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Verspätet: Ab drei Stunden können Kunden eine Entschädigung verlangen, es sei denn, die Verspätung liegt an höherer Gewalt.

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Exklusiv

Entschädigung erst ab fünf Stunden?: EU-Pläne könnten deutsche Flugpassagiere Millionen Euro kosten

Bisher müssen Airlines für Verspätungen ab drei Stunden zahlen. Das könnte sich ändern. Was das für die Reisenden bedeuten würde.

Pläne der EU-Kommission, die Haftung der Airlines für Verspätungen zu lockern, könnte deutsche Reisende Millionen Euro kosten. Nach einer Berechnung des Internetportals Flightright für den Tagesspiegel könnte die geplante Reform die Ansprüche der Kunden auf ein Drittel reduzieren.

Derzeit müssen Fluggesellschaften Ausgleichszahlungen zwischen 250 und 600 Euro leisten, wenn ihre Maschinen mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr am Ziel eintreffen. Die EU-Kommission will diese Grenze auf fünf Stunden heraufsetzen. An diesem Donnerstag findet dazu eine Expertenanhörung im Bundesverkehrsministerium statt.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) steht unter Druck: Das Coronavirus hat dazu geführt, dass viele Menschen nicht mehr fliegen. Die Lufthansa streicht bis zu 50 Prozent ihrer Kapazitäten.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) steht unter Druck: Das Coronavirus hat dazu geführt, dass viele Menschen nicht mehr fliegen. Die Lufthansa streicht bis zu 50 Prozent ihrer Kapazitäten.

© imago images/Metodi Popow

Nach Berechnungen von Flightright gab es im vergangenen Jahr rund 2500 Flüge ab deutschen Flughäfen, die drei Stunden oder mehr verspätet waren. Das geschätzte Entschädigungsvolumen lag bei rund 100 Millionen Euro. Die Summe würde sich halbieren, wenn man die Verspätungsgrenze auf vier Stunden anhebt. Dann wären nämlich nur noch 1300 Flüge betroffen gewesen. Bei fünf Stunden wären es sogar nur noch 900 Abflüge, die potenziellen Entschädigungen würden auf 36 Millionen Euro und damit auf rund ein Drittel sinken.

Dabei nimmt die Zahl der Verbraucher, die sich gegen Airlines wehren, zu. Mehr als 21.700 Beschwerden gingen 2019 allein bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr ein. Verglichen mit 2017 ist das ein Anstieg um 67 Prozent. Verbraucherschützer sind daher gegen die geplante Änderung. „Wenn die Fluggastrechte gekippt werden, sinkt die Motivation der Airlines, ein zuverlässiges und pünktliches System anzubieten“, sagte Marion Jungbluth, Mobilitäts- und Reiseexpertin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV), dem Tagesspiegel.

Luftverkehrsbranche hält Reform für richtig

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) hält eine Anhebung der Verspätungsgrenze dagegen für nötig. Die Auslegung der heutigen Verspätungsregelung sei kontraproduktiv, sagte Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow, der Zeitung. Beispielsweise bei Problemen am Flugzeug könnten die Airlines nicht innerhalb von drei Stunden eine Fehleranalyse erstellen, ein Ersatzflugzeug beschaffen und die Passagiere mit einer neuen Maschine und vielleicht auch einer frischen Crew ans Ziel bringen. Sobald man aber über die drei Stunden komme und ohnehin Kompensation zahlen müsse, hätten die Airlines wenig Anreiz, zusätzlich eine teure Ersatzmaschine zu organisieren. Passagiere müssten dann gegebenenfalls lange Verspätungen einplanen.

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