zum Hauptinhalt
Vom chinesischen Zhejiang aus in die Welt. Die Forschungszentrale von CATL, des erst sieben Jahre alten Batteriezellenherstellers, der nach Deutschland kommt.

© REUTERS

Elektromobilität: Chinesen bauen Batteriezellen in Erfurt

CATL entscheidet sich für Milliardenprojekt in Thüringen. Und Angela Merkel bemüht sich unverdrossen um eine Zellfabrik in deutscher Hand.

Die Chinesen machen es den Deutschen vor: Der Batteriezellenkonzern CATL baut in Erfurt eine Fabrik. „China hat einen Vertragsabschluss anlässlich der deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen Anfang Juli angemeldet“, heißt es in Berliner Regierungskreisen. Am 9. und 10. Juli finden diese Konsultationen statt; dann enden die Spekulationen über die Pläne des chinesischen Konzerns, der als einer der großen Zellhersteller das Geschehen in der elektromobilen Welt des kommenden Jahrzehnts prägen will.

Die Regierung plant eine Forschungsfabrik

Die Bundesregierung hatte alles mögliche unternommen, um das CATL-Management von einer Fabrik in Deutschland zu überzeugen, Anfang Mai wurde der CATL-Chef von Kanzleramtsminister Helge Braun in Berlin empfangen. Die Chinesen bekommen die üblichen Fördermittel und den Zugang zu deutscher Forschungsinfrastruktur. Die Bundesregierung plant für eine halbe Milliarde Euro den Aufbau einer Forschungsfabrik für Batteriezellen. An diesem Punkt gibt es Bedenken, weil mit Hilfe deutscher Steuergelder ein Technologietransfers zu einem chinesischen Unternehmen stattfinden könnte. Am Freitag wurde diese Problematik von einer Handvoll kleiner deutscher Zellhersteller erörtert.

„Mit einem weinenden und einem lachenden Auge“, berichtete ein Teilnehmer, sehe man das CATL-Investment in Thüringen. Fakt ist: Die deutsche Industrie bekommt trotz vieler Bemühungen bislang keine Zellfertigung auf die Beine gestellt. Sehr zum Verdruss der Regierung inklusive Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Kann es gutgehen, wenn wir als ein Kontinent, der Autos herstellt, die Batteriezellen aus Asien kaufen?“, hatte Merkel vor zwei Wochen rhetorisch gefragt. Und vor zwei Tagen erst sagte sie bei einer Veranstaltung in Berlin, es gebe die Einstellung, dass Europa keine Batteriezellen-Produktion brauche, weil Asien in diesem Bereich nicht mehr einzuholen sei. „Ich weiß nicht, ob das eine richtige Einstellung ist. Ich bin der Meinung, wir sollten strategische Fähigkeiten auch weiter bei uns behalten.“

Die Zelle ist der Kern der Batterie

Im Elektroauto ist die Batterie mit einem Anteil von gut einem Drittel an der Wertschöpfung das wichtigste Modul, und im Kern der Batterie steht wiederum die Batteriezelle. Mercedes und BMW, VW und Audi kaufen die Zellen von ein paar Herstellern aus Asien und haben mehrfach erklärt, nicht selbst in eine Zellfertigung einsteigen zu wollen. Auch die weltweit größten Autozulieferer, Bosch und Continental, wollen keine Zellfertigung (Bosch) oder haben sich noch nicht entschieden (Conti). Ein Konsortium von rund 20 deutschen Maschinen- und Anlagenbauern, Zellverarbeitern und Chemiefirmen hat sich vor anderthalb Jahren unter dem Namen Terra E zusammengefunden, um eine Zellfabrik zu bauen. Mit rund vier Milliarden Euro soll bis 2028 eine Kapazität von 34 Gigawattstunden aufgebaut werden, das würde für 650 000 Elektroautos reichen. Allein: Terra E tritt auf der Stelle, keiner will Geld in die Hand nehmen.

BMW hat einen Milliardenauftrag erteilt

Und so wird die erste große Zellfertigung für Elektroautos hierzulande von Chinesen aufgebaut. CATL (Contemporary Amperex Technology) hat bereits Lieferverträge mit den deutschen Herstellern geschlossen und ist jetzt mit BMW noch mal größer ins Geschäft gekommen. „Wir haben gerade einen Milliardenauftrag an CATL vergeben“, sagte BMW-Chef Harald Krüger dem „Handelsblatt“. Von der neuen CATL-Fabrik in Erfurt können die Zellen in das bayerische BMW-Werk Dingolfing geliefert werden, in dem BMW im nächsten Jahrzehnt das Elektroauto „iNext“ montieren will.

CATL, erst vor sieben Jahren gegründet, ist bereits Marktführer in China. Mit den südkoreanischen Konzernen LG Chem und Samsung sowie der japanischen Panasonic bildet CATL ein Oligopol mit entsprechender Marktmacht. Der Neuling CATL legt derzeit das größte Tempo vor und hat sich für seine Expansion gerade erst mit Liquidität versorgt. Vor gut zwei Wochen ging CATL an die Börse – und die neue Aktie schoss in Shenzen am ersten Handelstag um 44 Prozent nach oben. Anleger sehen offenkundig großes Potenzial in dem Zellenhersteller und dem Batteriemarkt.

Elon Musk will zehn Fabriken bauen

Allein der VW- Konzern mit seinen vielen Marken braucht 2025 die Kapazität von vier großen Zellfabriken für die bis dahin avisierten drei Millionen Elektrofahrzeuge. Vielleicht stammen die Zellen dann von Elon Musk, denn der Tesla-Chef will weltweit mindestens zehn Gigafactories bauen. Eine Anlage sei „vielleicht sinnvoll an der deutsch-französischen Grenze“, meinte Musk dieser Tage. Vielleicht bauen die Deutschen aber doch noch etwas Eigenes auf. „Ich persönlich stehe im Augenblick sehr intensiv mit der Automobilindustrie in Gesprächen“, hat Bundeskanzlerin Merkel diese Woche gesagt. In zehn Tagen wird sie erst mal CATL in Thüringen begrüßen.

Zur Startseite