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Das App-Store-Verfahren zwischen Apple und Epic Games beginnt am Montag.

© dpa/Herwin Bahar

„Fortnite"-Entwickler Epic Games gegen Apple: Gerät das Geschäftsmodell der App-Stores ins Wanken?

„Fortnite" kann derzeit nicht mehr auf iPhones heruntergeladen werden. Entwickler Epic Games will Apple keine Gebühren zahlen. Nun geht es vor Gericht.

Wer mit seinen Diensten auf dem Smartphone vertreten sein will, muss sich den Regeln von Apple und Google beugen. Die App des deutschen Satiremagazins „Titanic“ flog kürzlich wegen vermeintlich anstößiger Titelbilder aus dem Google Play Store und kehrte erst nach öffentlichkeitswirksamen Protesten zurück.

Der Bann von „Fortnite“ hält dagegen an: Seit vergangenem August kann eines der populärsten Videospiele derzeit nicht mehr auf iPhones heruntergeladen werden. „Fortnite"-Entwickler Epic Games will digitale Artikel in seinen Apps verkaufen, ohne einen Anteil vom Kaufpreis an Apple abzugeben. Nach einem Streit um die Gebühren hatte Apple „Fortnite“ unter Verweis auf den Regelverstoß und eine Vertragsverletzung aus dem AppStore geworfen (Tagesspiegel Background berichtete).

Auf Geräten, wo sie schon installiert war, funktioniert sie aber weiter. Google verbannte die App ebenfalls aus seiner Download-Plattform Play Store. Anders als auf iPhones können Android-Nutzer sie aber auch aus anderen Quellen laden. Epic Games zog gegen Apple vor Gericht, heute beginnt im kalifornischen Oakland das Verfahren.

Der Konflikt könnte verändern, wie das Geschäft mit Apps und digitalen Inhalten läuft. Zumal parallel in Europa die Geschäftspraktiken der App Stores ebenfalls im Fokus stehen. Am Freitag hatte die EU-Kommission Apple unfairen Wettbewerb in seinem App Store auf iPhone und iPad vorgeworfen. „App-Stores spielen eine zentrale Rolle in der heutigen digitalen Wirtschaft“, erklärte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager.

Apple sei mit seinem Store ein „Torwächter“, stehe aber gleichzeitig mit seinem Musik-Streamingdienst im Wettbewerb mit anderen Anbietern wie Spotify.
In beiden Fällen geht es um die so genannte „Apple-Steuer“, die Gebühren, die der Konzern beim Verkauf von digitalen Gütern über seine Plattform einbehält. Seit 2011 müssen Entwickler meist 30 Prozent der Einnahmen abtreten. „Keine andere Transaktionsgebühr – in keiner Branche – kommt dem nahe“, kritisiert beispielsweise die „Coalition for App Fairness“, in der sich Unternehmen wie Epic, Spotify oder Deezer zusammengeschlossen haben.

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Die App-Steuer sei besonders unfair, wenn sie auf Apps erhoben wird, die direkt mit ähnlichen, von Apple verkauften Apps konkurrieren. Doch dieses Modell könnte langsam ins Wanken geraten.

Epic will digitale Artikel direkt verkaufen

Epic wehrte sich dagegen, dass virtuelle Artikel in seinem populären Spiel „Fortnite“ auf iPhones nur über das System der In-App-Käufe von Apple angeboten werden können. Dabei behält Apple 30 Prozent des Kaufpreises ein. Epic würde stattdessen gern einen eigenen App Store auf dem iPhone betreiben und In-App-Käufe nicht über Apples Bezahlverfahren abwickeln.

