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Die damalige Bundesforschungsministerin Anja Karliczek schaute sich im vergangenenj Jahr gemeinsam mit Martin Winter (li.) einen Projektraum der FFB in Münster an.

© picture alliance/dpa

Exklusiv

Forschungsfabrik Batteriezellenfertigung: Neuer Leiter kommt von BMW

Mit einem Industriemanager versucht die umstrittene Forschungsfabrik einen Neuanfang. Der Steuerzahler ist mit fast 700 Millionen Euro dabei.

Personeller Neustart in Münster: Die Forschungsfabrik Batteriezellenfertigung (FFB) bekommt einen neuen Chef. Der BMW-Manager Simon Lux übernimmt nach Informationen von Tagesspiegel Background die Leitung der FFB, die seit der Gründung mit Startschwierigkeiten kämpft. Bislang leitet die Einrichtung Jens Tübke von der Fraunhofer Gesellschaft. Der Bund mit 500 Millionen Euro und das Land Nordrhein-Westfalen mit 180 Millionen Euro geben viel Geld aus für das Projekt, mit dem die Politik den Aufholprozess der deutschen Wirtschaft in der Batterietechnologie fördert.

Münster hatte 2019 den Zuschlag bekommen

Die Fraunhofer Gesellschaft betreibt die FFB, die vom Bundesforschungsministerium (BMBF) initiiert worden war. Überraschend hatte 2019 Münster den Zuschlag vom BMBF bekommen, was in der Industrie ebenso auf Verstimmung gestoßen war wie konzeptionelle Schwächen bei der Fraunhofer Gesellschaft. Von der Berufung des Industrievertreters Lux erhofft sich die Politik nun eine Verbesserung der Beziehungen zu industriellen Zellenherstellern -und -anwendern.

Der neue Mann hat in Münster promoviert

Lux ist seit mehr als fünf Jahren bei BMW in der Zellenentwicklung tätig. Er kennt sich gut aus in Münster: Lux hat dort bei Professor Martin Winter am MEET Batterieforschungszentrum promoviert. Winter wiederum ist einer der profiliertesten Zellchemiker hierzulande und eng verflochten mit der FFB. Gemeinsam mit Achim Kampker (RWTH Aachen), Jens Tübke (Fraunhofer) und Falko Schappacher (MEET) bildet Winter den Executive Board der FFB. Um Lux von BMW zur umstrittenen FFB zu locken, bekommt der BMW-Manager in Münster eine Professur und wird Institutsleiter bei der Fraunhofer Gesellschaft.

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Spatenstich vor vier Wochen

Vor vier Wochen trieben Vertreter von Bund und Land sowie der Fraunhofer Gesellschaft in Münster den Spaten in den Boden. Auf einer Fläche von mehr als 55.000 Quadratmeter entsteht „eine zukunftsweisende, strikt anwendungsorientierte Forschungsfertigung für die großskalige Batteriezellproduktion“, heißt es bei der Fraunhofer Gesellschaft.  

Industrie auf Distanz

„Am FFB-Standort sollen ökonomische und ökologisch nachhaltige Fertigungsverfahren für aktuelle sowie künftige Zelltechnologien erforscht und weiterentwickelt werden. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Batteriezellproduktion können Industrieunternehmen alle oder ausgewählte Prozessschritte erproben und für ihre Zwecke optimieren – und das unter wissenschaftlicher Begleitung an Produktionslinien bis in den Gigawatt-Maßstab.“ Soweit die Aufgaben- und Zielstellung. Die Sache hat nur zwei Haken: die FFB ist spät dran, europaweit werden derzeit ein paar Dutzend Batteriezellfertigungen aufgebaut. Und die Industrie, für die ja eigentliche die FFB gedacht ist, treibt ihre eigenen Projekt unabhängig vom Geschehen in Münster voran. Wozu braucht man also die FFB?  Nach Einschätzungen aus der Industrie sollte sich die Forschungseinrichtung auf zukünftige Zellen konzentrieren und nicht an der herkömmlichen Lithium-Ionen-Technologie arbeiten. Lithium-Natrium etwa und im nächsten Schritt Festkörperzellen gehört vermutlich die Zukunft.

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