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In den Nachbarländern Syriens (hier ein Flüchtlingscamp in Jordanien) spitzt sich die Lage zu, weil immer mehr Flüchtlinge kommen.

© dpa

Flüchtlingshilfe: Weltbank plant Flüchtlings-Anleihe

Investoren sollen über eine Sonderanleihe Geld für die Flüchtlingshilfe und den Wiederaufbau in Syrien bereitstellen. Das schlägt Weltbank-Präsident Jim Yong Kim vor.

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So kann es nicht weitergehen. Das machte UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon am Wochenende deutlich. „Die Zahl der Flüchtlinge ist auf über vier Millionen Menschen gestiegen“, sagte er bei einem Spitzentreffen am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in der peruanischen Hauptstadt Lima. Weitere zehn Millionen Menschen in Syrien und den angrenzenden Staaten benötigten dringend humanitäre Hilfe. „Das ist eine schreckliche Situation.“ Weltbank-Präsident Jim Yong Kim pflichtete ihm bei und mahnte: „Wir müssen jetzt beginnen, in eine neue Zukunft für den Mittleren Osten und Nordafrika zu investieren.“

Bleibt die Frage: Wer soll das bezahlen? Längst nicht alle Staaten, die derzeit viele Flüchtlinge aufnehmen, stehen finanziell so gut da wie Deutschland. Das gilt vor allem für die direkten Nachbarstaaten von Syrien. In Jordanien sollen zum Beispiel mittlerweile 1,4 Millionen Flüchtlinge aus Syrien angekommen sein – etwa 20 Prozent der dortigen Bevölkerung. Im Libanon ist die Lage ähnlich: „Wir haben bei uns 1,7 Millionen Flüchtlinge bei vier Millionen Einwohnern“, sagte Alain Bifani, Generaldirektor des libanesischen Finanzministeriums. „Das ist in etwa so, als wenn die gesamte Bevölkerung Mexikos in die USA übersiedeln würde.“ Deshalb brauche sein Land mehr Schulen, Krankenhäuser, Unterkünfte – und vor allem Geld, um all das zu bezahlen.

Die Weltbank plant eine Sonderanleihe

Weltbank-Präsident Kim weiß um das Problem und hat eine Lösung parat. Zusammen mit der Islamischen Entwicklungsbank will seine Institution eine Sonderanleihe auflegen, um die Staaten in der Krisenregion zu unterstützen. Investoren sollen auf diese Weise Geld für die Flüchtlingshilfe und den Wiederaufbau in Syrien bereitstellen. Abgesichert würden die Anleihen über Garantien der Geberländer: Die müssten dafür nicht sofort zahlen, sondern nur dann, wenn die Anleihen ausfallen sollten. Noch ist jedoch offen, wie genau ein solches Finanzpapier aufgelegt werden könnte. Die Details soll in den kommenden Monaten eine Arbeitsgruppe klären – bis zum Februar soll sie einen Plan für die Umsetzung vorlegen.

Weil man auch mit Hilfe von Investoren kaum die Kosten decken kann, ist in einem zweiten Schritt an Zuschüsse gedacht. Auch will der Internationale Währungsfonds Ländern wie Jordanien nach Angaben von IWF-Chefin Christine Lagarde einen größeren Finanzierungsspielraum einräumen.

15 Millionen Menschen in der Krisenregion haben ihre Häuser verloren

Weltbankpräsident Kim betonte, um das Ausmaß der Krise zu bewältigen, seien „starke globale Partnerschaften und innovative Finanzierungsmethoden essenziell“. Er schätzt allein die Kosten durch die Zerstörungen des Krieges in Syrien auf 170 Milliarden Dollar. Das heißt: Sollte es irgendwann Frieden geben, wird man Milliardensummen für den Wiederaufbau brauchen. Bereits jetzt hätten über 15 Millionen Menschen in der Region ihre Häuser verloren. „Es ist die größte Vetriebenen-Krise seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagte Kim.

Auch in der EU sucht man nach zusätzlichen Geldquellen, um Maßnahmen zur Eindämmung des Flüchtlingsstroms zu finanzieren. Dabei wird geprüft, den EU-Haushalt über weitere Mittel aus den 28 Mitgliedsstaaten aufzustocken. Im Gespräch ist zum Beispiel ein „Flüchtlings-Soli“ – also eine Sonderabgabe für Steuerzahler. Aufgeschlagen werden könnte sie zum Beispiel auf die Mehrwert- oder Mineralölsteuer.

Hierzulande will man von einer solchen Lösung allerdings nichts wissen. Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) schloss einen „Flüchtlings-Soli“ für die Bundesrepublik am Wochenende aus: „Es bleibt dabei: Wir wollen und können die Probleme lösen, ohne in Deutschland Steuern zu erhöhen.“ Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) äußerte sich in Lima ähnlich: „In Deutschland haben wir fiskalischen Spielraum“, sagte er. Das heißt: Sollte die EU mehr Geld brauchen, um Flüchtlingslager rund um Syrien, Maßnahmen an den EU-Außengrenzen oder neue Verteillager zu finanzieren, könnte Deutschland das aus dem Haushalt stemmen. Lieber will man hierzulande neue Schulden machen, als das Versprechen der CDU/CSU aus dem Wahlkampf zu brechen: keine Steuererhöhung bis 2017. mit dpa/rtr

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