Nachdem der iPhone-Konzern Ausnahmen von den Geschäftsbedingungen ablehnte, bauten die Epic-Entwickler in der App die vertraglich verbotene Möglichkeit ein, digitale Artikel auch direkt bei Epic zu kaufen. Dafür wurde im August eine versteckte Funktion in der Anwendung aktiviert, die Epic an Apple vorbeigeschmuggelt hatte. Daraufhin wurde die App verbannt. Entscheidend in dem Verfahren könnte die Frage werden, ob man von einer Monopolposition Apples bei der Verbreitung von Apps auf dem iPhone sprechen kann. Epic verweist darauf, dass auf dem iPhone Apps und digitale In-App-Käufe nur über Apples Plattform erworben werden könnten – und baut darauf seinen Vorwurf eines Wettbewerbsverstoßes auf, der beendet werden müsse.

Apple kontert, dass man stattdessen den Markt für Spiele insgesamt zusammen mit Konsolen und PCs betrachten müsse. Der Fall soll von einer Richterin in Kalifornien und nicht von Geschworenen entschieden werden. Apple verweist auch darauf, dass der Konzern dank des Wegs über einen einzigen App Store die Möglichkeit habe, alle Anwendungen zu prüfen, um Nutzer vor Betrug und Software-Fehlern zu schützen. Dafür seien fast 500 Mitarbeiter rund um die Welt im Einsatz. Epic entgegnet, Apple lasse auf seinen Mac-Computer seit jeher auch das Laden von Software aus anderen Quellen als dem hauseigenen App Store zu.

EU-Kommission wirft Apple Marktmissbrauch vor

Auf der anderen Seite des Atlantiks hatte die britische Wettbewerbsbehörde im März eine Untersuchung zum App-Store von Apple eingeleitet. Die EU-Kommission ist in ihrem Kartellverfahren schon weiter: Die Behörde sei zu der vorläufigen Auffassung gelangt, dass der US-Konzern „seine dominante Position beim Vertrieb von Musik-Streaming-Apps über seinen App-Store missbraucht" habe, erklärte die Kommission am Freitag.

Apple wies die Vorwürfe zurück und kritisierte den schwedischen Musikanbieter Spotify scharf, der Beschwerde in Brüssel eingelegt hatte. Brüssel übermittelte Apple eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, zu denen das Unternehmen Stellung nehmen kann.

Dies greife dem abschließenden Untersuchungsergebnis nicht vor, betonte die Kommission. Würde die Behörde am Ende ihre Vorwürfe bestätigt sehen, droht Apple eine Geldstrafe. Sie kann theoretisch bis zu zehn Prozent das Jahresumsatzes umfassen. Die Untersuchung der Kommission wurde von einer Beschwerde des Musikstreaming-Marktführers Spotify angestoßen, der mit Apple Music konkurriert. Spotify findet es unfair, dass für Apple beim gleichen Abo-Preis wegen der App-Store-Abgabe mehr Geld übrig bliebe.

Die Wettbewerbshüter zeigten sich besorgt, dass Nutzer von Apple-Geräten höhere Preise für Musikstreaming-Abos bezahlen müssten oder einige Abonnements nicht in ihren Apps kaufen könnten.

Die EU-Kommission wirft Apple unfairen Wettbewerb in seinem App Store auf iPhone und iPad vor.
Die EU-Kommission wirft Apple unfairen Wettbewerb in seinem App Store auf iPhone und iPad vor.

© dpa/Francisco Seco

Sie kamen in ihren vorläufigen Feststellungen auch zu dem Schluss, dass Apple eine dominierende Marktposition beim Vertrieb von Musikstreaming-Anwendungen im App Store habe. Apple konterte: „Die Argumentation der Kommission zugunsten von Spotify ist das Gegenteil von fairem Wettbewerb.“

Spotify wolle „alle Vorteile des App Stores nutzen und meint, dafür nichts zahlen zu müssen“. Spotify begrüßte die Entscheidung der Kommission. Dies sein „ein entscheidender Schritt, um Apple für wettbewerbswidriges Verhalten zur Verantwortung zu ziehen“. Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die meisten Streaming-Anbieter die Gebühr an ihre Kunden mit höheren Preisen weiterreichten. Spotify etwa bot eine Zeit lang seine Abos in der iPhone-App für 12,99 statt 9,99 Euro pro Monat an. Schon vor einigen Jahren ging der Dienst aber dazu über, stattdessen iPhone-Kunden das Abonnement über eine Website zu verkaufen, um der Gebühr zu entgehen.

