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Präsent. EZB-Präsident Mario Draghi sagte am Donnerstag „Die Anwesenheit der EZB an den Finanzmärkten wird noch lange, lange anhalten.“

© dpa

EZB bleibt bei lockerer Geldpolitik: Mario Draghi beschenkt die Märkte

Die Europäische Zentralbank verlängert ihr Ankaufprogramm für Anleihen. Dabei hält Notenbank-Präsident Draghi eine Überraschung bereit. Der Dax springt über 11.000 Punkte.

Mit einem Sprung über die 11 000-Punkte-Hürde hat der Deutsche Aktienindex (Dax) am Donnerstag auf die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) reagiert, ihren Kurs der ultra-expansiven Geldpolitik fortzusetzen. Die EZB verlängert ihr Anleihe-Kaufprogramm wie von Experten und Volkswirten erwartet über das bislang geplante Ende im März 2017 – allerdings nicht nur für sechs, sondern für neun Monate bis Ende kommenden Jahres. Zugleich reduziert sie das monatliche Kaufvolumen von 80 auf dann 60 Milliarden Euro. Damit kauft sie in Summe mehr als von Beobachtern erwartet.

Das sei nicht der Einstieg in den Ausstieg aus dem Kaufprogramm, sagte EZB- Präsident Mario Draghi nach der Sitzung des EZB-Rates. Den Leitzins beließ die Notenbank bei null, der Zins für Einlagen der Banken liegt weiter bei minus 0,4 Prozent. Nach der letzten Sitzung des EZB-Rates in diesem Jahr ließ Draghi durchblicken, dass die Zinsen noch lange niedrig bleiben. „Die Anwesenheit der EZB an den Finanzmärkten wird noch lange, lange anhalten“, sagte der Italiener.

DIW-Chef: "Weise und ausgewogen"

Die meisten Beobachter reagierten überrascht auf die EZB-Entscheidung. Sie sei „weise und ausgewogen“, sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). „Sie mag viele in Deutschland enttäuschen.“ Die Verlängerung des Anleihenkaufprogramms sei unausweichlich, da die wirtschaftlichen Risiken für den Euro-Raum „noch immer erheblich sind und die EZB ihr Mandat der Preisstabilität wohl auch 2019 noch nicht ganz erreichen wird“. Die EZB sorge „für eine vorweihnachtliche Überraschung“, befand das Bankhaus Lampe. Die meisten Marktakteure hätten erwartet, dass das Kaufprogramm im bisherigen Ausmaß nur für ein halbes Jahr verlängert werde. Die EZB sorge nun „für etwas mehr Klarheit“ über den weiteren Kurs ihrer Geldpolitik.

Seit März 2015 kauft die EZB Staatsanleihen der Euro-Staaten und Pfandbriefe, zwischenzeitlich sind Unternehmensanleihen dazugekommen. Bis März dieses Jahres lag das monatliche Volumen bei 60 Milliarden Euro, seitdem sind es 80 Milliarden. Mit dem Programm will die Notenbank zum einen die Renditen der Euro-Staatsanleihen drücken und damit vor allem die Krisenländer entlasten, zum anderen stellt sie den Banken, von denen sie die Anleihen meist kauft, mehr Geld zur Verfügung, das diese dann in Form von Krediten an Unternehmen und Verbraucher weiterreichen sollen. Damit soll die Konjunktur angekurbelt werden. Draghi zufolge zeigt dieser Ansatz Wirkung.

Zusätzlich eine halbe Billion Euro Zentralbankgeld

Bis Ende November hat die EZB Papiere für 1,476 Billionen Euro gekauft. Bis März dürften bei monatlichen Käufen von 80 Milliarden Euro weitere 320 Milliarden Euro dazukommen. Durch die jetzt beschlossene Verlängerung bis Ende 2017 bei Käufen von 60 Milliarden im Monat wird die EZB weitere 540 Milliarden Euro freisetzen. Damit summiert sich das Kaufprogramm bis dahin auf rund 2,33 Billionen Euro.

„Es ist sinnvoll, dass die EZB ihrem Kurs zunächst treu bleibt“, sagte Markus Kerber, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Industrie. Das erhöhe die Stabilität der Währungsunion. Jetzt seien aber die nationalen Regierungen am Zug. „Die Geldpolitik braucht Unterstützung durch nachhaltig finanzierte öffentliche Haushalte und mehr öffentliche Investitionen.“

Der EZB-Rat lockerte am Donnerstag gleichzeitig die Vorgaben für den Kauf von Staatsanleihen. Bislang kauft die Notenbank Anleihen erst ab einer Laufzeit von zwei Jahren, ab Januar geht es auch mit Laufzeiten von nur einem Jahr. Außerdem kann die EZB künftig auch Anleihen unter der Verzinsung des Einlagezinses für Banken von minus 0,4 Prozent kaufen, also mit einer deutlich negativen Rendite. Hintergrund ist nach Ansicht von Experten die Tatsache, dass Anleihen, die die EZB erwerben kann, mittlerweile knapp werden. Jörg Krämer, Chef-Volkswirt der Commerzbank, glaubt, dass die EZB in der zweiten Jahreshälfte 2017 beim Kauf an ihre Grenzen stößt.

Inflation steigt, aber nicht stark genug

Draghi machte am Donnerstag trotzdem deutlich, dass das Ende des Programms Ende 2017 nicht besiegelt ist. Die EZB behalte sich vor, es weiter zu verlängern, sollte sich die Inflationsrate nicht wie von der EZB gewünscht entwickeln. Nach ihren jüngsten Schätzungen wird die Inflationsrate in diesem Jahr bei 0,2 Prozent liegen. 2017 sollen es 1,3, 2018 dann 1,5 Prozent sein, bevor sie 2019 auf 1,7 Prozent steigt.Die EZB sieht die Preisstabilität und die Basis für nachhaltiges Wachstum gewährleistet, wenn die Inflationsrate bei knapp zwei Prozent liegt.

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