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Mario Draghi, Präsident der EZB, am Donnerstag auf seiner Pressekonferenz.

© REUTERS

Europäische Zentralbank: EZB enttäuscht die Anleger

Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöht die Strafzinsen für Bankeinlagen. Der Umfang der Anleihekäufe wird nicht erhöht, aber das Programm wird zeitlich verlängert. Die Börsen haben mehr erwartet. Der Dax sinkt.

Von Andreas Oswald

Die Europäische Zentralbank (EZB) dehnt die Anleihekäufe zeitlich bis März 2017 aus. Ursprünglich sollte das Programm nur bis September 2016 dauern. Zudem erhöht sie den Strafzins für Bankeinlagen. Statt 0,2 Prozent müssen Banken nach der Entscheidung des EZB-Rates vom Donnerstag in Frankfurt künftig 0,3 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken.

Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), erklärte auf einer Pressekonferenz alle neuen Maßnahmen.

Die Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) kommt bei Anlegern nicht gut an. Der Dax gab seine Gewinne am Donnerstag ab und notierte deutlich tiefer. Der Euro zog im Gegenzug an. Die Anleger hatten wohl deutlich mehr von der EZB erwartet. So war erwartet worden, dass auch die monatliche Summe der Anleihekäufe erhöht würde. Das ist nicht passiert. Insofern wurde die Geldpolitik weniger gelockert als erwartet.

Der Leitzins bleibt unverändert

Eine Erhöhung der Strafzinsen auf minus 0,3 Prozent lag genau im Rahmen der Erwartungen. Kritiker befürchten, dass die Banken diese zusätzlichen Kosten auf ihre Kunden abwälzen werden. Deutsche Banken parken besonders viel Geld bei der EZB und sind deshalb besonders betroffen. Laut "Neuer Zürcher Zeitung" (NZZ) haben sich die Banken in der Schweiz solche Kosten von den Hypothekenkunden zurückgeholt, indem sie die Hypothekenzinsen erhöhten. Allerdings stehen die Strafzinsen in der Schweiz bei minus 0,75 Prozent. Das ist weltweiter Rekord.

Der Leitzins im Euroraum verharrt unterdessen auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent. Damit bleibt Zentralbankgeld für Geschäftsbanken extrem günstig. Anders als in den USA sind steigende Zinsen im Euroraum absehbar nicht in Sicht.

Mit dem negativen Einlagenzins wollen die Währungshüter die Kreditvergabe im Euroraum ankurbeln. Denn bislang kommt das viele billige Zentralbankgeld nicht im gewünschten Maß über Bankkredite bei Unternehmen und Verbrauchern an. Die Konjunktur im Euroraum erholt sich nur schleppend, die Inflation ist nach wie vor im Keller. Zuletzt hatte die EZB den Zinssatz für die sogenannte Einlagefazilität im September 2014 auf minus 0,2 Prozent gesenkt.

Preise steigen langsamer als erwartet und gewünscht

Die Preise in der Euro-Zone werden der EZB zufolge langsamer steigen als bislang angenommen. Die Experten der Notenbank senkten am Donnerstag ihre Prognose für die Teuerungsrate 2016 von 1,1 auf 1,0 Prozent und für 2017 von 1,7 auf 1,6 Prozent. Für das zu Ende gehende Jahr wird weiter ein Mini-Plus von 0,1 Prozent erwartet. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt aber eine Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent an. Um dieses Ziel mittelfristig zu erreichen, pumpt sie noch länger billiges Geld in die Wirtschaft.

Trotz der Geldflut ist die Gefahr einer Deflation - eines Preisverfalls auf breiter Front - noch nicht gebannt. Im November lag die Teuerung vor allem wegen der anhaltend niedrigen Energiepreise nur bei 0,1 Prozent. "Gegen Jahresende dürften die Verbraucherpreise anziehen", sagte EZB-Präsident Mario Draghi.

Ihre Konjunkturerwartungen hoben die Notenbank-Experten leicht an. Für das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr erwarten sie ein Wachstum von 1,5 (bisher 1,4) Prozent. Für nächstes Jahr stellten sie ein Plus von unverändert 1,7 Prozent in Aussicht, für 2017 von 1,9 (1,8) Prozent. (mit dpa, Reuters und AFP)

Einen ausführlichen Bericht, was die lockere Geldpolitik der EZB für Wirtschaft, Konsumenten, Immobilienbesitzer und Sparer bedeutet, lesen Sie hier.

Einen ausführlichen Bericht, wie Anleger durch Rebalancing der Crash-Gefahr und den Wirren an der Börse entgehen können, lesen Sie hier.

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