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DGB-Demo zum Equal Pay Day in Berlin.

© dpa/Soeren Stache

Equal Pay Day: Die Lohnlücke klafft unverändert

Frauen verdienen weiterhin weniger als Männer - stellen dies aber oft nicht als ungerecht infrage, wie eine Studie zeigt. Beim Auskunftsrecht fürchten viele offenbar negative Konsequenzen.

Seit Jahren ändert sich nichts daran, dass Frauen weniger Geld verdienen als Männer – und das sogar für die gleiche Arbeit. Im vergangenen Jahr kamen Frauen auf einen durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von 16,59 Euro; Männer auf einen von 21 Euro. Die Lohnlücke liegt unbereinigt bei 21 Prozent und ist im Vergleich zum Vorjahr wieder einmal unverändert geblieben, wie das Statistische Bundesamt anlässlich des „Equal Pay Days“ an diesem Sonntag mitteilte.

Statistiker weisen darauf hin, dass sich drei Viertel des Verdienstunterschiedes auf strukturelle Gründe zurückführen lassen: Viele Berufe, die vornehmlich von Frauen ergriffen werden – wie etwa die Pflege – werden schlecht bezahlt. Frauen sind häufiger teilzeit- oder geringfügig beschäftigt und haben seltener Führungspositionen inne als Männer. Was es nicht besser macht. Vergleicht man nur Vollzeitjobs, kommt man auf eine Differenz von 17 Prozent. Bei vergleichbarer Qualifikation und Tätigkeit sind es sechs Prozent.

Lohntransparenzgesetz: Wenig Nachfragen

Angesichts dessen erscheint es paradox, dass vier von fünf Frauen ihre Bezahlung als fairer empfinden. Dies zeigt eine repräsentative Untersuchung des DIW Berlin. „Frauen haben kein grundsätzlich anderes Gerechtigkeitsempfinden als Männer“, sagt der Soziologe Peter Valet. „Aber ein überwiegend frauendominiertes berufliches Umfeld führt offenbar dazu, dass sie die Gerechtigkeit ihrer Löhne nach anderen Vergleichsmaßstäben bewerten.“

Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass die Höhe des Einkommens für Frauen weniger wichtig sei als für Männer. Valet kommt in seiner Studie außerdem zu dem Ergebnis, dass Frauen, die zufrieden sind, vor allem mit anderen Frauen zusammenarbeiten und sich an ihnen orientieren. In männerdominierten Berufen hingegen würden sie sich mit den männlichen Kollegen vergleichen. „Erst wenn sie das tun, werden sich Frauen des Gender Pay Gap bewusst und empfinden ihren Verdienst als entsprechend ungerechter“, sagt Valet. Er empfiehlt, dass Arbeitgeber ihre Gehälter transparent machen sollten.

Zu diesem Zweck wurde auch das Lohntransparenzgesetz verabschiedet. Seit Anfang Januar haben Beschäftigte hierzulande das Recht zu erfahren, wie Kollegen des anderen Geschlechts bezahlt werden. Vorausgesetzt der Betrieb hat mindestens 200 Angestellte und es gibt für den Vergleich mindestens sechs Kollegen, die einen ähnlichen Job ausüben wie die Antragstellerin. Bislang hat jedoch kaum jemand die Geldfrage gestellt. Die Unternehmen sagen, sie hätten ihre Mitarbeiter ausreichend über die Möglichkeit informiert.

DGB fordert Aufwertung von sozialen Berufen

Eine Umfrage der Beratungsgesellschaft EY kommt zu einem anderen Eindruck: Nur 45 Prozent der Beschäftigten hätten von dem Gesetz gehört. Frauen zeigten sich mit 40 Prozent sogar weniger informiert als die Männer. „Gerade die geringere Kenntnis der weiblichen Angestellten verwundert aufgrund der aktuellen Gleichberechtigungsdebatte, die auch die gerechtere Entlohnung von Frauen thematisiert“, kommentierte der EY-Vergütungsexperte Henning Curti. In der Umfrage hegte immerhin gut jede zweite Frauen den Verdacht, im eigenen Unternehmen schlechter bezahlt zu werden als die männlichen Kollegen. Das neue Auskunftsrecht will dennoch nur jeder achte Umfrageteilnehmer nutzen. Ein Grund ist, dass die Mitarbeiter negative Konsequenzen fürchten.

Frauendominierte Berufe wie die Pflege sollen aufgewertet werden.
Frauendominierte Berufe wie die Pflege sollen aufgewertet werden.

© dpa

Analysen der Internetportale Gehalt.de und StepStone zeigen: Die Lohnlücke wird umso größer, je besser vergütet eine Branche und je höher die Hierarchiestufe ist. Besonders unfair bezahlt wird demnach in Finanzberufen, im Vertrieb und Marketing. Im unteren Management beträgt der Unterschied 21 Prozent – auf der Geschäftsführungsebene 42 Prozent.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund forderte die neue Bundesregierung auf, schnellstens umsetzen, was im Koalitionsvertrag steht. Gemeint sind das geplante Rückkehrrecht aus Teil- in Vollzeit sowie bessere Arbeitsbedingungen und mehr Gehalt in der Kranken- und Altenpflege. Generell müssten frauendominierte Berufe besser bezahlt werden. Die SPD versprach, sich für den Abbau der strukturellen Ungleichgewichte auf dem Arbeitsmarkt „konsequent“ einzusetzen.

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