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Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank

© Francisco Seco / AP / dpa

EuGH-Urteil: Die EZB ist der falsche Sündenbock

Es ist richtig, wie der Europäische Gerichtshof über die Anleihenkäufe der EZB geurteilt hat. Nutznießer ist übrigens auch der deutsche Staat. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Fabian Löhe

Was rechtens ist, ist das Eine. Aber ist es auch richtig? Im Fall des Urteils durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) über das Programm für Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) trifft beides zu. Schrill und laut war immer wieder das politische Getöse seit 2015, weil die Bank die wirklich unglaubliche Summe von rund 2500 Milliarden Euro in die Finanzmärkte gepumpt hat: Verbotene Finanzierung der Pleitestaaten lautete der eine Vorwurf, Enteignung der meist deutschen Sparer der andere.

Doch das Programm verstößt nicht gegen EU-Recht. Das EuGH-Urteil sollte nun Anlass geben, die EZB nicht länger zum Sündenbock für verfehlte Wirtschaftspolitik in Europa zu machen. Ja, die Anleihekäufe haben die Zinsen gedrückt. Doch einen Anspruch auf risikolose Renditen für Sparer gibt es nicht.

Wo die "Bazooka" zuschlägt

Im Übrigen verfügen zumindest in Deutschland laut Studien der Bundesbank ganze 40 Prozent der Haushalte über kein zinsrelevantes Vermögen. Ihnen kann – leider – egal sein, wie hoch die Zinsen sind. Nicht egal sein kann ihnen, wie viel Miete sie zahlen. Genau hier schlägt zwar die Wucht der Anleihen-„Bazooka“ zu. Denn die niedrigen Zinsen haben die Immobilienwerte in die Höhe schießen lassen, Mietsteigerungen gerade für die weniger Gutbetuchten folgten.

Aber: Der Wohnungsmarkt wird eben nicht von der EZB verantwortet – sondern von einer verfehlten Politik. Dabei ist gerade der deutsche Staat einer der Nutznießer der Anleihekäufe. Er muss viel niedrigere Zinsen auf seine Schulden zahlen, etwa 40 Milliarden Euro spart er jedes Jahr. Nur so konnten Steuersenkungen überhaupt zum Thema werden. Nur so konnte es dem damaligen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gelingen, die Schwarze Null zu erreichen.

Die Einsparungen würde es zugleich heute auch ermöglichen, den Schwächeren in der Gesellschaft unter die Arme zu greifen. Gegen den Bau von Sozialwohnungen in Deutschland beispielsweise hätte sicherlich auch EZB-Chef Mario Draghi nichts einzuwenden.

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