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Ein Auszubildener im Tischlerhandwerk bohrt in Hannover (Niedersachsen) ein Loch in ein Brett.

© Julian Stratenschulte/dpa

Fachkräftemangel: Wenn kein Meister vom Himmel fällt

Wie wertvoll Handwerksmeister in Deutschland sind, merken die Menschen, die wochenlang auf den Besuch eines Klempners oder Monteurs warten müssen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Marie Rövekamp

An Handwerkern fehlt es in Deutschland noch mehr als an Programmierern. Daran konnte auch die Deregulierungsinitiative der rot-grünen Regierung 2004 nichts ändern, die in 53 von 94 Berufen die Meisterpflicht abgeschafft hat. Das erschien sinnvoll mit Blick auf schnell zugängliche Beschäftigung für die damals zahlreicheren Arbeitslosen – war aber auch ein Signal dafür, dass man ohne Meister einen Betrieb führen kann, nach dem Motto: Ist ja nur Maloche. Die Folge: Imageverlust und inzwischen dramatischer Nachwuchsmangel.

Nun gibt es zahlreiche Befürworter einer Wiedereinführung der Meisterpflicht für alle Handwerksberufe. Etwa die Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU), die im Sommer verkündete, Berufsabschlüsse wie den Meister den akademischen, etwa dem Bachelor, gleichstellen zu wollen. Oder Carsten Linnemann von der CDU-Mittelstandsvereinigung, der die Abschaffung des Meisters als Fehler sieht, der dazu geführt habe, dass viele Ein- Mann-Betriebe öffneten, die nach kurzer Zeit wieder schließen mussten, dass sich zu viele Pfuscher herumtrieben, die ihr Handwerk nicht verstehen und keine Lehrlinge ausbilden. Und jetzt hat Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer das Thema wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Er sieht den Ruf des Handwerks in den meisterlosen Bereichen in Gefahr und mahnt ebenfalls, dass die Freigabe zu Wettbewerbsverzerrung geführt hätte, weil viele Solo-Selbstständigen so wenig verdienen, dass sie keine Beiträge in die Sozialkassen einzahlen – und ausbilden können sie auch nicht.

Das Thema Zukunftssicherung werde so zusätzlich gefährdet. Sagt Wollseifer – und hat recht. Deutschland braucht nicht mehr schlechte Schrauber und sonstige Selfmade-Mechaniker, die am Ende von der Solidargemeinschaft alimentiert werden müssen. Es braucht eine angesehene Handwerkslandschaft, die neben guter Arbeit auch interessante Berufsalternativen für junge Leute liefert, damit die sich nicht länger an den Universitäten drängeln. 1980 ging jeder Fünfte von der Schule an die Uni, heute mindestens die Hälfte. Ohne Handwerk wird es aber nicht gehen. Ob die Politik das wirklich begriffen hat?

Beim Umgang mit Asylbewerbern, die erfolgreich ausgebildet werden, hat es nicht den Anschein. Denen soll nach dem neuen Fachkräftezuwanderungsgesetz aus ihren Fertigkeiten kein Aufenthaltsrecht erwachsen. Man könnte das einen handwerklichen Fehler nennen.

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