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Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier wird vom Beirat Junge Digitale Wirtschaft beraten.

© dpa/Wolfgang Kumm

Eklat um Berater des Bundeswirtschaftsministeriums: Start-up-Unternehmer regen die „Disziplinierung der Presse“ an

Auf der Seite des BWMI befand sich ein Papier, dass sich gegen kritische Berichterstattung durch Journalisten ausspricht. Peter Altmaier distanziert sich davon.

Ein Positionspapier deutscher Start-up-Unternehmer, die das Bundeswirtschaftsministerium beraten, hat die „Disziplinierung der Presse“ empfohlen und damit Empörung ausgelöst. Journalistenvertreter reagierten mit harscher Kritik. Das Papier war ohne Wissen des Hausherren Peter Altmaier (CDU) längere Zeit auf der Webseite des Ministeriums veröffentlicht, nun wurde es gelöscht.

Die Autoren vom Beirat Junge Digitale Wirtschaft beraten Altmaier gewöhnlich „aus erster Hand zu aktuellen Fragen der digitalen Transformation“, wie auf der Webseite zu lesen steht. Das „Handelsblatt“ hatte das Papier von Mitte April 2021 am Montagabend veröffentlicht. Altmaier distanzierte sich umgehend. Der Deutsche Journalisten-Verband sprach von „völlig absurden Forderungen“.

Das Papier, das jetzt nicht mehr online steht, beklagt die niedrige Zahl der Börsengänge im Vorjahr. In dem Kontext wird auch ein „Bashing“, also ein abwertendes Verhalten, angeprangert, das sich unter Finanzredakteuren bei Berichten über Börsengänge verbreitet habe.

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Eine der „Empfehlungen“ dazu lautet „die Disziplinierung der Presse zu sachlicher, richtiger und vollständiger Information, bewehrt durch Pflicht zur unverzüglichen Gegendarstellung bei Fehlinformation“ sowie einen „Erlass von Regeln zur Vermeidung einseitig diffamierender Artikel“. Des Weiteren soll die Presse verpflichtet werden, auch über kleinere Börsengänge zu berichten. Unterzeichnet haben drei Vertreter der digitalen Gründerszene.

Der Vorsitzende des Beirats, Christian Vollmann, selbst keiner der Autoren des Papiers, äußerte sich beim Netzwerk LinkedIn: „Leider kein Aprilscherz, sondern „nur“ ärgerlicher Fehler unsererseits. Wir haben eine vorläufige Arbeitsversion des Papiers veröffentlicht, anstatt der finalen.“ Weiter: „Natürlich ist dies nicht die Position des Beirats. Wir bekennen uns vollumfänglich zur Pressefreiheit.“

Altmaier sagte am Dienstag, die betreffende Passage des Papiers sei „mit dem Grundrecht auf Pressefreiheit nicht vereinbar“. Der Minister betonte: „Das missbillige ich ausdrücklich, und sowas hat auf der Homepage des BWMI nichts zu suchen. Ich habe deshalb gestern Abend, als ich von dem Vorgang erfahren habe, angeordnet, dass dieser Beitrag umgehend von der Homepage des BWMI entfernt werden soll.“ Er habe seine Mitarbeiter um Aufklärung gebeten.

Ein DJV-Sprecher sagte in Berlin der Deutschen Presse-Agentur: „Dieses Papier zeigt, dass der Beirat offenbar überhaupt keine Kenntnisse über das Grundrecht der Pressefreiheit hat - und das ist das eigentlich Erschreckende.“

Die Journalistengewerkschaft dju stellte heraus, es sei „eine elementare Aufgabe von Journalistinnen und Journalisten, die Wirtschafts- und Finanzbranche kritisch unter die Lupe zu nehmen, um Misswirtschaft und Verfehlungen aufdecken zu können“.

dju-Bundesgeschäftsführerin Monique Hofmann sagte der dpa: „Wer das negiert, hat offenbar nicht verstanden, welche Bedeutung die Pressefreiheit und die Medien für eine funktionierende Demokratie haben. Dass ein Beratungsgremium eines Bundesministers Medien praktisch unter staatliche Kontrolle stellen will, gibt sehr zu denken.“ (dpa)

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