedenen Temperaturen durch Farben dargestellt - Weiß, Gelb und Rot sind wärmer als Lila, Blau und Türkis. Das Kanzleramt ist offenbar in einem guten Zustand.

© picture alliance / dpa

Gebäudesanierung: Krankenhäuser und Schulen verschleudern viel Energie

Eine neue Studie rät Investoren in die energetische Sanierung von Kliniken und Bildungsgebäuden zu investieren - oder in Häuser, die vor 1948 errichtet worden sind.

Bauen ist ein Abenteuer. Sanieren auch. Vermutlich ist es deshalb so schwer, die Hauseigentümer in Deutschland davon zu überzeugen, ihre Liegenschaften so zu sanieren, dass sie weniger Energie verbrauchen. „Aber wenn wir die Ziele des Pariser Klimavertrags erreichen wollen, muss beim Gebäudebestand dringend mehr passieren“, sagt Ulrich Krenn, der die Unternehmens-Initiative Qualitätsgedämmt voranzubringen versucht. In den Energiekonzepten der Bundesregierung spielt die Gebäudesanierung eine zentrale Rolle. Denn bis 2050 soll der gesamte Gebäudebestand in Deutschland klimaneutral sein, also für die Wärmeversorgung kein Kohlendioxid mehr erzeugen..

Die Analyse ist seit einem Gutachten zur Bewertung des energetischen Zustands des Gebäudebestands, der „Datenbasis Gebäudebestand“ zweiter Institute im Auftrag des Bauministeriums 2010 immer die gleiche: Niemand weiß genau wie hoch die Sanierungsrate tatsächlich ist. Es ist schon schwierig zu definieren, was genau als Sanierung gelten soll. Reicht der Austausch einer Heizungsanlage? Oder die Dämmung eines Daches? Oder müssen es mehrere Sanierungselemente sein? Die Fachleute sind sich darüber nicht einig. Fast jedes Gutachten meint mit dem Wort Sanierung etwas anderes. Aber die plausible Schätzung aus dem Gutachten von 2010  geht von einer jährlichen Sanierungsrate von rund 0,8 Prozent des deutschen Gebäudebestands im Jahr aus. Die Energiekonzepte der Regierung basieren auf der Annahme, dass sich das zumindest verdoppeln lässt, zwei Prozent ist die Zielmarke. Und die ist weit entfernt.

Deutschland setzt vor allem auf Förderung

Dabei hat Deutschland ein Dutzend verschiedener Förder-, Forder- und Forschungsprogramme in Gang gesetzt, um Hausbesitzer für eine umfassende Sanierung zu begeistern. Allein im Kohlendioxid-Sanierungsprogramm der bundeseigenen KfW-Bank stehen zwei Milliarden Euro jährlich an Fördermitteln zur Verfügung. Die Energieeinsparverordnung, deren jüngste Stufe zum Jahresanfang in Kraft getreten ist, verlangt Mindeststandards für den Energieverbrauch neuer Häuser. Das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz verlangt den Einsatz von nicht fossilen Energien, wenn beispielsweise das Heizsystem ausgetauscht oder wenn die Gebäudehülle saniert wird - und das auch in Bestandsgebäuden. Diverse Forschungsprogramme machen aus Häusern, die insgesamt gesehen rund 40 Prozent der in Deutschland verbrauchten Energie benötigen, Plus-Energie-Häuser, die mehr Energie erzeugen als verbrauchen. Und trotzdem ist der Durchbruch nicht in Sicht.

Was Investoren sich wünschen

Trotz der hohen Fördermittel haben Umfragen ergeben, dass etwa die Hälfte der Hausbesitzer sich von den hohen Investitionskosten und der langen Kaptalbindung von einer energetischen Sanierung abhalten lässt. Deshalb hat der Brüsseler Thinktank BPIE (Building Performance Institute Europe) nun eine Studie über die Sanierung des deutschen Gebäudebestands aus Investorensicht vorgelegt. Die Komplexität der Aufgabe haben die Autoren des BPIE, der Technischen Universität Wien und des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) abgebildet, indem sie 355 Gebäudeklassen gebildet haben, für deren Wärmeversorgung es 40 verschiedene Varianten gibt. Für drei Sanierungsfälle – Standard, moderat anspruchsvoll und anspruchsvoll – haben sie „Energiesparkostenkurven“ entwickelt, an denen sich ablesen lässt, welcher Sanierungsfall für welche Kategorie eines Hauses wirtschaftlich ist. Es lässt sich also einschätzen, ob die Einsparungen durch den geringeren Energieverbrauch ausreichen, um die Investition in einer bestimmten Zeit zu refinanzieren.