Auch der Videostreaming-Dienst Netflix geht diesen Weg. Bei diesem Modell kommt der zweite Wettbewerbsverstoß aus Sicht der Kommission zum Tragen: Die Anbieter dürften nicht direkt in der App einen Link zu der Website einbauen, auf der man die Abos an Apple vorbei kaufen kann. Apple kontert, es würde zum Beispiel auch kein Elektronik-Markt Werbung eines Konkurrenten neben den eigenen Preisschildern zulassen.

Der iPhone-Konzern verweist auch darauf, dass Spotify seit dem Ausstieg aus In-App-Käufen 2016 mehr als 100 Millionen Abo-Kunden gewonnen habe. Außerdem gebe Spotify die Senkung der Gebühr von 30 auf 15 Prozent nicht an die Kunden weiter.

Löst der Markt das Problem?

Doch nicht nur von politischer Seite steigt der Druck auf Plattformbetreiber, auch der Wettbewerb der Plattformen untereinander wird schärfer – zum Beispiel bei den Verkaufsplattformen für Digitale Spiele. Hier greift Microsoft gerade Marktführer Valve mit seiner Spieleplattform Steam an. Unter anderem kündigte der Konzern aus Redmond am vergangenen Donnerstag an, im Microsoft-Store künftig nur noch zwölf Prozent Gebühren vom Nettoumsatz zu nehmen.

Zuvor waren es 30 Prozent gewesen. Man wolle Spiele-Entwickler:innen ein attraktives Angebot „ohne Hintertüren“ machen, erklärte Sarah Bond, Leiterin der Spiele-Sparte des Microsoft Stores. Die Strategie dahinter ist leicht zu erkennen: Sie zielt darauf ab, dass mehr und mehr Anbieter zu der Plattform wechseln, bei der mehr Brutto vom Netto bleibt, und so mittelfristig auch die Käuferinnen und Käufer mitwandern.

Auch auf der Spiele-Plattform von Epic, dem Epic Games Store, müssen Anbieter seit Ende 2018 „nur“ zwölf Prozent abgeben. Ein großer Effekt auf die Umsätze von Platzhirsch Steam konnte bisher nicht festgestellt werden – Marktanalysten schätzen, dass immer noch drei Viertel aller Umsätze mit digitalen Spielen auf die Plattform fallen.

Doch auch Google und Apple haben auf den zunehmenden Druck inzwischen reagiert und in diesem Jahr die Gebühren für kleinere Entwickler gesenkt oder das angekündigt. Bei Google sollen App-Entwickler, die weniger als eine Million Dollar pro Jahr in der Download-Plattform des Internet-Konzerns einnehmen, statt der üblichen 30 Prozent vom 1. Juli an 15 Prozent abtreten.

Nach Erreichen der Millionen-Marke in Googles Play Store werden wieder 30 Prozent fällig. Dem Konzern zufolge werden sich aber für 99 Prozent der Entwickler die Abgaben mit dem Schritt halbieren.
Apple hatte seine Abgabensenkung im Dezember angekündigt und sie greift seit diesem Jahr. Bei Google gelten die 15 Prozent generell für die erste Million Dollar in einem Jahr. Bei Apple qualifiziert sich ein Entwickler für die 15-Prozent-Abgabe, wenn er im Vorjahr weniger als eine Million Dollar einnahm. Sollten seine Einnahmen im darauf folgenden Jahr dann die Marke von einer Million überschreiten, werden ab diesem Punkt die 30 Prozent fällig. (Mit Paul Dalg, dpa, AFP)

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