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Stromnetze

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Energie: Neuer Stromverbund soll Konzerne entlasten

Mit einem neu gegründeten westeuropäischen Stromverbund wollen sich die Stromkonzerne vom Druck der Öffentlichkeit und der EU befreien. Eine Entflechtung, so die Hoffnung von RWE, Eon und Co, sei damit vom Tisch.

Ein neuer Stromverbund soll die Energieversorgung in Westeuropa sicherer machen und zu sinkenden Preisen führen. Deutschland, Frankreich, die Benelux-Staaten und EU-Energiekommissar Andris Piebalgs unterzeichneten am Mittwoch in Luxemburg eine entsprechende Vereinbarung. Auch Vertreter der großen Energiekonzerne sowie der Netzagenturen und Strombörsen nahmen an der Zeremonie am Rande des Treffens der EU-Energieminister teil. Der Vorstandsvorsitzende des Essener Energiekonzerns RWE, Harry Roels, lobte die Vereinbarung als "Punktlandung": "Sie packt im Gegensatz zur eigentumsrechtlichen Entflechtung das Problem an der Wurzel."

Der Bund der Energieverbraucher begrüßte die geplante Vernetzung der Strommärkte, die zu einer Senkung der Strompreise führen könnte. Das Netz müsse aber darüber hinaus noch erweitert werden, um insbesondere die Einspeisung von Strom aus regenerativen Energiequellen und aus entfernten Regionen zu ermöglichen, sagte der Vorsitzende Aribert Peters im "Deutschlandradio".

Diskriminierung neuer Anbieter

Die Energiekonzerne hoffen, mit dem Verbund dem umstrittenen Vorhaben der EU-Kommission zu entgehen, die Unternehmen in Stromproduzenten und Netzbetreiber zu trennen. Brüssel kritisiert, dass wegen der integrierten Konzerne neue Anbieter beim Netzzugang diskriminiert würden. Bei den Gesprächen im Ministerrat habe sich aber eine Mehrheit der Delegationen gegen die eigentumsrechtliche Zerschlagung ausgesprochen, sagte Piebalgs. Dies werde er berücksichtigen müssen. "Das ist eine unangenehme Situation für mich." Bundeswirtschaftsminister und EU-Ratspräsident Michael Glos (CSU) sagte, er sei gespannt, welche konkreten Vorschläge die Kommission im Herbst vorlegen werde.

Deutschland ist unter anderm wegen des im Grundgesetz verankerten Schutzes des Eigentums gegen die Zerschlagung. Frankreich fürchtet um Macht in seinen staatlichen Konzernen Électricité de France (EDF) und Gaz de France (GDF). So habe der neue Ressortchef Alain Juppé bei der Aussprache gesagt, eine Zerschlagung sei "kein Allheilmittel für niedrigere Preise", berichteten Diplomaten.

Mehr Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit

Der neue Stromverbund zwischen Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden ist nach Ansicht Piebalgs ein Fortschritt auf dem Weg zu einem europäischen Energiebinnenmarkt mit mehr Wettbewerb und niedrigeren Preisen. Das System werde helfen, mit Herausforderungen wie der Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit umzugehen. Im November 2006 waren nach der Abschaltung einer Hochspannungsleitung von Eon über die Ems bei Millionen Menschen in Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Italien und Spanien die Lichter ausgegangen.

Stichtag für das neue System mit gemeinsamem Auktionsbüro und harmonisierten Handelsregeln ist der 1. Januar 2009. Die Unterzeichner erhoffen sich auch Anreize für den Ausbau von Leitungen und Kuppelstellen an den Grenzen. "Wir wollen unsere Märkte koppeln, so dass ein gemeinsamer Strommarkt entsteht", sagte Wirtschaftsstaatssekretär Joachim Wuermeling. Bisher gebe es den Stromaustausch vor allem bei Engpässen. "Das ist aber nur eine Art Nothilfe und kein echter Markt."

Zudem müsse bislang bei einem Zukauf etwa aus Frankreich die entsprechende Netzkapazität erstanden werden. Das sei künftig nicht mehr nötig. Eine eigentumsrechtliche Entflechtung schloss Wuermeling nicht aus. "Das ist aber allenfalls die "Ultima Ratio"", sagte er. "Wir setzen weiter auf funktionierende Regulierung beim Netzzugang." (mit dpa)

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