Nicht alle Häuser von vor 1979 lassen sich wirtschaftlich sanieren

Die meisten Gutachten, die dazu bisher vorliegen, hielten eine tiefgreifende Sanierung von Häusern, die vor 1979 gebaut worden sind, generell für wirtschaftlich. Die BPIE-Studie dagegen kommt zu dem Schluss, dass innerhalb der aktuell gültigen Förderkulisse und bei aktuell relativ niedrigen Energiepreisen lediglich die Vollsanierung von öffentlichen Krankenhäusern, Schulgebäuden und vor 1948 errichtete Wohnungen und Ein- sowie Mehrfamilienhäuser wirtschaftlich zu sanieren wären.  Diese Kostenkurven verschieben sind in Richtung von Gebäuden, die bis 1979 errichtet wurden, und in Richtung von Bürogebäuden aus der gleichen Zeit, wenn die Energiekosten steigen und, oder wenn die Fördermittel steigen. Das ist zwar keine sensationelle Erkenntnis, aber es ist selten vorher so systematisch aufgearbeitet worden.

Institut schlägt Immobilienfonds als Lösung vor

Die Autoren der BPIE-Studie schlagen vor, Immobilienfonds aufzubauen, in denen Sanierungsfälle, die sich auf jeden Fall lohnen, wie Häuser von vor 1948 mit Sanierungsfällen, die nahe an der Schwelle zur Wirtschaftlichkeit liegen, wie beispielsweise vor 1979 errichtete Häuser, zusammengefasst werden könnten. Solche Sanierungsfonds gibt es derzeit offenbar noch nicht. Warum allerdings Kapitalanleger sich auf Fonds einlassen sollten, die auch wenig lukrative Sanierungsfälle einbeziehen, beantworten die Autoren nicht. Womöglich wäre das ein Fall für die KfW-Bank, die über das von ihr betreute CO2-Sanierungsprogramm ohnehin über Expertise verfügt. Wenn die KfW einen solchen Sanierungsfonds auflegen würde, und womöglich auch noch ein Teil Fördermittel in solche Fonds fließen würde, ließen sich womöglich deutlich mehr private Anleger davon überzeugen, in die Sanierung des deutschen Gebäudebestands zu investieren.

Das Kabinett will für jeden Hausbesitzer einen Plan

Mitte November hat das Kabinett die „Energieeffizienzstrategie Gebäude“ verabschiedet, deren Herzstück der Plan ist, mit jedem Hausbesitzer einen individuellen Sanierungsplan zu erarbeiten. Die Fördermittelstrategie bleibt die alte. Den Versuch, die energetische Sanierung mit einer steuerlichen Abschreibungsmöglichkeit für die Hausbesitzer zu belohnen, hat die Regierung nach acht Jahren erfolgloser Debatte damit zu den Akten gelegt. Allerdings belegt die Unternehmensumfrage des Unternehmensnetzwerks für Energieeffizienz Deneff, die zum Jahreswechsel vorlag, dass 58 Prozent der befragten Unternehmen sich vor allem von einer Steuerförderung Impulse für die Gebäudesanierung erhoffen würden. Alle anderen Instrumente bewerteten die Unternehmen als deutlich schwächere Impulsgeber. Der jüngste Versuch, die Steuerförderung doch noch durchzusetzen, war daran gescheitert, dass sich Bayern nicht auf eine Gegenfinanzierung durch eine teilweise Kürzung der Steuerabschreibungsmöglichkeiten für Handwerkerrechnungen einlassen wollte. Diese Steuerförderung ist übrigens die teuerste und in ihrer Wirkung nur schwer zu bewertende Subvention, die der Bundeshaushalt ausweist.

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