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Wie gefährlich ist das Libra-Projekt?

© Kay Nietfeld/dpa

Facebook-Währung Libra: Ein vermessenes Projekt

Die große Mehrheit der Deutschen sieht die von Facebook & Co. geplante Währung mit Skepsis. Ein Zeichen, dass der Digitalriese sich übernimmt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Die Leute sind erkennbar skeptisch, also stimmt etwas nicht. Das Projekt einer eigenen Facebook-Währung, Libra getauft, kommt nach einer Umfrage bei den Deutschen nicht so gut an. Zwar sagt immerhin jeder achte Befragte, er stehe dem Vorhaben des globalen Digitalriesen positiv gegenüber – womit eine Kundenbasis vorhanden wäre, die Facebook & Co. für den Anfang locker genügen würde. Aber die große Mehrheit von 71 Prozent hat Bedenken, die berechtigt sind, auch wenn sie vermutlich mehr aus einem Gefühl heraus entstanden als mit konkretem Wissen um das Projekt unterlegt sind. Selbst die Mehrheit der deutschen Facebook-Nutzer sieht Libra mit Skepsis.

Zwar wäre Libra bei der geplanten Einführung 2020 vorerst nur eine Ersatzwährung, eine Verrechnungseinheit, gedacht für Transaktionen innerhalb des Netzwerks, das Facebook mit den am Konsortium beteiligten Unternehmen bilden will. Freilich sind diese Partner allesamt Giganten für sich: Visa, Mastercard, Paypal, Vodafone, Spotify, Ebay. Dass Transfers via Whatsapp möglich sind, macht das Projekt für sehr viele Nutzer attraktiv. Wenn noch andere Großkonzerne wie Amazon dazukommen, wächst die Marktmacht noch immens. Libra ist der Versuch, ohnehin schon dominierende Markt- und Machtstellungen auszudehnen und noch mehr Menschen von einer überschaubaren Zahl von Unternehmen und ihren Partnern abhängig zu machen.

Facebook gilt vielen schon als Problem

Dieses Unternehmen aber wird längst nicht mehr so unkritisch betrachtet wie noch vor wenigen Jahren. In der Umfrage im Auftrag der kleinen NGO "Bürgerbewegung Finanzwende" ist die Hälfte der Befragten der Ansicht, der Einfluss von Facebook auf die Gesellschaft sei bereits problematisch. Und ein Viertel glaubt, dieser Einfluss könne problematisch werden, wenn er wachse. Mit Libra würde er wachsen. 64 Prozent geben an, sie hätten mehr Vertrauen in die Zentralbanken als Herausgeber von Währungen, nur vier Prozent sagen das mit Blick auf private Konzerne wie Facebook, Amazon oder Apple. Wer solche Meinungen ignoriert, der handelt vermessen.

Ob Libra in Europa ankommt, wird man sehen. Immerhin geht die Bundesbank davon aus, dass in Regionen mit funktionierenden digitalen Zahlungssystemen und stabilen, sicheren Währungen das Projekt des globalen Social-Media-Giganten keinen großen Zusatzgewinn für die Nutzer und Kunden der beteiligten Unternehmen bringt. Das sieht man in dem Konsortium, das seinen Firmensitz in der Schweiz haben soll, möglicherweise auch so. Wie es scheint, sind es jene mehr oderweniger wohlhabenden Migranten aus Lateinamerika, Afrika oder Asien, die in den USA oder Europa leben und arbeiten und einen Teil ihres Einkommens in ihre Heimatländer transferieren. Das ist heute meist teuer, Libra soll diese Transaktionen billig machen. Der Zusatzeffekt wird sein, dass Facebook & Co. in diesen Weltregionen nicht nur ihre wirtschaftliche, sondern auch ihre gesellschaftliche Macht ausbauen werden. Und das Geschäft mit dem Datensammeln würde noch lukrativer.

Gefahr für Finanzmärkte

Weniger wertstabile Währungen könnten in einem gewissen Ausmaß verdrängt werden, so die Einschätzung der Bundesbank. Das mag in einigen Fällen sogar positiv sein aus Sicht der betroffenen Bevölkerungen. Insgesamt aber geht von Libra eine nicht zu unterschätzende Gefahr aus, Finanzmärkte zu destabilisieren. Und je globaler Libra wird, umso globaler wird dieses Risiko. Dass Facebook und seine Partner bei einem großen Erfolg von Libra auch zu Großgläubigern der Industriestaaten werden, weil sie mit dem Geld aus dem Verkauf von Libra-Tokens deren Anleihen erwerben, um Sicherheiten vorweisen zu können, ist ein weiterer Aspekt, den man bedenken sollte. Banken könnten zudem, was ihr klassisches Geschäft betrifft, einen weiteren Stoß empfangen, wenn Abermillionen von Kunden lieber Libra horten als einen Teil ihres Geldes auf Girokonten zu parken. Je erfolgreicher die Facebook-Währung sein würde, je stärker würde sich Facebook auch zum Finanzunternehmen entwickeln, über das klassische Kredit- und Bankgeschäfte laufen. Wie gesagt: Der Mehrheit der Deutschen ist Libra nicht geheuer.

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