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Zu fleißig: Deutsche Milchkühe bei der Arbeit. Keiner produziert in der EU mehr Milch als Deutschland.

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EU hilft Milchbauern: 500 Millionen Euro gegen die Milchkrise

Die Milchpreise sind im Keller. Viele Bauern geben auf. Jetzt kommt neue Hilfe aus Brüssel. Die EU will den Milchsee eindämmen.

Der Agrarminister ist zufrieden. „Heute ist ein guter Tag für die europäische und die deutsche Landwirtschaft“, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) am Montag in Brüssel. Dass der Tag aus Sicht des deutschen Ministers ein guter ist, hat zwei Gründe: Erstens gibt es für die gebeutelten deutschen Milchbauern weitere 58 Millionen Euro aus dem EU-Agraretat. Diese sollen aber – und das ist nach Meinung Schmidts die zweite gute Nachricht – an Mengenkürzungen geknüpft sein.

Zu viel Milch auf dem Markt

Denn derzeit ist zu viel Milch auf dem Markt. Vor gut einem Jahr ist die Milchquote, die die Produktion geregelt hatte, ausgelaufen. Seitdem wird in der EU mehr Milch produziert als gebraucht wird. Rund 160 Millionen Liter sind es im Jahr, knapp vier Prozent mehr als zu Zeiten der Milchquote. Der steigenden Produktion steht aber eine sinkende Nachfrage gegenüber. Russland nimmt aus politischen Gründen gar keine europäische Milch mehr ab, Asien kauft aus finanziellen Gründen weniger Milch und Käse. Das drückt auf die Preise.

Früher waren es 40, heute sind es 24 Cent pro Liter

Hatten die Bauern bis 2014 von der Molkerei noch 40 Cent pro Liter erhalten, sind es heute im Schnitt gerade einmal 24 Cent pro Liter. „Die Spanne liegt zwischen 18 und 33 Cent“, weiß Hans Foldenauer vom Bund Deutscher Milchviehhalter. Schon seit Wochen können Verbraucher im Supermarkt für 46 Cent frische Vollmilch kaufen. So viel bräuchten aber eigentlich allein die Landwirte, um nachhaltig profitabel zu arbeiten, gibt Milchbauer Foldenauer zu bedenken, die Spannen des Handels und der Molkereien kämen dann noch obendrauf. Allein um die Kosten für Futter, Strom und den Tierarzt zu decken, müssten die Milchviehhalter mindestens 30 Cent pro Liter erlösen.Doch solche Preise gibt es heute nur noch in Ausnahmefällen und für Bio-Ware. Konsequenz: Immer mehr Milchbauern geben auf. Oft trifft es große Betriebe, die in Zeiten hoher Milchpreise investiert haben und jetzt ihre Kredite nicht zurückzahlen können.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) verhandelt in dieser Woche mit Finanzminister Wolfgang Schäuble.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) verhandelt in dieser Woche mit Finanzminister Wolfgang Schäuble.

© dpa

Bereits im vergangenen September hatte die EU-Kommission ein erstes Hilfspaket für Europas Milchbauern geschnürt. Von den insgesamt 420 Millionen Euro waren damals gut 69 Millionen Euro nach Deutschland geflossen, das Geld ist inzwischen nahezu komplett verteilt. Jetzt soll es weitere 500 Millionen Euro für Europas Bauern geben. Um das Überangebot an Milch in den Griff zu bekommen und damit die Preise zu stabilisieren, will die EU aus dem Topf 150 Millionen Euro an Milcherzeuger zahlen, die ihre Produktion drosseln.

Die übrigen 350 Millionen Euro gehen an die EU-Staaten zur weiteren Verteilung, davon der größte Betrag von knapp 58 Millionen Euro an Deutschland. Jeder Mitgliedstaat kann entscheiden, wie er das Geld verwendet. Er kann etwa kleine Betriebe fördern oder Höfe, die die Produktion zurückfahren. Davon könnten nicht nur Milchbauern profitieren, sondern auch Landwirte, die Schweine oder andere Nutztiere züchten. Die Bundesregierung könnte diesen Betrag zudem mit eigenen Mitteln noch verdoppeln.

100 Millionen Euro "plus x"

Schmidt hatte bereits Ende Mai nach einem Milchgipfel in Berlin für dieses Jahr ein Hilfspaket von 100 Millionen Euro „plus x“ für die deutschen Milchbauern in Aussicht gestellt. Noch in dieser Woche trifft der CSU-Politiker Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), um über die Ausgestaltung des deutschen Pakets zu sprechen. Darin enthalten sind bereits 78 Millionen Euro – Beiträge der Landwirte an die landwirtschaftliche Unfallkasse, die der Staat den Bauern abnimmt. Im Gespräch sind zudem Steuerentlastungen, Freibetragsregelungen zur Schuldentilgung und Bürgschaftsprogramme.
Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) zeigte sich am Montag enttäuscht vom EU–Angebot. „Das liefe bei bundesweit rund 71 000 Betrieben auf gerade einmal 800 Euro pro Milchviehbetrieb hinaus“, rechnete er für Deutschland vor. „So viel verliert ein Milchbauer in Niedersachsen im Durchschnitt zurzeit jede Woche.“ Meyer plädiert für eine zeitweise Deckelung der Produktionsmenge in Europa. Dies lehnt EU-Kommissar Phil Hogan jedoch ab. mit dpa

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