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Mit vereinten Kräften. Im vergangenen Winter mussten die Netzbetreiber 197 Mal eingreifen, um die Versorgung zu sichern.

© dapd

Energiewende: Das Netz wackelt

Eine Studie von McKinsey besagt, dass es ohne Einsparungen keine erfolgreiche Energiewende geben wird. Und: dass die Strompreise steigen werden.

Die Energiewende ist eine komplizierte Sache. Ein Teil des Problems liegt darin, den künftigen Energiebedarf bereits heute einigermaßen genau vorauszusagen, denn neue Erzeugungs- und Verteilungskapazitäten lassen sich nur langfristig errichten. Die Unternehmensberatung McKinsey hat nun eine neue Studie vorgelegt, in der sie untersucht, wie die Situation im Jahr 2020 aussehen könnte. Zum einen gehen die Berater davon aus, dass der Ausstoß der Treibhausgase im Vergleich zu 1990 um 31 Prozent sinken wird. Damit werde aber das Klimaziel der Bundesregierung – eine Reduzierung um 40 Prozent – verfehlt.

Mehr noch: Die Stromnachfrage werde nicht wie von der Bundesregierung erwartet deutlich sinken, sondern sogar steigen. Ohne erhebliche Anstrengungen würde daher nicht einmal eine Reduzierung von 31 Prozent erreicht, meint McKinsey. Vor allem die Steigerung der Energieeffizienz in Industrie und Gebäuden sowie der Ausbau der Windenergie müssten forciert werden.

Für ihre Studie haben die Autoren die heute absehbaren Rahmendaten zugrunde gelegt sowie die Annahme, dass das jährliche Wirtschaftswachstum bei 1,6 Prozent liegen werde. Andere Studien gingen von deutlich niedrigeren Wachstumsraten aus, räumte McKinsey-Partnerin und Co-Autorin Anja Hartmann ein.

Zum zweiten gehen die Experten davon aus, dass die Energiewende für Haushalte, Gewerbe, Handel und Industrie teuer wird: Der Strompreis werde um durchschnittlich gut zehn Prozent steigen. „Privathaushalte werden 2020 rund 29 Cent pro Kilowattstunde zahlen müssen, 3,2 Cent mehr als heute“, schreiben die Experten. Und schließlich prognostizieren sie, dass die Versorgungssicherheit sinken wird. „Mit der aktuellen Ausgestaltung der Energiewende erreicht Deutschland die Grenzen dessen, was das Energiesystem verkraften kann“, schreiben die Autoren der Studie. „Die Stabilität des Stromnetzes ist gefährdet – das Risiko von Stromausfällen steigt.“

In dieses Bild passt der jüngste Bericht der Bundesnetzagentur: Die Netzbetreiber hätten im vergangenen Winter deutlich häufiger ins Netz eingegriffen als im Winter zuvor, erklärte Behördenpräsident Jochen Homann am Sitz der Behörde in Bonn. In 197 Fällen habe die Einspeisung von Energie aus alternativer Erzeugung (vor allem Wind) zwangsweise reduziert werden müssen. Regionaler Schwerpunkt sei dabei Schleswig-Holstein gewesen. Im Jahr zuvor habe sich die Zahl der Eingriffe auf nur 39 belaufen. 2011/2012 hätten auch zeitweise Reservekraftwerke in Deutschland und Österreich angefahren werden müssen, weil nicht ausreichend Strom zur Verfügung stand. Im Winter sei nicht nur eine „sehr hohe Auslastung von Leitungstrassen“ zu verzeichnen gewesen, erklärte Homann. Auch habe sich gezeigt, dass der Stromverbrauch nicht richtig eingeschätzt worden sei.

Mit einem Reformpaket will Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) die Umsetzung der Energiewende und den Netzausbau beschleunigen. Das geht aus einem Diskussionspapier des Ministeriums hervor. Um das Risiko für die Netzanbindung von Windparks auf See zu begrenzen, soll eine Haftungshöchstgrenze eingeführt werden. Zudem könnten Energieerzeuger, neben konventionellen Kraftwerken auch Besitzer von Windanlagen und Solarparks, verstärkt an den Netzkosten beteiligt werden, um die Bürger bei den Stromkosten zu entlasten. Die Bundesregierung plant bis Ende des Jahres ein Gesetz für den bundesweiten Ausbau der Stromnetze, damit diese Schritt halten können mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Aktuell sind erst 200 von schätzungsweise 4300 der bis 2020 benötigten Kilometer Hochspannungsnetze gebaut worden. Um die Netzwerkstabilität kurzfristig zu erhalten, rät die Netzagentur zum Erhalt bestehender Kraftwerke.

Die Berater von McKinsey empfehlen für den Erfolg der Energiewende vor allem, auf Maßnahmen zu setzen, mit denen sich die Treibhausgase zu möglichst niedrigen Kosten vermeiden lassen. Dazu zählen sie unter anderem die Steigerung der Energieeffizienz und den Ausbau der Windenergie an Land und auf dem Meer. (mit dpa)

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