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Fehlen Mitarbeiter im IT-Bereich, bekommen das Unternehmen aller Wirtschaftszweige zu spüren.

© Imago/Shotshop

Fachkräfte und Corona beuteln Arbeitsmarkt: 1,7 Millionen Stellen bleiben unbesetzt

Jedes zweite Unternehmen leidet unter Fachkräftemangel. Das ergibt der DIHK-Report 2021. Demnach spitzt sich die wirtschaftliche Lage zu.

Mehr als jedes zweite Unternehmen sucht erfolglos Mitarbeiter:innen mit dualer Berufsausbildung, etwa jedes dritte Meister:innen und Fachwirte. Bei Hochschulabsolvent:innen fehlt es vor allem an denen mit einem Abschluss in den MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.

Das hat der Fachkräftereport 2021 des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) ergeben, der am Montag in Berlin von Achim Dercks, dem stellvertretenden DIHK-Hauptgeschäftsführer, online vorgestellt wurde.

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„Obwohl die Krise in vielen Betrieben nicht überstanden ist und der Konjunkturaufschwung schwächelt, ist der Fachkräftemangel zurück, schneller und in größerem Umfang als von vielen erwartet“, erklärte Dercks. Damit fehle für die Umsetzung zentraler gesellschaftlicher Zukunftsaufgaben wie Klimaschutz, Energiewende und Digitalisierung nicht nur das Geld, sondern auch der Mensch.

Wertschöpfung gebremst um 90 Milliarden Euro

Laut dem Report geht der DIHK davon aus, dass aktuell 1,7 bis 1,8 Millionen Stellen nicht besetzt werden können und damit die Wertschöpfung grob geschätzt um rund 90 Milliarden Euro gebremst wird. Das seien 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
23 000 Unternehmen wurden für die Einschätzung der Lage befragt.
Das Ergebnis: Mehr als jedes zweite (51 Prozent) kann zumindest vorübergehend offene Stellen nicht besetzen, weil es keine passenden Arbeitskräfte findet. Im Herbst 2020 habe das nur rund jedes dritte Unternehmen (32 Prozent) berichtet. Damit sei der Mangel an Fachkräften heute sogar größer als vor Corona, im Jahr 2019 hatten damit 47 Prozent der Betriebe Probleme, so Dercks.

Die größten Lücken bei qualifiziertem Personal meldeten mit 66 Prozent die Betriebe der Bauwirtschaft. An zweiter Stelle stehen mit 57 Prozent die Investitionsgüterproduzenten, die etwa maschinelle Anlagen zur Produktion von Konsumgütern herstellen. Bei den Industriefirmen indes hat sich das Problem am deutlichsten verstärkt: 53 Prozent gaben an, in diesem Jahr Stellen nicht besetzen zu können, im Herbst 2020 waren es 29 Prozent.

Besonders gefragt: Ausbildung, Meister oder MINT-Hochschulabschluss

Vor allem gesucht werden demnach Qualifizierte. Deshalb hält der DIHK-Experte es für ein „ernstzunehmendes Geschäftsrisiko für viele Betriebe“, dass die Anzahl der Ausbildungsverträge gegenüber dem Vorjahr um rund acht Prozent gesunken ist. Nur 46 Prozent der befragten Unternehmen gab an, den eigenen Fachkräftebedarf in Zukunft mit Ausbildungsangeboten begegnen zu wollen. Nur knapp jeder dritte Betrieb (29 Prozent) will durch Weiterbildung die Kompetenzen der eigenen Mitarbeiter stärken, um den Strukturwandel und die Digitalisierung zu bewältigen.

Ist qualifiziertes Personal weiter rar, befürchten 61 Prozent der Betriebe, dass die eigene Belegschaft dadurch stärker belastet wird. 43 Prozent gehen davon aus, Aufträge ablehnen und das Angebot reduzieren zu müssen.

Mangelt es an LKW-Fahrern, stocken industrielle Prozesse

Durch Engpässe in einzelnen Bereichen seien nicht nur bestimmte Branchen betroffen. Fehlten etwa Mitarbeiter im IT-Bereich, habe das Folgen für Mittelständler aller Wirtschaftszweige, die Geschäftsprozesse digitalisieren oder sich um eine bessere Cybersicherheit kümmern wollten. Mangele es an Lkw-Fahrern könnten industrielle Produktionsprozesse stocken. Fehlten Fachkräfte zum Verlegen von Glasfasern, verlangsame das den Ausbau der Breitbandinfrastruktur. Damit bremse der Fachkräftemangel die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Landes.

Wie können Wirtschaft und Politik dem entgegenwirken? Der DIHK rät, was seit Jahren gefordert wird, die Aus- und Weiterbildung zu fördern, die Berufsorientierung zu stärken und die Berufsschulen technisch besser auszustatten. Unternehmen sollten weiter die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern und die Politik die Regeln zur Fachkräftezuwanderung erleichtern.

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